Projekt für Türken: Älter werden in Deutschland

Neuperlach · Zwischen den Welten

Sie sind nach Deutschland gekommen, um irgendwann wieder in die Heimat zurückzukehren – doch nun sind sie hier alt geworden.	Foto: Veranstalter

Sie sind nach Deutschland gekommen, um irgendwann wieder in die Heimat zurückzukehren – doch nun sind sie hier alt geworden. Foto: Veranstalter

Neuperlach · Am Mittwoch startet ein neues Migrationsprojekt unter dem Titel »Älter werden in Deutschland« im Alten- und Service- Zentrum (ASZ) Perlach am Theodor-Heuss-Platz 5. Es richtet sich in erster Linie an Mitbürger türkischer Herkunft ab 50 Jahre. Die sechsteilige Informationsreihe läuft zweisprachig bis 19. Mai jeden Mittwoch. Die Teilnehmer erhalten Informationen über Hilfs- und Dienstleistungen sowie Aktivitäten für Senioren im Stadtbezirk Ramersdorf/Perlach. Zur Auftaktveranstaltung wird der türkische Generalkonsul in München, Ali Rifat Köksal, erwartet.

Hauptziel der Informationsreihe ist, »langfristig die bestehenden Angebote der Altenhilfe für Türken zugänglich zu machen«, erklärt Birgit Lipowsky vom ASZ Perlach. Sie ist eine der zehn Projektleiterinnen der Fachstellen vor Ort, mit denen das Sozialreferat beim Projekt kooperiert: ASZ, Arbeiterwohlfahrt Kreisverband München-Stadt e.V. (AWO), Wohlbedacht e.V. – Wohnen für Menschen mit Demenz, Donna Mobile, Bewohnertreff Quiddezentrum und ZAK – Zusammen Aktiv in Neuperlach e.V.. Der Bezirksausschuss (BA) 16 Ramersdorf-Perlach und der Ausländerbeirat München fördern das Projekt, das sich an die größte nicht-deutsche Bevölkerungsgruppe in München richtet. 42.263 türkische Staatsangehörige wurden am Stichtag 31.12.2008 gezählt, so das Statistische Amt München.

In Ramersdorf/Perlach wurden ein Jahr später 1006 Türken der Altersgruppe 55 bis 99 Jahre gezählt. Bei den Teilnehmern soll die Bereitschaft geweckt werden, bei Bedarf auch institutionelle Hilfe anzunehmen. »Wir haben Generationen lang nichts gemacht, um Ältere zu integrieren, weil wir dachten, sie würden zurück gehen in die Türkei. Die Türkei hat sich aber radikal geändert, die alten Dörfer haben sich zu Kleinstädten gewandelt, die sie nicht mehr kennen«, erklärt Regine Alyelken vom Bewohnertreff Quiddezentrum. »Sie haben ihr Leben lang hart gearbeitet, erhalten Rente, sind aber immer noch auf dem Absprung, ohne zu wissen, wohin sie springen sollen«, schildert Alyelken das Rückkehr-Dilemma, das eine aktive Auseinandersetzung mit dem Altern in Deutschland behindert. Auch machten Bluthochdruck, Diabetes und massives Übergewicht bei vielen älteren Türken eine intensivere Betreuung notwendig. Doch könnten sich ihre Kinder wegen Berufstätigkeit und eigener Familie nicht mehr so um sie kümmern, wie es früher in der Türkei üblich war.

»Man muss Türken an die Angebote heranführen, man muss aber auch die bestehenden Angebote mehr auf Türken und ihre Wünsche ausrichten«, betont Alyelken. Hier setzt die Informationsreihe an: In der Gruppe von etwa 15 Personen wird mit den immer gleichen Mitarbeitern erst die belastende emotionale Situation besprochen, dann über hiesige Angebote und Finanzierungsfragen sowie den Lebensabend alter Menschen in Deutschland informiert. Eine Exkursion zu verschiedenen Tagespflegeeinrichtungen rundet dies ab, bevor erfragt wird, welche Aktivitäten, Hilfs- und Dienstleistungen sich ältere Menschen türkischer Herkunft wünschen. Der gesamte Kurs findet in Deutsch und Türkisch statt.

Am Schluss erhalten die Teilnehmer einen kleinen, zweisprachigen Bildband mit Fotos der Treffen und wichtigen örtlichen Adressen. Er soll anregen, die gewonnenen Informationen weiterzugeben und im Bedarfsfall mit Unterstützungsanbietern Kontakt aufzunehmen. Das klappt in Feldmoching/Hasenbergl, wo das Projekt bereits durchgeführt wurde, gut. »Einige Teilnehmer der inzwischen zwei Kurse arbeiten jetzt ehrenamtlich in der Demenzhilfe und als Helfer in Altenheimen«, berichtet Karin Braun von INKA – Interkulturelle Altenhilfe im Münchner Norden.

Weitere Infos über das Projekt in Ramersdorf/Perlach gibt es unter Tel. 67 82 02 60. Ho geldiniz! – Sie sind herzlich willkommen! A. Boschert

Artikel vom 13.04.2010
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