Beim „Sightjogging“ München erleben

München · Bildung im Laufen

Im Dauerlauf die Stadt erkunden: „Kunst-Tour“ bietet „Sightjogging“ unter anderem mit Kunsthistoriker Christoph Engels als Begleiter an. Foto: Kunst-Tour

Im Dauerlauf die Stadt erkunden: „Kunst-Tour“ bietet „Sightjogging“ unter anderem mit Kunsthistoriker Christoph Engels als Begleiter an. Foto: Kunst-Tour

München · Der Begriff „Schaulaufen“ hat in München seit April nicht mehr unbedingt etwas mit Kufen-Akrobatik auf Eis zu tun. „Schaulaufen“ oder „Sightjogging“ ist vielmehr ein Angebot der beiden Kunsthistoriker Daniela und Christoph Engels, die ihre „Kunst-Touren“, Kunst- und kulturhistorische Führungen in der Landeshauptstadt, um eine sportliche Facette erweitert haben.

Örtliche Führungen gibt es wie Sand am Meer. Mit viel Einfallsreichtum kann man sich die Isarmetropole auf dem Fahrrad, begleitet von einem Nachtwächter oder zu Themen wie Nationalsozialismus, Bier und sogar Krankheiten wie Pest, Cholera und Syphilis ansehen. Es gibt geführte „Glaubenswege durch München“ und nicht zuletzt seit dem Ökumenischen Kirchentag den städtischen Pilgerpfad „Macht Barmherzigkeit – Weg der Hoffnung im Münchner Norden“. Im Dauerlauf Wissenswertes über München erfahren, lautet die Idee, die das Ehepaar Engels aus anderen Städten, etwa Barcelona, Berlin oder Rom, aufgegriffen haben. Christoph Engels und zwei weitere sportliche Kunsthistoriker begleiten dabei Interessierte im Joggingtempo auf ausgetüftelten Routen durch die Isarmetropole. Während des Laufs erzählen die kompetenten Begleiter etwas zu den Sehenswürdigkeiten. „Das ist wie Laufen mit Hörkassette“, sagt Christoph Engels. Der Kunsthistoriker joggt selber gerne und hat sich jüngst zusätzlich zum Fitnesstrainer ausbilden lassen. Das Tolle an „Sightjogging“ ist für Daniela und Christoph Engels, dass das „Gemeinschaftserlebnis“ wie bei normalen Führungen durch den sportlichen Aspekt noch verstärkt werde. Man duze sich auf der Strecke, schildert Christoph Engels, und absolviere selbstverständlich auch zusammen ein Aufwärmtraining. „Man tut gemeinsam etwas für Körper und Geist.“ Der kunsthistorische Fitnesstrainer profitiert selbst auch von „Sightjogging“: Denn je individueller eine Gruppe sei, desto mehr teile man sich selber mit. „Und das gibt mir sehr viel.“

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Seit Herbst vergangenen Jahres haben die Organisatoren an der Ausarbeitung der Strecken durch den Englischen Garten, den Nymphenburger Schlosspark, Münchens City, die Isarauen und den Olympiapark gebastelt. Das funktioniere nämlich nicht wie bei normalen Stadtführungen, erklärt der Kunsthistoriker. Denn man müsse ein Gespür fürs richtige Timing bekommen. Außerdem sei ganz wichtig, dass die Akustik beim Lauf stimme, damit die Teilnehmer auch die Geschichten zur Stadt mitbekämen. Christoph Engels halten schlechte Witterungsverhältnisse übrigens nicht vom Laufen ab. „Ich jogge auch bei fünf Grad minus.“ Der harte Winter heuer mit viel Schnee in der Stadt und somit unpassierbaren Wegen hat den Kunsthistorikern allerdings doch einen Strich durch die Rechnung gemacht, mit „Sightjogging“ schon früher zu beginnen. Somit startete das Projekt letztlich im April. Das Tempo beim Laufen bestimmen die Teilnehmer. Engels passt das Niveau an und versucht Jogger zu finden, die gleich schnell sind. „Das ist manchmal schwierig“, räumt er ein. Bei der Anmeldung fragt Engels nach, wie viel Zeit der Interessent für eine bestimmte Strecke braucht, um so ausgeglichene Gruppen zusammen zu stellen. Jüngst ist er mit mehreren Frauen gelaufen, die privat gemeinsam joggen. Das sei dann ideal, sagt der Kunsthistoriker. Die Strecken sind zwischen sechs und zwölf Kilometer lang, eine Tour nimmt zirka eine bis eineinhalb Stunden Zeit in Anspruch. Die Routen können auch während des Laufens individuell angepasst werden. Geht es zum Beispiel durch den Englischen Garten, kann die Runde spontan vergrößert oder verkleinert werden, je nach der aktuellen Kondition der Läufer. Auch Jogginganfänger können ohne Weiteres am Angebot teilnehmen. Sollte es mit dem Laufen noch nicht so gut funktionieren, wird stattdessen „gewalkt“.

Laut Daniela Engels ist das Angebot vor allem für zwei verschiedene Zielgruppen interessant: Zum einen Münchner, die die örtlichen Sehenswürdigkeiten beim privaten Ausdauersport auf Schusters Rappen oft passieren und „immer schon mal wissen wollten, was es damit eigentlich auf sich hat“. Und zum anderen für Geschäftsleute, die bei Kongressen in München zu Gast sind, in der Regel nicht viel Zeit haben, eine ausführliche Stadtbesichtigung zu buchen, und die gerne laufen. „Sightjogging“ kann gerade von Letzteren auch kurzfristig in Anspruch genommen werden. Es reiche, wenn der Hotelconcierge abends für einen Lauf am nächsten Morgen um 7 Uhr Bescheid gebe, sagt Christoph Engels. „Das gehört zum Service.“

Die Führungen auf Laufschuhen gibt es bei „Kunst-Tour“ auf deutsch, englisch und holländisch. Sie kosten zwischen 15 und 160 Euro pro Person, je nach Dauer des Laufes und Anzahl der beteiligten Jogger. Seit 1996 bieten Daniela und Christoph Engels Kunst-Touren durch München an. Sie bieten Stadt-, Museums- und Ausstellungsführungen sowie Tagesprogramme an.

Näheres zu „Kunst-Tour“ gibt es unter www.kunst-tour.de.

Schauen Sie doch auch auf www.samstagsblatt.de vorbei, dort lesen Sie aktuelle Themen und Termine aus München und den Stadtteilen.

Von Kirsten Ossoinig

Artikel vom 27.05.2010
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