1,5 Millionen Euro Haushaltsdefizit: Hallenbad bleibt offen

Kirchseeon · Galgenfrist fürs Bad

Nicht kopfüber, sondern wohlüberlegt geht der Gemeinderat in die Verschuldung, das Hallenbad bleibt vorerst geöffnet.	Foto: Gemeinde Markt Kirchseeon

Nicht kopfüber, sondern wohlüberlegt geht der Gemeinderat in die Verschuldung, das Hallenbad bleibt vorerst geöffnet. Foto: Gemeinde Markt Kirchseeon

Kirchseeon · Bei der Haushaltsdebatte des Gemeinderates vergangenen Montag drehte sich – wie auch schon in der Vorbesprechung – alles um das Hallenbad. Die Frage lautete: Schließung oder nicht. Mit 180.000 Euro schlägt der Betrieb zu Buche, bei einem Haushaltsdefizit von insgesamt 1,5 Millionen Euro ein nicht unerheblicher Betrag. Entstanden sei das Loch, weil 1,2 Millionen weniger Einkommensteuer eingenommen wurde als erwartet, die Betriebskosten für Liegenschaften von 355.000 auf 658.000 Euro und der Betriebskostenzuschuss für Kindergärten von 389.000 auf 876.000 Euro gestiegen sei.

Könne man sich da noch den Luxus eines Hallenbades leisten? Auch in der CSU-Fraktion stand der Punkt in den Beratungen der letzten Tage ganz oben auf der Liste. Nun präsentierte Bürgermeister Udo Ockl stellvertretend für seine Partei das Ergebnis: »Wir wollen der Einrichtung noch eine Chance geben und die Schließung erst einmal um ein Jahr verschieben. Allerdings müssten die Gebühren angehoben werden: Für Kinder von 1,50 Euro auf 2,50 Euro, für Erwachsene von 3 Euro auf 5 Euro, die Zehnerkarte wird nur noch zehn statt 20 Prozent Ermäßigung bringen und Senioren erhalten keine Ermäßigung mehr«, so Ockl.

Weiterer Artikel zum Thema:

Außerdem soll die Nutzungsgebühr für Vereine, Schulen und Firmen von 25 auf 40 Euro angehoben werden. Alles zusammen würde dies 30.000 Euro Mehreinnahmen erbringen – falls die Badegäste auch weiterhin kommen und nicht aufgrund der Verteuerung wegbleiben, wie Christoph Köhler (Grüne) befürchtet. »Dann zeigt mir das aber, dass den Bürgern das Bad nicht so wichtig ist und wir es sowieso schließen können«, sagte Ockl. Wenn sich die Haushaltslage im nächsten Jahr nicht bessere, würde dies im Sommer 2011 ohnehin geschehen müssen.

Das Argument der SPD, bei einer Schließung des Hallenbades bliebe die Gemeinde immer noch auf Kosten für Heizung und Instandhaltung des Gebäudes sitzen, räumte Ockl vom Tisch: »Wenn zu ist, fass ich es nicht mehr an, da sind keine Kosten mehr, höchstens vom Personal, das anderweitig in der Gemeinde eingesetzt wird«. Und wenn es vermietet und anderweitig genutzt würde, wären sogar Einnahmen zu erwarten. Mehr Einnahmen hätte man auch schon, wenn nicht einige Badegäste »schwarz« schwimmen würden. »Im Zuge einer Satzungsänderung sollten wir ein Bußgeld für diejenigen einführen, die ohne Eintrittskarte zum Schwimmen gehen«, sagte Ockl.

Der Vorschlag, andere Gemeinden ohne Hallenbad, die das Kirchseeoner Bad nutzen, um Kostenbeteiligung zu bitten, fand keinen Zuspruch. »Das macht keiner. Vielleicht dann, wenn wir die letzte Gemeinde sind, die ein Hallenbad hat«, so Ockl. Schließlich sprach sich der Gemeinderat einstimmig für die Gebührenerhöhung aus und einer Neuvorlage des Themas im nächsten Jahr.

Mehr Grund- und Gewerbesteuer Köhler hatte außerdem eine »Hallenbad-« oder »Sport-Steuer« vorgeschlagen, räumte aber zugleich ein, dass man ebenso die Grundsteuer anheben könnte, damit die Kosten von der Allgemeinheit getragen werden – und das gleich von derzeit 270 Punkten auf 420. Die CSU hatte 390 Punkte und die SPD 350 Punkte vorgeschlagen, einstimmig wurde schließlich der CSU-Vorschlag angenommen. Die Mehreinnahmen betragen hierdurch 310.000 Euro im Jahr. Auch die Gewerbesteuer will die Gemeinde um 30 Punkte auf 330 Punkte anheben, das bedeutet 70.000 Euro mehr in der Haushaltskasse. Die Büchereigebühr von 15 Euro pro Jahr sowie das Kopiergeld für Schüler sollen auch wieder eingeführt werden (je 5.000 Euro Mehreinnahmen), und die Kindergartengebühren sollen von nun an jedes Jahr um 10 Euro – bis zu 90 Euro – pro Kind und Monat angehoben werden (17.000 Euro Einnahmen noch 2010). Weiterhin einigte man sich auf eine pauschale Nutzungsgebühr für die Schulturnhallen Kirchseeon und Eglharting (6.000 Euro Mehreinnahmen), und eine Erhöhung der Hundesteuer von 40 auf 50 Euro (4.000 Euro Plus).

Gegen die Stimmen der Grünen und Freien Wähler (FW) wurde der Verkauf von Gemeindewohnungen abgelehnt, der laut Beschlussvorlage Einnahmen in Höhe von 650.000 Euro erbracht hätte. »Wir sind noch nicht so weit«, erklärte Ockl. Er habe bereits Gespräche geführt, aber ein Kaufvertrag könne dieses Jahr ohnehin noch nicht abgeschlossen werden, so dass der Punkt 2010 keine Rolle spiele. Einsparen will die Gemeinde bei geplanten Investitionen für die Jahre 2011 bis 2013. So wird gegen die Stimmen der SPD die Erneuerung der WC-Anlage am Bahnhof auf Eis gelegt und die Bezuschussung des evangelischen Gemeindehauses um ein Jahr verschoben, ebenso der Ausbau der Koloniestraße. Auf die Anschaffung eines neuen Servers will die Gemeinde allerdings nicht verzichten (Gesamtkosten inklusive Schulungen und Software: 50.000 Euro), ebensowenig auf die Sanierung des maroden Terrassendachs am Rathaus. »Wenn wir den Server um ein Jahr verschieben kann es sein, dass er uns zwischenzeitlich abschmiert und nichts mehr geht im Rathaus«, mahnte Ockl. Und das Terrassendach nur provisorisch zu flicken bedeute zwar erst mal weniger Geld zu investieren, aber zusätzliche Kosten.

Notwendig sei auch die Ausstattung der Feuerwehren Eglharting und Buch mit neuen Fahrzeugen. Die Anschaffung sei ohnehin schon zwei Jahre verschoben worden. Die alten Fahrzeuge sind über 20 Jahre alt »und wenn was ist, haben wir ein Problem«, warnte Ockl.

Nach Berechnungen des Kämmerers Robert Ess verbliebe nach den Beschlüssen ein Defizit von rund 1,1 Millionen Euro, das der Gemeinderat durch die Entnahme von Rücklagen in Höhe von 500.000 Euro sowie eine Darlehensaufnahme in Höhe von 565.000 Euro ausgleichen will. Dies wurde von allen Mitgliedern einstimmig angenommen. »2011 geht’s uns wieder besser«, meinte Ockl zuversichtlich. Da die Gemeinde 2008 nur geringe Steuereinnahmen hatte, nach denen sich die Kreisumlage – derzeit rund vier Millionen Euro – berechnet, könne man 2011 mit 800.000 Euro Mehreinnahmen rechnen. Sybille Föll

Artikel vom 13.04.2010
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...