Noch bis Juli »Baustellenführungen« in der Ludwigskirche

Schwabing/Maxvorstadt · Fieselige Sanierung

Findig hat Pfarrer Ulrich Babinsky den behelfsmäßigen Altar nach vorne verlegt: Die Folie mit dem Gemäldefoto verdeckt die dahinterliegenden Baugerüste. 	F.: ko

Findig hat Pfarrer Ulrich Babinsky den behelfsmäßigen Altar nach vorne verlegt: Die Folie mit dem Gemäldefoto verdeckt die dahinterliegenden Baugerüste. F.: ko

Schwabing/Maxvorstadt · Interessierte sollten sich auf gar keinen Fall die Führung von Pfarrer Ulrich Babinsky durch die Münchner Ludwigskirche in der Ludwigsstraße gegenüber der Schellingstraße entgehen lassen. Noch bis Juli (der finale Termin ist wegen der Bauarbeiten noch offen) erläutert der Seelsorger unter dem Gewirr von Gerüststangen, …

…die im Zuge der Kirchensanierung momentan das Interieur der Kirche beherrschen, was am Gotteshaus alles zu machen ist und war. Endspurt ist angesagt: Ab kommenden Monat werden die Gerüste, die bis zu 26 Meter Höhe unter die Kirchendecke reichen, abgebaut.

Die Sanierung, die mehrere Jahre gedauert hat, ist dann abgeschlossen, in den kommenden fünf bis zehn Jahren soll laut Babinsky noch eine Restaurierung vor allem der kirchlichen Fresken folgen. Fachkundig und mit großer Begeisterung führt der Geistliche im Moment noch jeden Sonntag um 16 Uhr interessierte Besucher durch die Ludwigskirche und erzählt dabei nicht unbedingt etwas über die große Attraktion der Kirche: das weltweit zweitgrößte Altarfresko des deutschen Malers Peter von Cornelius, entstanden in den Jahren 1836 bis 1840.

Stattdessen berichtet der Geistliche etwa von »Putzblasen« und wie in den vergangenen Jahren die inneren Kirchenwände von Asbest befreit wurden. Während der Sanierung des Kirchendaches sei vor ungefähr vier Jahren ein »Taubenei großes Stück Putz« auf dem Boden gefunden worden. »Damals habe ich zum ersten Mal das Wort Putzblase gehört.« Die Sicherheit der Kirchenbesucher war nicht mehr gegeben. Denn treffen die herabfallenden Putzbrocken von bis zu sieben Zentimetern Größe einen Menschen, kann es lebensgefährliche Verletzungen geben. In einer »Hauruckaktion« sind daraufhin 2008 zwischen Palmsonntag und der Karwoche Gerüste und Netze aufgebaut worden, um dem bröckelnden Putz mit Sicherungen durch Hanfdübel Herr zu werden.

Das bröckelnde Mauerwerk hätte Gläubigen gefährlich werden können, der Asbest in den Wänden laut dem Pfarrer jedoch nicht. Eine Putzschicht habe den Schadstoff abgeschirmt, der in den 1950er-Jahren aufgetragen worden war, um die Akustik in der Kirche zu verbessern, was indes nicht der Fall war. Eindringlich schildert Pfarrer Babinsky, wie die Arbeiter der Spezialfirma mit Schutzanzügen und Atemmasken Asbest abgetragen, abgesaugt und »aus den kleinsten Ritzen herausgefieselt« hätten.

900 Quadratmeter Fläche musste im Inneren der Kirche vom Schadstoff befreit werden, der als krebserregend gilt und durch Luftzug im ganzen Gebäude hätte verteilt werden können. Daher wurde in Folienzelten gearbeitet, unter leichtem Unterdruck. Wegen der Asbestentfernung war die Kirche ab Juli 2009 geschlossen.

Und die Wiedereröffnung, vorgesehen für Ende 2009, musste auf Palmsonntag 2010 verschoben werden, denn die mit Schadstoff verseuchten Wände mussten zusätzlich mit Trockeneis beschossen werden: Der Asbest klebte auf einer Bitumenschicht und ließ sich nicht restlos abkratzen. Das Trockeneis löste durch Kälte die Asbestfasern von den Wänden. Die Sanierung, die zirka zwei Millionen Euro gekostet hat, liegt nun in den letzten Zügen.

Folgen soll auf jeden Fall eine Restaurierung der Fresken, doch wann genau sie beginnen kann, weiß Ulrich Babinsky noch nicht. »Wir erstellen erst mal einen Plan, dann gehen wir betteln«, sagt der Geistliche. Denn nach der Sanierung ist nun zunächst Ebbe in der Kasse. Abgewartet werden müssen auch der Beschluss des Ordinariats sowie das O.K. der Denkmalschutzbehörde. Pfarrer Babinsky ist auch wichtig, dass sich die Mitglieder seiner Gemeinde auch mit Ideen einbringen. »Denn es geht nicht nur ums Geld, sondern zuerst um unser Gotteshaus.« Spenden erhält er trotzdem schon – vor allem während seiner Führungen.« Kirsten Ossoinig

Artikel vom 22.06.2010
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