Veröffentlicht am 15.05.2020 13:53

Lernen zuhause: 6.000 Münchner Schüler sind „abgehängt”


Johannes Beetz
Johannes Beetz
Chefredakteur
seit 1999 bei der Gruppe der Münchner Wochenanzeiger
Mitarbeit im Arbeitskreis Redaktion des Bundesverbands kostenloser Wochenzeitungen (BVDA)
Gewinner des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises 2017 (Stiftung Lesen)
Münchens Schulreferentin Beatrix Zurek: Wir lassen niemanden zurück. (Foto: Susie Knoll)
Münchens Schulreferentin Beatrix Zurek: Wir lassen niemanden zurück. (Foto: Susie Knoll)
Münchens Schulreferentin Beatrix Zurek: Wir lassen niemanden zurück. (Foto: Susie Knoll)
Münchens Schulreferentin Beatrix Zurek: Wir lassen niemanden zurück. (Foto: Susie Knoll)
Münchens Schulreferentin Beatrix Zurek: Wir lassen niemanden zurück. (Foto: Susie Knoll)

Die Corona-Pandemie stellt das Bildungssystem vor neue Herausforderungen, doch besonders betroffen sind die sozial benachteiligten Schüler. Laut Einschätzung von Experten verschärft sich die soziale Ungleichheit in der derzeitigen Krisensituation. Darauf haben die Münchner Wochenanzeiger in den vergangenen Wochen mehrfach hingewiesen und viele Vertreter der Schulfamilie zu Wort kommen lassen.

München lässt niemanden zurück

„Der Landeshauptstadt München ist es ein großes Anliegen, niemanden zurückzulassen und auch in Zeiten von Corona auf Chancengleichheit in der Bildung zu setzen”, erklärt dazu das städt. Referat für Bildung und Sport. Das von Beatrix Zurek geführte „Stadtministerium” hat kürzlich eine Abfrage bei den Schulen darüber getätigt, welche Schüler aufgrund fehlender technischer Ausstattung derzeit vom digitalen Fernunterricht abgehängt sind. Die Einschätzungen der Schulleitungen zeigen, dass in München derzeit zirka 6.000 Schüler betroffen sind.

Anders als die Stadt agierte der Staat: Das bayerische Kultusministerium hatte bei Hinweisen auf das Lern-Problem vor kurzem noch abgewunken: „Wir gehen davon aus, dass die übergroße Mehrheit der Schüler bzw. ihrer Erziehungsberechtigten über entsprechende Endgeräte verfügt”, ließ Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) mitteilen.

2.000 Leih-Geräte sind schon beschafft

In München versucht man indes, diese Lücke zu schließen: Das städt. Referat für Bildung und Sport hat ein Tochterunternehmen der Stadtwerke (LHM-S) mit der vorgezogenen Beschaffung von schulischen Mobilgeräten beauftragt. Diese sollen dann an Schüler verliehen werden. Die LHM-S ist seit Sommer 2018 für die IT der Schulen verantwortlich, bei denen die Landeshauptstadt Sachaufwandsträger ist.

Die Landeshauptstadt München ist Sachaufwandsträger von rund 350 öffentlichen Schulen. Das bedeutet, dass die Stadt alle Kosten (außer Personalkosten) für sie übernimmt - u.a. auch für die unter staatlicher Regie stehenden 134 Grundschulen und 44 Mittelschulen in München.

Trotz Lieferengpässen konnte die LHM-S bereits 2.000 Tablets beschaffen, weitere 4.000 Geräte werden in den kommenden Wochen eintreffen. In mehreren Tranchen werden die Schüler mit Tablets ausgestattet. Die Geräte sind für Schüler vorgesehen, die aufgrund geringer Familieneinkommen über keine IT-Ausstattung verfügen und zudem nicht in der Lage sind, sich diese kurzfristig zu beschaffen. Sie werden den Kindern und Jugendlichen ausgeliehen und nach dem Ende der Corona-Krise im „normalen“ Schulalltag zum Einsatz kommen.

Dieser soll künftig sehr viel stärker digital geprägt sein als bisher. Die technischen Neu-Anschaffungen sind somit Teil einer nachhaltigen Digitalstrategie des Referats für Bildung und Sport, die Corona-Pandemie wirkt nun als Beschleuniger dieses Vorhabens.

Zuschüsse für Familien möglich

Parallel gilt es zu prüfen, wo bestehende Hilfen für den Kauf eines eigenen mobilen Endgeräts in Anspruch genommen werden können. So bezuschusst das Sozialreferat Kinder und Jugendliche im Leistungsbezug nach dem SGB II vom Jobcenter beziehungsweise nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vom Amt für Wohnen und Migration im Alter von sieben bis inklusive 15 Jahren den Kauf eines Laptops, Tablets oder PCs mit 250 Euro.

Für Kinder und Jugendliche, die Leistungen nach dem SGB XII vom Sozialbürgerhaus/Soziales erhalten, wird der Bedarf im Rahmen der Leistungen zum Lebensunterhalt abgedeckt. Auch der Bund stellte kürzlich einen Zuschuss von 150 Euro für den Erwerb von Notebooks oder Tablets für Schülerinnen und Schüler aus Familien mit geringem Einkommen in Aussicht. Genauere Informationen zur Antragstellung liegen jedoch noch nicht vor.

90.000 neue Accounts für Schulen angelegt

Das Referat für Bildung und Sport hatte bereits unmittelbar nach den Schulschließungen die LHM-S beauftragt, die Voraussetzung für virtuelles Lernen zu schaffen. Inzwischen steht rund 160 Schulen „Teams for Education” zur Verfügung. 90.000 Accounts für Schüler sowie Lehrer sind bereits angelegt.

Mit den nun in die Verteilung kommenden Tablets erhalten auch diejenigen Zugang zu dieser virtuellen Lernplattform, die bislang mangels eigener Geräte ausgeschlossen waren.

north