Veröffentlicht am 21.02.2018 14:16

„Es fehlt an allen Ecken und Enden”


Johannes Beetz
Johannes Beetz
Chefredakteur
seit 1999 bei der Gruppe der Münchner Wochenanzeiger
Mitarbeit im Arbeitskreis Redaktion des Bundesverbands kostenloser Wochenzeitungen (BVDA)
Gewinner des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises 2017 (Stiftung Lesen)
Bundesweite Berichterstattung: Die im BVDA (Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter) erklären, wie es um Fachkräfte steht. Im BVDA sind 222 Verlage mit über 886 Titeln vertreten, darunter die Münchner Wochenanzeiger mit Werbe-Spiegel, Sendlinger Anzeiger und Samstagsblatt. (Foto: BVDA)
Bundesweite Berichterstattung: Die im BVDA (Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter) erklären, wie es um Fachkräfte steht. Im BVDA sind 222 Verlage mit über 886 Titeln vertreten, darunter die Münchner Wochenanzeiger mit Werbe-Spiegel, Sendlinger Anzeiger und Samstagsblatt. (Foto: BVDA)
Bundesweite Berichterstattung: Die im BVDA (Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter) erklären, wie es um Fachkräfte steht. Im BVDA sind 222 Verlage mit über 886 Titeln vertreten, darunter die Münchner Wochenanzeiger mit Werbe-Spiegel, Sendlinger Anzeiger und Samstagsblatt. (Foto: BVDA)
Bundesweite Berichterstattung: Die im BVDA (Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter) erklären, wie es um Fachkräfte steht. Im BVDA sind 222 Verlage mit über 886 Titeln vertreten, darunter die Münchner Wochenanzeiger mit Werbe-Spiegel, Sendlinger Anzeiger und Samstagsblatt. (Foto: BVDA)
Bundesweite Berichterstattung: Die im BVDA (Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter) erklären, wie es um Fachkräfte steht. Im BVDA sind 222 Verlage mit über 886 Titeln vertreten, darunter die Münchner Wochenanzeiger mit Werbe-Spiegel, Sendlinger Anzeiger und Samstagsblatt. (Foto: BVDA)

Münchens Wirtschaft boomt und wächst. Nur eines kann sie ausbremsen: die immer größeren Probleme der Betriebe, Nachwuchs und Fachkräfte zu finden. Wie steht es um die Fachkräfte und den Nachwuchs in München? In welchen Branchen ist der Fachkräftemangel bei uns spürbar? Was tut die Stadt? Was die Betriebe? Worauf müssen wir uns einstellen? Johannes Beetz sprach darüber mit Wirtschaftsbürgermeister Josef Schmid.

„Florierende Unternehmen sorgen dafür, dass es dem Einzelnen gut geht”

Eine Stadt wie München wird vom Mittelstand getragen. Die mittelständischen Betriebe tun mehr als „nur“ ihren Job – sie spülen Steuereinnahmen in die städt. Kasse, sie bilden junge Leute aus, sie bieten wohnortnahe Arbeitsplätze. Damit tragen sie wesentlich zur Lebensqualität unserer Stadtgesellschaft bei. Stellt der Fachkräftemangel diesen Lebensstandard in Frage?

Josef Schmid: Viele meinen, Wirtschaftspolitik sei nur Politik für Unternehmer. Es geht aber um Arbeitnehmer und die Stadt. Münchens Unternehmen schaffen Arbeitsplätze und zahlen Steuern: Die Gewerbesteuer, die die Stadt so einnimmt, bewegt sich bei 2,5 Milliarden Euro. Bei einem Gesamthaushalt von 6,9 Milliarden Euro ist das ein erheblicher Teil.

Mit diesen Steuern können wir den dritten Arbeitsmarkt schaffen und Menschen mitnehmen, die sozial abgehängt sind. Wir können die Verkehrsinfrastruktur bezahlen, die allen zugute kommt. Und wir können in Bildung investieren – beispielsweise Schulgebäude finanzieren.

Außerdem bieten florierende Unternehmen sichere und wohnortnahe Arbeitsplätze: Gegenwärtig gibt es in München an die 880.000. So sorgen Unternehmen und Wirtschaftspolitik dafür, dass es dem Einzelnen gut geht, dass der Einzelne Einkommen, Sicherheit und Zukunft hat – und dass er sich Wohlstand schaffen kann. Dafür brauchen die Unternehmen aber Nachwuchs und Fachkräfte.

„So viele hatten wir noch nie”

Den Nachwuchs- und Fachkräftemangel sehen Betriebe und Kammern mit immer größerer Sorge. Der Arbeitsmarkt sei leergefegt, der Wettbewerb um Mitarbeiter werde immer schärfer. Teilen Sie die Einschätzung?

Josef Schmid: Ich teile diese Einschätzung voll. Wir konnten vergangenes Jahr einen Rekord beim Beschäftigungsaufbau verzeichnen: So sind in München 25.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftige in einem Jahr neu dazugekommen. So viele hatten wir noch nie. Das zeigt, wie groß auch der Bedarf ist. Wie in den Jahren zuvor haben wir zugleich an die 2.000 Ausbildungsplätze nicht besetzen können. Das ist ein echtes Problem. Der Fachkräftemangel läuft Gefahr, zur Wachstumsbremse zu werden: Die Betriebe könnten noch mehr wachsen, noch mehr Steuern zahlen, noch mehr Menschen beschäftigen und für noch mehr Wohlstand sorgen; wir könnten mit mehr Steuern mehr Soziales bewirken – wenn es mehr Fachkräfte gäbe.

„Wir haben einen massiven Mangel”

Vor dem Problem stehen ja nicht nur Handwerker. Bei der MVG fehlen Fahrer, in Kitas Erzieherinnen, in Schulen Lehrer, in Kliniken Pflegepersonal. In welchen Branchen ist der Fachkräftemangel bei uns spürbar, in welchen nicht?

Josef Schmid: Neben dem Handwerk gibt es massive Probleme bei der Suche nach Erzieherinnen und Erziehern sowie nach Pflegerinnen und Pflegern im Krankenhausbereich. Mittlerweile fehlt aber auch der MVG Personal, z.B. U-Bahn-Fahrer.

Am stärksten werden Arbeitnehmer im so genannten MINT-Bereich, also beispielsweise Naturwissenschaftler, Techniker und Ingenieure gesucht, während es für Geisteswissenschaftler hingegen schwer ist, in Beschäftigung zu kommen. Alles das spüren wir auch als Landeshauptstadt: Uns fehlen nicht nur Erzieherinnen und Pflegekräfte, sondern inzwischen auch Mitarbeiter im Verwaltungsdienst, die die klassische Beamtenlaufbahn bei der Stadt beginnen. Ebenso haben wir bei den Ingenieuren im Baureferat einen massiven Mangel Es fehlt an allen Ecken und Enden.

„Für qualifizierte Arbeitnehmer gibt es gute Möglichkeiten”

Für Arbeitnehmer öffnen sich hingegen viele Möglichkeiten und Chancen. Wer eine vernünftige Ausbildung hat, wird kaum Schwierigkeiten haben, einen Job zu finden. Ist der Fachkräftemangel demnach gar nicht so schlimm?

Josef Schmid: Was gerade passiert, ist ein typisches Zeichen der Hochkonjunktur. Wir sind in München auf dem Weg zur Vollbeschäftigung. Der Wert der einzelnen Arbeitskraft steigt: Für qualifizierte Arbeitnehmer gibt es gute Möglichkeiten. Andererseits ist eine Arbeitslosenquote von null Prozent volkswirtschaftlich nichts Wünschenswertes. Denn eine dynamische Wirtschaft braucht immer ein gewisses Arbeitskräftereservoir. So erleben derzeit also nicht hohe Arbeitslosigkeit mit enormen Kosten für das Gemeinwesen, sondern das umgekehrte Problem: die Knappheit an Arbeitnehmern als Wachstumsbremse.

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