Kennen Sie die Plakate der Freiwilligen Feuerwehr, die man immer wieder in Ortschaften im Münchner Umland sieht – „Stell dir vor, es brennt und niemand kommt“? An diese Plakate muss ich bei der aktuellen Situation in der Pflege immer öfter denken – „Stell dir vor, du brauchst einen Platz für deinen hilfebedürftigen Papa und jeder sagt dir ab“.
Im September diesen Jahres hat das Sozialreferat seinen neuen „Marktbericht Pflege“ veröffentlicht. Dort ist zu lesen, dass trotz aufwendiger Bemühungen der Landeshauptstadt 291 Pflegeplätze in München mangels Personal nicht belegt sind - ein gesellschaftliches Problem von zunehmender Tragweite. Auch in unserem Haus wurden in den Sommermonaten Plätze geplanter Weise nicht belegt, um die vorgegebenen Personalschlüssel einhalten zu können.
Es ist keine Neuigkeit, dass in Deutschland rund 40.000 Stellen in der Pflege unbesetzt sind. Im Sommer meldete die Presse, dass die 13.000 „Spahn-Stellen“, die das Bundesgesundheitsministerium im Rahmen des „Pflegepersonalstärkungsgesetzes“ geschaffen hat, nicht besetzt werden können – nun sind eben rund 53.000 Stellen offen. Das hat fast etwas Humoristisches.
Aktuell ist das Personal in den Pflegeheimen mit den neuen Begutachtungsrichtlinien des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen beschäftigt. Die „Generalistische Pflegeausbildung“, die 2020 umgesetzt werden soll, lässt Fragezeichen über den Köpfen der Pflegepädagogen aufsteigen. Diese Reformversuche haben auch ihre positiven Seiten – keine Frage, ABER: Unterm Strich wird kontrolliert, neue Bürokratie geschaffen, um Pflegepersonal gerungen - und die Zeche zahlen die Menschen, die Pflege brauchen.
Die Zeit für Reformen ist vorbei. Es wird Zeit, Pflege neu zu denken. Radikal. Nachhaltig. Alle zusammen. Die hilfebedürftigen und alten Menschen sollten unserer Gesellschaft das wert sein – und auch die Menschen, die diese dringend benötigte Unterstützung leisten.
Florian Walter, Einrichtungsleiter Evangelisches Pflegezentrum Sendling
Hilfe im Alter gemeinnützige GmbH