6.000 Straßennamen in München

München · Von Amboss bis Zahnbrecher

Skurrile Adresse in Bogenhausen: Auf der Lehmzunge.  Foto: ikb

Skurrile Adresse in Bogenhausen: Auf der Lehmzunge. Foto: ikb

München · Nomen est omen, der Name ist ein Zeichen: Truderinger Straße – klar, die Strecke führt durch den Stadtteil, Am Messesee, klar, der Weg ist am Gelände der internationalen Ausstellungen. Aber Phantasiestraße? Admiralbogen? Diamantstraße? Wie entstehen eigentlich neue Straßennamen, wer ist verantwortlich? Mehr als 6.000 benannte Abschnitte gibt es in München, jedes Jahr kommen etwa 20 neue Bezeichnungen hinzu.

Fürwahr kein leichtes Unterfangen, bei der Namensgebung nicht ins Fettnäpfchen zu treten. Wobei sich die Landeshauptstadt – seit 1801 haben hier die Straßen Namen – wohltuend abhebt von merkwürdigen, teils zweideutigen Benennungen in anderen deutschen Städten. Vier Punkte müssen bei der Vergabe eines Straßennamens – federführend ist das Kommunalreferat – grundsätzlich beachtet werden:

• Nach lebenden Personen werden keine Straßen benannt. • Namen, die zu Verwechselungen mit bereits bestehenden Bezeichnungen führen, zu „Missdeutungen oder Verspottung Anlass geben oder die Anwohner verächtlich machen, dürfen nicht verwendet werden“, heißt es im städtischen Leitfaden. • Neue Namen sollen zu bereits bestehenden Namen der Umgebung möglichst einen „gemeinsamen sachlichen Bezug aufweisen, wie beispielsweise Dichter/innen, Komponisten/innen, Franzosenviertel“. Ein gutes Beispiel dafür ist der Arabellapark mit Elektra-, Daphnestraße und Ariadneweg, eingerahmt von der Richard-Strauss-Straße, • Straßennamen dienen der Orientierung und sollen deshalb „möglichst kurz, einfach und auch für Einheimische leicht verständlich sein. Phonetisch schwer und/oder lange und in der Schreibweise fehleranfällige Namen sind im täglichen Gebrauch bürgerunfreundlich und sollten deshalb vermieden werden“. Das ist aber auch in München nicht immer ganz einfach.

Bei der Benennung von Straßen und Plätzen wird verfahrenstechnisch unterschieden zwischen einer personenbezogenen Bezeichnung und anderen Kriterien „wie Flurnamen, Fauna oder Flora“. Nicht personenbezogene Kriterien obliegen dem jeweiligen Bezirksausschuss in eigener Zuständigkeit, sie „haben das alleinige Entscheidungsrecht“. In den anderen Fällen entscheidet der Stadtrat.

Dass man in München Karriere machen kann, ist allgemein bekannt. Am besten geht’s wohl in der Carrierestraße in Allach. Auf der Zunge vergeht gar mancher Name – beispielsweise Auf der Lehmzunge in Bogenhausen. Der eingangs erwähnte Admiralbogen (Schwabing/Freimann) hat rein gar nichts mit einem Mann in Uniform zu tun, er leitet sich von dem orangefarbenen Falter ab. Glänzen tut wohl immer der Goldlackplatz am Hasenbergl, auch wenn sich oder gerade deshalb dort eine Wertstoffinsel befindet. Rund um die Diamantstraße in Feldmoching funkelt’s in edlen Schattierungen: Rubin-, Opal-, Smaragd-, Kristall- und Granatstraße bilden ein Viertel. Und die Phantasiestraße findet man mit viel Phantasie in Trudering. Ob’s in der Ruhestraße in der Au-Haidhausen stets ruhig ist, sei dahingestellt. Warum vergangenes Jahr die Moosacher Kommunalpolitiker einen Stahlblock zum Anlass nahmen und einen kurzen Abschnitt Ambossstraße benannt haben, bleibt ihr Geheimnis. Ob man im Zahnbrecherweg (Johanneskirchen) auf Granit beißt oder ob’s in der Zechstraße (Sendling) Freibier gibt, das ist ebenso unbekannt.

Neben Feld-, Wald-, Wiesen- und Blumenbezeichnungen sowie diversen weiblichen Vornamen – von Alexandra, Irmgard bis Veronika – fallen in München die vielen klerikalen Begriffe auf wie Am Gottesackerweg, Am Herrgottseck, Am Pfaffensteig, Am Klostergarten, Vierheiligen- und Himmelschlüsselstraße.

Lustiges und Skurriles gibt’s en masse in anderen bundesdeutschen Kommunen, teils geht’s gar unter die Gürtellinie – eine kleine Auswahl: Auf der Gans (Stuttgart), In der Herrlichkeit (Kevelar), Breitarschweg (Baden-Baden), Ellenbogengasse (Wiesbaden), Am Kugelfang (Fürstenfeldbruck), Unter Fettenhennen (Köln), Tittentasterstraße (Wismar), Am Elend (Wuppertal) oder Am Fettpott (Ratingen). Angenehmer ist da schon der Münchner Stadtteil mit dem Namen Freiham – denn: wer wui des net ...?

ikb

Artikel vom 26.05.2010
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