Die Helfer der Aubinger Nachbarschaftshilfe sind gleich mehrfach von diesen betroffen. Mit der Corona-Pandemie haben sich zum einen die Arbeitsabläufe erheblich verändert, erzählt Einsatzleiterin Ruth Reber. Zum anderen erleben die Helfer, wie sich die Situation der Menschen, mit denen sie zu tun haben, verändert. Für diese Menschen ist die Nachbarschaftshilfe weiter da und organisiert zum Beispiel Einkaufshilfen, wenn sich kein Nachbar oder kein Angehöriger findet, oder ncht verschiebbare Fahrten zum Arzt (Tel.089 / 86369593 Mo-Fr 8.30-12 und 14-16 Uhr). Hier erzählen Helfer der Nachbarschaftshilfe, wie sie die Corona-Zeit erleben.
Die Aubinger Nachbarschaftshilfe wurde als gemeinnütziger Verein 2012 gegründet. Träger sind der Pfarrverband Neuaubing-Westkreuz mit den katholischen Pfarreien St. Konrad, St. Lukas und St. Markus, der Pfarrverband St. Quirin-Aubing und St. Michael-Lochhausen sowie die evangelisch-lutherische Adventskirche München-Neuaubing mit dem Gemeindezentrum Bartimäus München-Lochhausen.
Kerstin Höhn:
Ehrenamtlich tätig zu sein war für mich schon immer wichtig. Die Möglichkeit, anderen Menschen etwas zurückzugeben, bereitet mir viel Freude. Gerade jetzt kann es gefährdete Menschen schützen. Seit Juli 2019 bin ich in der Aubinger Nachbarschaftshilfe aktiv und unterstütze ein älteres Ehepaar beim Einkauf und weiteren Angelegenheiten. Durch die Corona-Krise hat sich die Situation geändert. Die direkte Hilfe vor Ort mussten wir aus Sicherheitsgründen aussetzen und den Einkauf erledige ich alleine – mit weiteren Sicherheitsvorkehrungen, wie z. B. bei der Übergabe.
Wie auch viele andere hoffe ich, dass sich die Situation wieder bessert, um den älteren Menschen auch wieder Lebensqualität zurückzugeben. Für sie ist das Einkaufen ein besonderes Erlebnis und eine Freude, z. B. zwischen all den Lebensmitteln das auszusuchen, das einem am Besten gefällt.
Hans-Joachim Reichle:
Seit einigen Jahren bin ich im Rahmen der Aubinger Nachbarschaftshilfe e.V. überwiegend für ältere und zum Teil kurz oder langfristig eingeschränkte Damen und Herren in unterschiedlicher Funktion unterwegs. Meine Hilfe kommt vorwiegend alleinstehenden Personen zugute und reicht vom Einkauf des täglichen Bedarfs über den Besuch beim Arzt oder einer Physiotherapie bis hin zur Unterstützung beim Besuch einer Bank. Es geht aber bei unserer Hilfe nicht nur ums bloße Erledigen, sondern auch um das persönliche Gespräch, das ich für einen wichtigen Beitrag meinerseits erachte. Viele aus dem Kreis derer, die Hilfe benötigen, haben zu wenig Möglichkeit, mit jemandem persönlich zu sprechen, der zuhören kann. Man versteht sich, da die meisten aus der gleichen Generation kommen.
Unser Einsatz wurde nun jäh durch das Coronavirus gestoppt, da der Großteil der Mitarbeiter zu dem am meisten gefährdeten Personenkreis gehört. Mir bleibt nur die Hoffnung, dass die „Zwangspause“ für uns Ältere durch geeignete Maßnahmen eine möglichst kurze sein wird, damit die telefonischen Kontakte wieder durch die persönliche Begegnung abgelöst werden.#
Elke Gumpert:
Seit knapp drei Jahren bin ich nun in der Aubinger Nachbarschaftshilfe aktiv und habe mich hier um einen Buben aus der Gotzmann-Schule gekümmert. Er war damals noch in der ersten Klasse und jetzt ist er schon in der Vierten. Jeden Mittwoch habe ich mich auf ihn gefreut. Ich habe ihn mit dem Fahrrad an der Schule abgeholt und bei uns zu Hause haben wir uns dann gemeinsam seine diversen Hausaufgaben vorgenommen. Zum Abschluss haben wir meistens verschiedene Spiele gemacht (gerne „Mensch ärgere dich nicht” oder „Mau Mau” oder Fußball im Garten), mal sind wir auch ins Freibad gefahren zum Schwimmen.
Und dann kam heuer schon vor den Osterferien das Aus und wir können bzw, dürfen leider nicht mehr zusammenkommen und seine Grundschulzeit miteinander zu Ende bringen. Das finde ich sehr traurig. Ich wünsche ihm sehr einen guten Abschluss und weiter alles alles Gute. Sicher werden wir uns hier in Aubing wieder mal begegnen ...
Lorenz Hiemer:
Aufgrund der Coronakrise fallen meine Vorlesungen im Moment aus, weshalb ich viel Freizeit habe, welche ich sinnvoll nutzen möchte. Da viele Helferinnen und Helfer der Nachbarschaftshilfe selbst in die Risikogruppen fallen, wurden wir von Monika Götz gefragt, ob wir jungen Leute nicht aushelfen könnten. Dabei geht es darum, für die Betroffenen einmal die Woche einkaufen zu gehen. Mittwochs kontaktiert mich die eigentliche Helferin und teilt mir die Einkaufsliste mit. Donnerstagnachmittag gehe ich dann zum Einkaufen und fahre das dem Betroffenen direkt vorbei. Wir achten dabei immer, möglichst großen Abstand zueinander einzuhalten und uns vor allem nicht zu berühren. Das Einkaufen dauert in der Regel nicht länger als eine Stunde und ist dadurch kein großer und zeitintensiver Aufwand, hilft den Menschen jedoch sehr.
Wolfgang Kück:
Sie fehlen mir schon, die Fahrten mit den Seniorinnen und Senioren zum Mittagstisch im ASZ am Aubinger Wasserturm. Beim Abholen und auf der Heimfahrt erfahre ich viel Interessantes über unseren Stadtteil, in dem ich erst seit 10 Jahren lebe. Und sie erzählen gerne Dinge aus ihrem Leben und Erleben. Das sind Höhepunkte in meiner Woche, die mir die perfekte Organisation der Aubinger Nachbarschaftshilfe verschafft.
Jetzt denke ich in Corona-Zeiten viel darüber nach, wie es „meinen“ Seniorinnen und Senioren wohl geht. Da wir alle der Hochrisikogruppe angehören, verbietet sich ein Besuch – telefonieren ist aber möglich. Kontakthalten scheint mir nämlich in diesen Wochen in der Tat für uns alle das Wichtigste zu sein – je spontaner, desto besser. Ich freue mich schon heute auf den (nahen oder fernen) Tag, an dem ich wieder Einsätze fahren kann.
Ruth Reber, Einsatzleiterin:
Mit der Corona-Pandemie haben sich die Arbeitsabläufe der Aubinger NBH erheblich verändert – die Hilfsangebote konnten aber größtenteils beibehalten werden.
Da der größte Teil der Mitarbeiter selbst einer Risikogruppe angehört, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Dank vieler Jugendlicher aus den Pfarreien, junger Erwachsener und in Kooperation mit dem BRK Aubing, dem Burschen- und Madlverein können wir viele unserer Klienten weiterhin mit Einkäufen und Fahrdiensten versorgen. Lediglich der Besuchsdienst musste auf telefonische Kontakte reduziert werden. Die Bereitschaft zu helfen war einfach überwältigend. Vielen Dank an alle hierfür.
Wir alle hoffen, dass unser „Notprogramm“ bald nicht mehr nötig ist und wieder Normalität eintritt. Mit Disziplin im Umgang wird das möglich sein.
Jana Schmid, Ingenieurin bei der MTU Aero Engines:
Ich habe das Glück, Teil einer großen Familie zu sein, die nah um mich ist. Daher ist es für uns selbstverständlich, uns umeinander zu kümmern und füreinander da zu sein. Als feststand, dass ich ein paar Wochen nicht in die Arbeit gehen kann, war für mich klar, dass ich die Zeit nutzen möchte, um anderen zu helfen, die dringend Unterstützung benötigen. Da ich seit meiner Jugend in der Pfarrjugend St. Quirin engagiert bin und dadurch schon öfter für die Nachbarschaftshilfe tätig war, habe ich mich angemeldet. Die Anmeldung war unkompliziert und es hat nicht lange gedauert, bis ich Kontaktdaten und eine kurze Einweisung über den Ablauf erhalten habe. Seit vier Wochen gehe ich nun einmal die Woche für ein älteres Ehepaar einkaufen. Wir vereinbaren telefonisch, was ich alles besorgen soll und ich lege die Einkäufe in einen Korb vor ihre Haustür. Im Anschluss wird immer noch kurz übers Fenster geratscht. Die Dankbarkeit, die mir vom Ehepaar entgegengebracht wird, zeigt mir, wie sehr sie auf fremde Hilfe angewiesen sind und wie wichtig es ist, dass ihnen über die Nachbarschaftshilfe geholfen werden kann. Ich freue mich, dass ich helfen kann und wir als Gemeinde zusammenhalten.
Thomas Tomkin, Diakonatspraktikant:
Vor der COVID-19-Pandemie war mein Terminkalender bis zum 26.09.2020 und darüber hinaus mit diversen Terminen gefüllt, u.a. eine Seelsorgekrankenhausausbildung im Klinikum Großhadern, Ausbildungswochen, einem Caritas-Praktikum in der Caritas München West mit der Lebensmittelausgabestelle (mit sehr vielen Helfern aus den Pfarrverband Neuaubing – Westkreuz) und dem Alten- und Servicezentrum in Aubing. Weitere Termine wären u.a. der Pfarrbrief meiner Pfarrei, Beerdigungen und persönliche Seelsorgegespräche gewesen. In der Corona-Zeit hat sich aus dem „wären gewesen“ ein „sind geworden“ ergeben.
So durfte ich auch die Aubinger Nachbarschaftshilfe e.V. besser kennen lernen, die sehr gut mit der Caritas zusammenarbeitet. Über die Nachbarschaftshilfe e.V. gehe ich für Leute einkaufen, bringe sie zum Arzt und führe weitere Tätigkeiten aus. Die Nachbarschaftshilfe ist ein wahrer Gewinn für uns als Aubinger, egal welchen Alters. Auch ich, mit meiner Familie, durfte die Hilfe bereits in Anspruch nehmen. Es tut gut, für Menschen in der Nachbarschaft – jetzt, aber auch nach der Krise – da zu sein.
Ein Termin wurde trotz Pandemie nicht geändert – das Gebet zu Gott. Er begleitet uns auch in dieser Zeit.