Bereits seit 120 Jahren wird im Stadtteil Sendling Energie für München erzeugt: Im Jahr 1899 ging an der heutigen Schäftlanstraße ein kommunales Kraftwerk zur Stromversorgung ans Netz, zunächst mit Kohle als Energiequelle. Seitdem befindet sich der Standort – wie die Stadt München selbst – beständig im Wandel. In den 1950er-Jahren lieferte das Heizkraftwerk Süd neben Strom erstmals auch Fernwärme. Aktuell wird die Abwärme der Stromerzeugung mittels umweltschonender Kraft-Wärme-Kopplung zum Heizen weiterverwendet – durch diese Technik wird das meiste aus der Energiequelle rausgeholt.
Heute entwickelt sich das Heizkraftwerk Süd erneut weiter. Die Stadtwerke München (SWM) zapfen dort eine unerschöpfliche Energiequelle an: Geothermie, Ökowärme aus der Tiefe. Bis 2040 wollen die SWM ganz München CO2-frei mit Energie versorgen, die Wärme soll dabei vor allem aus dem Untergrund kommen. Der Clou: München liegt auf einem gewaltigen Heißwasservorkommen, das sich in durchlässigen Malm-Kalksteinschichten befindet. In bis zu 3.000 Metern unter der Erdoberfläche hat das Wasser über 80, stellenweise über 100 Grad Celsius. Und diese Wärme ist bestens geeignet fürs klimaschonende Heizen.
Seit April 2018 entsteht Deutschlands größte Geothermie-Anlage auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd. Wer derzeit am Isarkanal gegenüber der Großmarkthalle vorbeikommt, sieht den gelben Bohrturm markant in die Höhe ragen. Die Energiegewinnung funktioniert ohne großen Eingriff ins Ökosystem. Das Wasser strömt in drei Förderbohrungen nach oben, gibt dort mittels Wärmetauscher seine Energie ab und wird über drei Injektionsbohrungen zurück in die Tiefe geleitet: ein geschlossener Kreislauf. Ab 2020 soll die Anlage Ökowärme für rund 80.000 Münchner Haushalte liefern. Ein erfolgreiches Prinzip – es ist bereits die sechste Geothermieanlage der SWM.
Schon jetzt laufen Planungen für weitere geothermische Anlagen. Das Wärmewendeprojekt der SWM findet deutschlandweit und darüber hinaus Beachtung – Geothermie als nachhaltige Energiequelle zur Wärmeversorgung von Großstädten gewinnt an Bedeutung. Parallel bauen die SWM ihr Fernwärmenetz aus und um: Das ist notwendig, denn statt Dampf fließt künftig Heißwasser durch die Rohre.