Bürger stimmen am 4. Juli über Nichtraucherschutz ab

München · „Das Volk muss entscheiden“

Ob das bisherige Rauchverbot noch ausgeweitet wird, haben die Bürger in der Hand. Foto: Archiv

Ob das bisherige Rauchverbot noch ausgeweitet wird, haben die Bürger in der Hand. Foto: Archiv

München · Qualm oder Frischluft? Beim Volksentscheid am Sonntag, 4. Juli, werden die bayerischen Bürger darüber abstimmen, ob in Gaststätten und Festzelten ein absolutes Rauchverbot herrschen soll. Ärzte begrüßen den Vorstoß – ebenso wie die Stadtratsfraktionen von SPD und Grünen. Kritisch sind dagegen die Stimmen von FDP und CSU.

Auch die Wirte klagen – sie sehen in der Verschärfung des bestehenden Gesetzes vor allem für Kleinbetriebe eine Existenzbedrohung. Schon seit Anfang 2008 wird in den Münchner Gaststätten nicht mehr geraucht – 89 Prozent der Lokale sind nach Schätzungen des Kreisverwaltungsreferats (KVR) frei vom blauen Dunst. Nur in kleinen Kneipen, Raucherclubs und Festzelten ist der Griff zur Zigarette noch erlaubt. Doch auch damit könnte es in Kürze vorbei sein – wenn die Bürger das so wollen.

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    Am 4. Juli entscheidet sich, ob das Rauchen in Bayern künftig innerhalb sämtlicher geschlossener Gastronomiebetriebe ausnahmslos verboten wird. Stimmt die Mehrheit der Wahlteilnehmer für den Volksentscheid, darf in Lokalen bald nur noch in Außenbereichen, etwa auf Freischankflächen oder in den Biergärten, geraucht werden. Dies gilt übrigens unabhängig von der Wahlbeteiligung – nur die abgegebenen Stimmen zählen.

    Doch sind die verbliebenen Ausnahmen vom Rauchverbot tatsächlich so gefährlich? Professor Friedrich Wiebel, Vorsitzender des Vereins „Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e.V.“ mit Sitz in Eching mahnt: „Diese Aufweichungen sind nicht nebensächlich“. Seine Organisation ruft die Bürger daher auf, für das absolute Rauchverbot zu stimmen. Bedenklich sei vor allem die Auflockerung in den Festzelten. „Auf kleineren Volksfesten sind dort nämlich auch Kinder anwesend“, warnt Wiebel. Auch in Diskotheken werde größtenteils geraucht. Wer sich nicht schädigen wolle, sei von diesem Teil des öffentlichen Lebens ausgeschlossen.

    Auch Münchner Politiker befürworten den strikten Nichtraucherschutz. Ins Leben gerufen hat die Aktion zwar der Passauer ÖDP-Abgeordnete Sebastian Frankenberger. Jedoch erhielt er von Anfang an die Unterstützung der Grünen. „Wir gehören zu den Mitinitiatoren“, sagt die Grünen-Stadträtin Lydia Dietrich. Die Fraktion unterstütze das konsequente Rauchverbot daher massiv. Ebenso hofft Hans-Ulrich Pfaffmann, Vorsitzender der Münchner SPD, auf den Erfolg des Volksentscheides „Für echten Nichtraucherschutz!“: „Die Bürger akzeptieren das Nichtrauchen in Lokalen, es ist inzwischen Normalität geworden.“ Statt Ausnahmen weiterhin zuzulassen, müsse nun eine einheitliche Regelung geschaffen werden, die für alle gelte.

    Anderer Meinung ist indes FDP-Fraktionschef Michael Mattar. „Wir plädieren für ein klares Nein“, betont er. Aus Sicht der Liberalen sei das derzeitige Gesetz ausreichend: „Wir haben einen vernünftigen Interessenausgleich, die Nichtraucher sind geschützt.“ In Restaurants werde das Verbot ohnehin befolgt. Da die Gastronomie in München insgesamt zu knapp 90 Prozent rauchfrei sei, sehe er keinen Handlungsbedarf.

    Gespalten sind die Meinungen in der Münchner CSU. Das Spektrum gehe „komplett durch den Wald“, heißt es aus CSU-Fraktionskreisen. Bereits beim restriktiven Gesetz der Landtags-CSU in 2008 habe es im Rathaus keinen einheitlichen politischen Standpunkt gegeben. Nun müsse das Volk entscheiden.

    Problematisch wird in der CSU vor allem die Überwachung des strikten Rauchverbots gesehen. Grüne und SPD gehen dagegen davon aus, dass sich der Kontrollaufwand in Grenzen halten wird. „Die Gäste werden selbst für die Einhaltung der Regelung sorgen“, glaubt Dietrich. Pfaffmann setzt auf die Einsicht der Wirte: „Die Gaststättenbetreiber werden sich an die Gesetze halten.“

    Derzeit kämpfen die bayerischen Wirte jedoch darum, dass der „echte Nichtraucherschutz“ keine Mehrheit findet. „Wenn gar nicht mehr geraucht werden darf, ist das für die kleinen Eckkneipen existenzbedrohend“, klagt Franz Bergmüller, Sprecher des Aktionsbündnisses „Bayern sagt Nein! beim Volksentscheid am 4. Juli“. Diese Ansicht teilen auch Münchner Wirte. „Die elf Prozent der Lokale, in denen noch geraucht wird, sind kleine Betriebe“, sagt Jürgen Koch vom Café Atlas in Haidhausen. Ein striktes Rauchverbot entziehe diesen Betrieben die Überlebensgrundlage: „Gewinnt der Volksentscheid „für echten Nichtraucherschutz“ eine Mehrheit, trifft dies die schwächsten unserer Branche am härtesten.“

    Von Julia Stark

    Artikel vom 24.06.2010
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