Seit Monaten gehen die Schüler und Studenten in Deutschland auf die Straßen – auch an Feiertagen und in den Ferien. Und nicht nur in Deutschland und Schweden wird gestreikt; dem internationalen Aufruf für eine bessere und ökologisch orientierte Zukunft, folgte bereits die Jugend aller Kontinente.
Den deutschen Schülern und Studenten haben sich bereits die „Scientists for Future” (Naturwissenschaftler für die Zukunft), sowie die „Parents for Future” (Eltern für die Zukunft) angeschlossen. „Die rasante Zustimmung, die das Statement in der Wissenschaft erhalten hat, ist überwältigend und zeigt, wie richtig und wichtig der Protest der Schülerinnen und Schüler ist“, sagt Dr. Gregor Hagedorn, Initiator von „Scientists for Future”.
Sabrina Flemmig (Münchner Wochenanzeiger) sprach mit einigen Demonstranten.
Undine, Naomi und Gustav vom Carl-Spitzweg-Gymnasium in Germering
Welche Partei steht Euch mit ihrer Politik am nächsten?
Undine: Das ist schwer, also wirklich sehr schwer zu beantworten. Das kommt auf den Bezug an. Ich tendiere aktiv nach links.
Habt Ihr das Gefühl, dass Eure Streiks etwas bewegt haben?
Gustav: Nein , das heißt, es wird immerhin darüber geredet. Aber die Art der Aufmerksamkeit ist deprimierend.
Undine: Die Politik fühlt sich angegriffen, aber das ist nicht unser Ziel. Wir wollen aktiv kritisieren.
Wie wird denn an Eurer Schule mit den Streikern verfahren?
Naomi: Für uns gibt es eigentlich keine Konsequenzen. Wir sind in der Zwölften und haben kaum noch Unterricht. Ich fände es aber besser, wenn es Konsequenzen gäbe, denn dadurch würde sich die Aufmerksamkeit erhöhen.
Wenn Ihr Euch eine Sache aussuchen dürftet, die jetzt sofort umgesetzt würde, was wäre das?
Gustav: Einigkeit der Parteien.
Naomi: Zumindest eine Kompromissbereitschaft der Mehrheiten und auch, dass die Minderheiten mehr berücksichtigt werden.
Andrea Ihlow und Susanne Kuhna unterstützen ihre Kinder als Parents for Future
Welcher Partei stehen Sie am nächsten?
Andrea Ihlow: ÖDP.
Susanne Kuhna: ÖDP.
Haben Sie das Gefühl, dass das Streiken etwas verändert hat?
Andrea Ihlow: Sehr, ja. Es ist zwar zäh, aber langsam geht was. Bestes Beispiel ist Herr Söder.
Wie wird denn an den Schulen ihrer Kinder mit den streikenden Schülern verfahren?
Andrea Ihlow: Sehr gut. Ich muss ein großes Lob an Herrn Klotz, unseren Direktor, aussprechen. Er lässt den Schülern die freie Wahl. Sie dürfen von den Eltern entschuldigt zu den Demos gehen und den Unterrichtsstoff selbstständig nachholen. Das ist perfekt. Er vertraut den Schülern, und die Schüler nehmen ihn im Gegenzug ernst. Und ich kann sagen, mein Sohn holt das Versäumte auch wirklich selbstständig nach.
Wenn Sie eine Sache aussuchen dürften, die jetzt sofort umgesetzt werden würde, was wäre das?
Andrea Ihlow: Die Profitgier abschaffen . Diese Ungerechtigkeit, dass manche immer ärmer werden und andere für Profit alles machen und das auf Kosten der Umwelt.
Susanne Kuhna: Das muss einfach aufhören, dass die Konzerne immer Einfluss auf die Politiker ausüben und dass ohne die Menschen und gegen die Vernunft regiert wird.
Lenny, Leon, Luis, Josefine, Cosima und Silvy besuchen das Thomas-Mann-Gymnasium am Kreuzhof
Welche Partei steht Euch politisch am nächsten?
Alle lachen: Die Grünen.
Hat das Streiken etwas verändert?
Luis: Ja auf jeden Fall. Es ist ein Signal an die Politik gewesen.
Wie wird denn an Eurer Schule mit den streikenden Schülern verfahren?
Alle: Verweis, es sei denn man hat ein Attest vom Arzt.
Lenny: Wir sind heute morgen schon in der U-Bahn unserer Lehrerin begegnet. Es tat ihr auch leid, aber sie hat gesagt, sie muss uns allen einen Verweis geben.
Alle durcheinander: Alle unsere Lehrer haben sich für die Streiks ausgesprochen. Sogar der Direktor findet es eigentlich gut. Sie müssen aber Verweise verteilen, wegen der Schulpflicht.
Was würdet Ihr Euch wünschen? Was muss sich jetzt sofort ändern?
Luis: Der aktive Umgang mit der Natur. Wir müssen nachhaltiger werden.
Vor der Staatskanzlei angekommen versammeln sich alle noch einmal zur letzten Kundgebung vor der fahrenden Tribüne. Die Veranstalter adressieren die Frage, die Vertretern immer wieder in Talkshows gestellt wird: „Was muss passieren, damit Ihr aufhört zu streiken?” Und sie beantworten sie auch gleich selbst: „Wir hören auf, wenn gehandelt wird!”
Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter äußerte sich zu dem Engagement der Schüler:
„Die Schülerinnen und Schüler, die jeden Freitag für mehr Klimaschutz demonstrieren, haben eine wichtige Debatte angestoßen. Vor allem gehen sie nicht nur in München, nicht nur in Deutschland, sie gehen weltweit auf die Straße, in ganz vielen Ländern unserer Erde. Das finde ich wirklich beeindruckend. Schließlich lassen sich gerade die Klimaschutzziele nur global erreichen.
Auf kommunaler Ebene beraten wir Unternehmen, wie sie Energie einsparen und klimafreundlich handeln können. Private Haushalte erhalten Zuschüsse von der Stadt, wenn sie Heizkosten sparen und außerdem versuchen wir auch mit Werbekampagnen das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für mehr Umweltschutz zu schärfen. Zum Beispiel möglichst auf Coffee-to-go-Becher zu verzichten und auf wiederverwertbare Becher umzusteigen, so dass am besten gar kein Müll entsteht. Oder wenigstens den eigenen Müll nach der Party an der Isar wieder mit nach Hause zu nehmen.
Man muss sich nur vorstellen, dass allein in München jeden Tag rund 190.000 Pappbecher weggeworfen werden. Das Beispiel zeigt: Jeder und jede Einzelne von uns kann dazu beitragen, unsere Umwelt besser zu schützen. Die Politik muss dafür die Voraussetzungen schaffen und vor allem auch den öffentlichen Personennahverkehr und das Radwegenetz weiter ausbauen, damit die Menschen eine echte Alternative zum Auto haben. Ich finde das Engagement der Schülerinnen und Schüler sehr unterstützenswert. Deshalb will ich mich mit einigen Vertreterinnen und Vertretern demnächst zusammensetzen und diskutieren, nach Schulschluss versteht sich.“
Sina Reisch ist Mitglied bei „Ende Gelände”, einem Bündnis verschiedener Gruppen und Einzelpersonen aus sozialen Bewegungen die Klimagerechtigkeit - insbesondere den sofortigen Kohleausstieg - fordern. Wenn es nicht anders geht, nutzen sie dafür auch das Mittel des zivilen Ungehorsams, beispielsweise im Hambacher Forst. Sie steht auch in engem Kontakt zu den „Fridays for Future”-Aktivisten. Wir haben sie gefragt:
Frau Reisch, die Stadt München hat angekündigt, sie wolle bis 2021 komplett auf grüne Energie umstellen. Für wie warscheinlich halten sie dieses Szenario und ist grün auch gleich grün?
Sina Reisch: Also ganz grundsätzlich ist jeder Schritt, der in eine sozialpolitische und ökologische Richtung gemacht wird, ein guter . Wichtig ist aber auch, dann genau hinzusehen. Das heißt, man sollte nicht nur handeln um sich Zeit zu erkaufen, sondern auch immer wieder hinterfragen „Wie kommen wir in diese Situation?”, damit Klimagerechtigkeit Realität wird .