„Respektsperson” hatte früher einen manchmal negativen Klang. Da schwang Strenge und vielleicht auch etwas Härte oder Willkür mit. Gehen wir heute gelassener miteinander um oder respektloser? Sind junge Leute respektloser als ältere oder zeigen sie Respekt nur auf andere Art? Muss man sich Respekt verdienen? Unsere „Trümpfe” teilen ihre Gedanken zu diesen Fragen:
„Respect is what I want, respect is what I need”. Respekt ist, was ich will, Respekt ist, was ich brauche, singt die leider viel zu früh verstorbene US-Sängerin Aretha Franklin. Auch wenn es in dem Song aus der Feder von Otis Redding vordergründig um Alltagskonflikte in einer Ehe geht, steht hinter den Zeilen doch ein gesellschafts-politisches Anliegen damaliger Zeit: der Kampf um Bürgerrechte.
Ich weiß nicht, ob der heutige US-Präsident Donald Trump sich jemals mit dem Song beschäftigt hat. Mit dem Wort Respekt jedenfalls scheint er sich nicht allzu viel beschäftigt zu haben. Da wird mal Angela Merkel der Handschlag verweigert, ein unliebsamer Journalist zusammengestaucht wie ein Schuljunge, da wird öffentlich geprahlt, jeder Frau einfach mal zwischen die Beine greifen zu können.
Seine Respektlosigkeit teilt Trump mit vielen anderen Egomanen, Populisten und Diktatoren dieser Welt, mit den Erdogans, Putins, Maduros oder wie sie auch immer heißen mögen. Die Liste ist lang und wird täglich länger.
Auch den Fußball hat die Respektlosigkeit schon erfasst. Und damit ist nicht etwa das oftmals rüpelhafte Verhalten mancher „Fans“ auf den sogenannten „billigen Rängen“ gemeint. Nein! Da mahnt doch Bayernboss Karl-Heinz Rummenigge zusammen mit Präsident Uli Hoeneß in jener denkwürdigen PK tatsächlich so etwas wie einen respektvolleren Umgang der Medien mit dem Club an.
Sogar das Grundgesetz wird zitiert. Von der unantastbaren Würde des Menschen ist die Rede. Um Minuten später jeglichen Respekt vor einem ehemaligen Spieler des FC Bayern vermissen zu lassen, seine Würde mit Füßen zu treten. „Der hat einen Scheißdreck gespielt“, poltert Hoeneß an die Adresse von Juan Bernat.
Ich könnte die Liste solcher Zitate beliebig verlängern. Nun haben es Sie und ich nicht im Griff, wenn Präsidenten ohne Kinderstube, herrschsüchtige Despoten oder ungehaltene Vereinsbosse Anstand, Achtung, Höflichkeit, Anerkennung und Wertschätzung vermissen lassen. Aber: Wir alle können mächtig dagegen halten!
Wir können unserem persönlichen Umfeld jenen Respekt entgegenbringen, den es verdient. Den liebevollen Familienmitgliedern, der hilfsbereiten Nachbarin, dem wetterfesten Zeitungsboten, dem verantwortungsvollen Notarzt, der aufopferungsvollen Altenpflegerin, dem fleißigen Fließenleger, der freundlichen Verkäuferin, der …, dem …
Euch und Ihnen allen sage ich: Respekt!
Respekt hat viele Bedeutungen! Das „Reespeekt” , das die Jugendlichen benützen, um eine Leistung z.B. im Sport anzuerkennen, oder eine besondere Kleidung oder Ausstattung neidvoll oder neidlos zu bewundern.
Wenn wir sagen, wir haben einen „Heidenrespekt”, dann drücken wir sowohl Angst als auch Vorsicht aus. Auch Anerkennung über ein besonderes Können drücken wir mit dem Wort Respekt aus.
Dann gibt es natürlich den „Respekt”, der Bewunderung und Hochachtung für die Leistung eines Menschen bedeutet, der Ausstrahlung, Bildung oder Güte besitzt - den wir sofort als „Respektperson” empfinden.
Man sollte nicht nur Menschen respektvoll behandeln, sondern alle Lebewesen, auch die Natur, die Umwelt und die Lebensmittel. Alles was wir zum Leben brauchen. Wie viele Lebensmittel werden weggeworfen, warum darf ein Bedürftiger dies nicht aus der Abfalltonne holen, sondern wird als Dieb bestraft? Wie viel Bäume werden weltweit nur wegen des Gewinnes gefällt? Wie viel Kleidung wird noch brauchbar weggeworfen? Man spricht nicht umsonst von der „Wegwerfgesellschaft”! Hier fehlt es am Respekt! Aus Gedankenlosigkeit?
Heute fehlt es oftmals an gegenseitigem Respekt durch Selbstsucht, aber auch durch falsche Erziehung. Dies sehen wir insbesondere im Verkehr, da geht es Autofahrer gegen Radfahrer, Radfahrer gegen Fußgänger. Ich vermisse ihn auch im öffentlichen Verkehr, da machen die Jungen einem, der es nötig hat, keinen Sitzplatz frei. Falls sie es tun, erhalten sie oftmals von den Älteren kein Danke. Ist das nur unhöflich oder doch respektlos?
Mein Respekt gilt den Menschen, die etwas im Leben geleistet haben; die, die trotz widriger Umstände, durch Behinderung oder Krankheit ihren Alltag allein, ohne zu jammern, meistern. Die Senioren, die mit kleiner Rente und hohen Mietkosten trotzdem am Leben teilnehmen und Lebensfreude ausstrahlen.
Die vielen ehrenamtlich Tätigen, die ihre Zeit einsetzen, um Kindern, Kranken, Behinderten und älteren Mitbürgern das Leben erleichtern und ihnen Freude schenken, indem sie ihnen zuhören, vorlesen und unterhalten und sie zumindest für ein paar Stunden das Leid vergessen lassen und aus der Einsamkeit holen. Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit hören und lesen wir von Frauen und Männern, die einen Ideenreichtum umsetzen und mit großartigen Projekten weltweit, oftmals trotz Widrigkeiten und Behinderungen, Hilfen zum Wohle von Menschen leisten. Diesen Allen gilt mein besonderer Respekt und ich verneige mich vor ihnen.
Respekt ist für mich keine Einbahnstraße. Wenn ein junger Mann in der U-Bahn aufsteht, mir einen Platz anbietet und mir damit Respekt erweist, dann nehme ich dieses Angebot auch an. Auch wenn ich nur eine Station fahre. Mich freut es, wenn jemand höflich ist, ihn freut es, dass er etwas Gutes tut. Grundsätzlich habe ich nicht das Gefühl, dass „die Jugend“ heute weniger Respekt vor älteren Menschen hätte. Insgesamt gehen Alt und Jung doch recht gelassen miteinander um. Das Verhältnis ist weit weniger konfliktreich als noch bis in die 1980er-Jahre hinein. Das stelle ich auch immer wieder in meiner Arbeit für den Sozialverband VdK fest: Es gibt keinen Generationenkonflikt.
Ob ich eine Respektsperson bin? Das weiß ich nicht, das können ja nur andere beurteilen. Für mich persönlich wird jemand dann zur Respektsperson, wenn er mit Leidenschaft für etwas steht. Ich hatte als Schülerin eine Lehrerin in Alt-Griechisch, die ihr Fach wirklich gelebt hat. Fräulein Doktor Wendel – so hieß die Dame – lebte regelrecht auf in der griechischen Götter- und Sagenwelt. Und sie hat uns alle angesteckt mit ihrer Leidenschaft. Da ging es gar nicht um Autorität und Strenge. Allein ihre Freude für das, was sie tat, verschaffte ihr Respekt in der Klasse.
Respekt habe ich ganz besonders vor Menschen, die sich trauen, zu widersprechen, die nicht wegschauen, die Zivilcourage zeigen. Und das auch in Zeiten, in denen eine solche Haltung gefährlich ist. Ich denke oft an Max Mannheimer, der mehrere KZs überlebte und bis ins hohe Alter als Zeitzeuge Jugendlichen aus seinem Leben berichtete. Er konnte den Schülerinnen und Schülern deutlich machen, dass der Respekt vor der Würde des Menschen nicht abstrakt ist, sondern die Grundbedingung für das Zusammenleben und letztlich für das Fortbestehen einer Gesellschaft ist. Solidarität war für die NS-Verfolgten überlebenswichtig, doch so eine Grundhaltung muss man sich erst einmal angeeignet haben. Das alles konnte Max Mannheimer den Jugendlichen eindrucksvoll nahe bringen, ohne dabei abgehoben zu wirken. An solchen Respektspersonen sollten wir uns im Leben orientieren.
Immer, wenn mein Vater (Jg. 1906) mich besonders loben wollte – und das ging von meiner Kindheit bis zu seinem Sterbebett – sagte er mit besonderer Betonung: „Respekt vorm Dampfschiff“. Ich kann mich an diese Anerkennung durch meinen Vater erinnern, wenn ich von meinem hölzernen Torpedoboot aus das feindliche Schlachtschiff, 1942 natürlich ein englisches, immer wieder getroffen hatte. An seinem Sterbebett sagte er dann im Hinblick auf meine berufliche Karriere: „Weit host as brocht, Respekt vorm Dampfschiff“.
Da ich diese Respektbezeichnung von damals bis heute nicht recht einordnen konnte, suchte ich im Internet und fand den schönen Spruch: „Respekt vorm Dampfschiff! sagten die Schweinfurter, als die ‚Meekuh‘ aus eigener Kraft den Main hochfuhr. In Besancon, am Quai über dem Doubs, sah ich das Standbild des Erfinders“ (Hans Arnfrid Astel). Nun weiß ich wenigstens, dass sich der zeitgenössische Dichter Astel (1933-2018) auch damit beschäftigt hatte.
Wenn ich weiter an meine Vergangenheit denke, fallen mir einige wenige Lehrer ein, vor denen ich Respekt hatte, völlig unabhängig von deren Unterrichtsfach. Vor manchem Präfekten des Internats hatten wir „heiligen“ Respekt, d.h. wir fürchteten ihn wegen seiner übergroßen Strenge und weil er sich diesen Respekt mit Gewalt verschafft hatte. Meine Mutter liebte und respektierte ich, obwohl sie mich des Öfteren mit dem Kochlöffel traktierte. Während meiner Berufstätigkeit an der TU München schätzte ich alle Professoren, die viel leisteten und wenig aus sich machten. So hatten sie sich meistens auch bei den Studierenden höchsten Respekt erworben.
Um auf einer höheren Ebene auch die Gegenwart einzubeziehen: „Das Internet läßt den Respekt vor der Privatsphäre und der Rechtsordnung in atemberaubender Geschwindigkeit vergessen“, so G. Hüther in seinem neuen Buch „Würde“.