Veröffentlicht am 25.04.2019 09:36

„Es fällt weiterhin schwer, geeignete Fachkräfte zu finden”


Von red
Worauf müssen wir verzichten, wenn Fachkräfte fehlen? (Foto: job)
Worauf müssen wir verzichten, wenn Fachkräfte fehlen? (Foto: job)
Worauf müssen wir verzichten, wenn Fachkräfte fehlen? (Foto: job)
Worauf müssen wir verzichten, wenn Fachkräfte fehlen? (Foto: job)
Worauf müssen wir verzichten, wenn Fachkräfte fehlen? (Foto: job)

„Das oberbayerische Handwerk stemmt sich weiterhin erfolgreich gegen den Konjunkturabschwung: In der Umfrage für das 1. Quartal 2019 beurteilten mit 54 Prozent mehr als die Hälfte aller befragten Handwerksunternehmen im Kammerbezirk die aktuelle Geschäftslage als gut, für weitere 35 Prozent war sie zumindest befriedigend“, berichtete Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl bei der Vorstellung der neuesten Zahlen. 28 Prozent der Betriebe vermeldeten im Berichtszeitraum einen Anstieg der Nachfrage, für 51 Prozent war sie gleichbleibend.

Der Anteil gestiegener und konstanter Auftragseingänge bewegt sich damit auf dem hohen Niveau des Vorjahres. 26 Prozent der oberbayerischen Betriebe rechnen bis zur Jahresmitte mit einer weiteren Belebung der Nachfrage (minus sechs Punkte), 66 Prozent gehen von einer stabilen Situation aus (plus drei Punkte).

Weitere Belebung erwartet

Die Auslastung der Betriebe legte im 1. Quartal im Vorjahresvergleich um einen weiteren Punkt zu und erreichte durchschnittlich 79 Prozent. Sie stieg damit zum sechsten Mal in Folge in einem Winterquartal. Vor allem in den Bauhandwerken (80 Prozent) und im Ausbau (85 Prozent) sind die Unternehmen aufgrund der hohen Nachfrage und des leer gefegten Fachkräftemarktes besonders ausgelastet. Die hohe Nachfrage ließ die Auftragsbestände vor allem in den Branchen Bau (12,9 Wochen) und Ausbau (10,8 Wochen) weiter anwachsen. Insgesamt hatten die oberbayerischen Betriebe Ende März durchschnittlich Aufträge für 9,5 Wochen in ihren Büchern stehen, ein Plus von 0,7 Wochen binnen Jahresfrist. Nach Schätzungen der Handwerkskammer setzten die Betriebe in Oberbayern im 1. Quartal etwa 8,7 Milliarden Euro um. Zieht man die Preissteigerung ab, bleibt ein reales Plus von ca. 1,5 Prozent.

Ende März waren etwa 305.500 Personen im oberbayerischen Handwerk beschäftigt, 1,3 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Peteranderl: „Wir hätten uns hier ein größeres Plus gewünscht, aber den Betrieben fällt es auf dem leer gefegten Arbeitsmarkt weiterhin schwer, geeignete Fachkräfte zu finden.“

Investitionen auf Rekordhoch

Die Investitionstätigkeit zog dagegen zum Jahresstart kräftig an: Der Anteil investierender Betriebe kletterte um sieben Punkte auf 36 Prozent. Ein solcher Wert wurde in einem Winterquartal seit Beginn der Zeitreihe 1991 noch nicht erreicht. Auch das Gesamtvolumen stieg deutlich: Nach einer ersten Schätzung investierten die oberbayerischen Betriebe im 1. Quartal etwa 260 Millionen Euro in neue Maschinen, Fahrzeuge und Gebäude. Im Vorjahresvergleich entspricht dies einem Plus von 8,3 Prozent. Die Zahl der Mitgliedsbetriebe lag Ende März bei 79.100 – 0,1 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Für die nächsten drei Monate gehen 22 Prozent der Befragten von einer verbesserten und 72 Prozent von konstanter Geschäftstätigkeit aus. In Summe sind das zwei Punkte weniger als vor Jahresfrist. Für das Gesamtjahr rechnen die Konjunkturexperten der Kammer mit einem Umsatzplus von nominal vier Prozent. Die Zahl der Beschäftigten dürfte um etwa 0,9 Prozent zulegen, die Investitionen um rund 3,5 Prozent wachsen.

Kritik an der Verkehrspolitik

Was die Verkehrsplanung betrifft, sieht die Kammer die Entwicklungen in München mit großer Sorge. „Es steht außer Frage, dass die Lösung der Verkehrsproblematik neben dem Wohnen zu den drängendsten Fragen in der Landeshauptstadt gehört“, so der Kammerpräsident. Aber die ersten bekannt gewordenen Ideen und Maßnahmen, etwa die Schaffung eines „Boulevard Sonnenstraße“ sowie weitere Fahrbahnverengungen auf der Leopold- / Ludwigstraße sowie der Lindwurmstraße lassen den Verdacht aufkommen, dass vor allem Handwerksbetriebe aus dem Münchner Umland und die im Handwerk Beschäftigten die Zeche für die Verkehrswende bezahlen sollen. „Es scheint, als sollten Menschen und Gewerbetreibende von außerhalb durch bewusst herbeigeführte Verkehrsbehinderungen aus München ferngehalten werden. Das Herz Münchens, die Innenstadt, schottet sich auf diese Weise ab!“, kritisiert Peteranderl.

Handwerk sieht sich als Verlierer

Verlierer werden das Handwerk und seine Beschäftigten sein: Weder die durch steigende Mieten und fehlende Gewerbeflächen bereits aus der Stadt herausgedrängten Handwerksunternehmen noch die Mitarbeiter, die aufgrund ihres frühen Arbeitsbeginns auf den Pkw angewiesen sind, um ihren Arbeitsplatz in der Stadt zu erreichen, werden künftig innerhalb halbwegs akzeptabler Zeiten in den Betrieb oder zu ihren Kunden kommen. Der Kammerpräsident: „Es ist nicht hinnehmbar, dass das Handwerk einerseits aus der Stadt gedrängt, aber gleichzeitig nicht mehr hineingelassen wird! Oder nur auf Kosten von langen Standzeiten im Stau – das ist höchst unproduktiv und führt außerdem dazu, dass die Handwerkerleistungen wegen der langen An- und Abfahrt immer teurer werden. So ist die Daseinsvorsorge des Handwerks nicht mehr aufrecht zu erhalten, können unsere Betriebe nicht mehr liefern und leisten.“ Die Kammer fordert für die Landeshauptstadt einen ÖPNV-Ausbau und eine Reduzierung des individuellen Kfz-Verkehrs.

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