Veröffentlicht am 06.12.2018 13:36

Respekt ist ...


Von sfl
Prof. Dr. Bernhart Schwenk, Kurator für Gegenwartskunst an der Pinakothek der Moderne. (Foto: Jörg Koopmann)
Prof. Dr. Bernhart Schwenk, Kurator für Gegenwartskunst an der Pinakothek der Moderne. (Foto: Jörg Koopmann)
Prof. Dr. Bernhart Schwenk, Kurator für Gegenwartskunst an der Pinakothek der Moderne. (Foto: Jörg Koopmann)
Prof. Dr. Bernhart Schwenk, Kurator für Gegenwartskunst an der Pinakothek der Moderne. (Foto: Jörg Koopmann)
Prof. Dr. Bernhart Schwenk, Kurator für Gegenwartskunst an der Pinakothek der Moderne. (Foto: Jörg Koopmann)

Prof. Dr. Bernhart Schwenk, Kurator für Gegenwartskunst, Pinakothek der Moderne:

Respekt ist für mich eine Basis für jede Gesellschaft. Respekt heißt, unterschiedliche Lebensweisen zuzulassen – auch dann, wenn sie den eigenen nicht entsprechen. Erst wenn ein hohes Maß an Respekt in einer Gesellschaft herrscht, kann auch Freiheit herrschen. Denn Freiheit ist nicht nur die Freiheit jedes Einzelnen von uns, es ist vor allem die Freiheit aller anders Denkenden. Dieses Andersdenken ist manchmal eine Herausforderung, besonders dann, wenn uns dieses Andersdenken unverständlich bleibt. Dagegen hilft nur, sich bewusst mit dem Unverständlichen auseinanderzusetzen. Denn alles, was unsere Erwartungen irritiert oder sogar sprengt, bringt uns in unserem Denken und Handeln weiter.

Ein Ort für die Auseinandersetzung mit dem Ungewohnten ist das Museum – und ein Museumsbesuch lohnt allein schon deshalb, weil wir dort unsere Fähigkeit zum Respekt für das Andersartige auf die Probe stellen können. Da ist zum Beispiel die aktuelle Ausstellung von Jonathan Meese in der Pinakothek der Moderne. Als Besucher oder Besucherin dieser Ausstellung haben Sie viele Möglichkeiten, auf die Bilder und Objekte dieses Künstlers zu reagieren: Sie können staunen. Sie können bewundern. Sie können sich aufregen. Sie können den Kopf schütteln und schimpfen. Oder Sie können sich angeregt fühlen, nachzudenken.

Ganz unabhängig, wie Sie auf die Ausstellung von Jonathan Meese reagieren: Die Ausstellung zeigt deutlich, dass Künstlersein nicht bedeuten kann, die Erwartungen einer Gesellschaft an Kunst zu erfüllen. Die Bedeutung von Kunst für eine Gesellschaft liegt vielmehr in der Chance, die eigenen Sichtweisen besser erkennen zu dürfen. Mit der Kunstbetrachtung erhalten wir nämlich die Gelegenheit, uns zu fragen: Warum eigentlich regt mich eine bestimmte Sache auf? Wieso stört mich etwas? Und warum kann ich eine Situation oder einen Menschen nicht so respektieren wie er ist? Die Antworten auf eine solche kritische Selbstbefragung sind ein Geschenk. Denn sie bewirken, zu verstehen, wie man selber tickt. Sich selbst zu verstehen, kann zum Beispiel dazu führen, nicht automatisch Andere zu Schuldigen an einer Situation zu machen. Sich selbst zu verstehen kann auch bedeuten, zur Lösung eines Konflikts aktiv beizutragen. Sich selbst – und damit Andere – zu verstehen, ist der beste Weg zu mehr Respekt in unserer Gesellschaft. Deshalb: Mehr Kunst anschauen!

north