Bis 12. Dezember zeigt die Sendlinger Kulturschmiede eine Ausstellung zum Figurentheater „Sendlinger Mordweihnacht 1705”.
Das Figurentheater wurde im Jahr 2005, zum 300. Gedenktag des historischen Dramas, vom mehrfach ausgezeichnete Theatermacher Gerhard Weiß geschaffen, der seit über 40 Jahren in München die Theaterwerkstatt „I Piccoli“ betreibt. Vor gut drei Jahren hatte Weiß die Idee, dieses Theaterstück, das so eng mit dem Stadtteil Sendling verbunden ist, genau dort - fast wie ein „Passionsspiel“ - dauerhaft zu verankern.
Mit Hilfe der Kulturschmiede fand sich bald eine Gruppe von engagierten Bürgern, die gerne dazu beitragen wollten, die Erinnerung an dieses dunkle Kapitel bayerischer und Münchner Geschichte vor Ort weiter lebendig zu erhalten. Obwohl niemand in der Theatergruppe schon Erfahrungen mit dem Figurenspiel hatte, gelang es mit Unterstützung von Mitgliedern der „I Piccoli”-Gruppe - und weiterhin unter der Regie von Gerhard Weiß - im Januar 2017 und 2019 zwei gut besuchte Aufführungen auf die Kleinkunsbühne ars musica im Stemmerhof zu bringen. Geplant ist, diesen zweijährigen Aufführungsturnus auch in Zukunft beizubehalten.
In den Zwischenjahren der „Biennale” versucht die Theatergruppe mit anderen Veranstaltungsformaten das Thema präsent zu halten und auf sich aufmerksam zu machen. Denn die Gruppe ist auf der Suche nach Verstärkung durch Theaterbegeisterte und Geschichtsinteressierte für Funktionen vor, hinter und neben der Bühne.
Im Winter 2017/18 wurden eine Art „Figurenweg” geschaffen, der für mehrere Wochen in fünf Schaufenstern in Untersendling Szenenbilder aus dem Figurenstück gezeigt hat.
Aktuell läuft noch bis zum 12. Dezember in der Sendlinger Kulturschmiede in der Daiserstr. 22 eine Ausstellung über das Figurentheater und seine Entstehung, in der es auch die Möglichkeit gibt, die Figuren hautnah zu erleben und auszuprobieren.
Das Figurentheater ist als bäuerliches Stück mit handbemalten Holzfiguren inszeniert und erzielt seine theatralisch-dramatische Wirkung auch dank der begleitenden Live-Musik und historischen Hintergrundbildern. Unter dem Titel „Des wütenden Todts umständige Beschreibung des Tages und der heiligen Nacht unseres Herrn Geburt, welche sich in der kurfürstlichen Residenzstadt zu Munichen anno domini 1705 zugetragen“ wird das historische Ereignis mit einer tragische Liebesgeschichte als fiktionaler Rahmenhandlung verknüpft und aus Sicht vor allem der Münchner Beteiligten geschildert. Das Stück ist keine Verherrlichung von Heldentum, falsch verstandenem Patriotismus oder gar Nationalismus, sondern es zeigt die Grausamkeit des Kriegsgeschehens und den aus Verzweiflung um die damaligen Zustände geborenen, letztlich tragischen Optimismus der Aufständischen bei ihrem Versuch zur Befreiung Münchens. Mehr als tausend Menschen verloren damals rund um die Sendlinger Dorfkirche und die anliegenden Gehöfte auf grausamste Weise ihr Leben. Geld, Geschäfte, Obrigkeitshörigkeit, Ausbeutung und Unterdrückung, nicht zuletzt verzweifelte Liebe und Verrat, sind die Zutaten zu diesem - nur scheinbar – lokalen Ereignis, das damals ganz Europa bewegt hat.