Taufkirchen · Engagement belohnt

Anne Jung hilft seit Jahren ehrenamtlich im Reittherapiezentrum Wörnbrunn. Das wurde jetzt mit einem Stipendium belohnt. Foto: mst

Taufkirchen · Seit Jahren opfert sie ihre Freizeit, um gesunden und behinderten Kindern im Grünwalder Reittherapiezentrum die Liebe zu den Pferden und zur Natur zu vermitteln. Der Einsatz von Anne Jung aus Taufkirchen ist so vorbildlich, dass man auch in Nordrhein-Westfalen auf sie aufmerksam geworden ist: Für das soziale Engagement der 15-Jährigen, die derzeit die neunte Klasse im Oberhachinger Gymnasium besucht, hat ihr der gemeinnützige Schüler-Austausch-Verein aus Köln, »Open Door International«, ein mit 1.500 Euro dotiertes Stipendium verliehen.

Von Dutzenden von Bewerbern haben gerade einmal drei den Zuschlag erhalten – einer davon ging nach Oberbayern. Am 17. Juli heißt es für die Taufkirchenerin Abschied nehmen: Zehn Monate lang, bis Mai 2011, wird sie von ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester getrennt sein, um in Córdoba in Argentinien bei einer Gastfamilie Spanisch zu lernen und dort die zehnte Klasse zu besuchen. Die Koffer gepackt hat sie zwar freilich noch nicht, doch die Nervosität ist in den vergangenen Tagen spürbar gestiegen, wie die Teenagerin mit den blonden schulterlangen Haaren lachend verrät: »Ich werde vieles vermissen, wenn ich in Südamerika bin.« Seit mehreren Jahren ist sie es gewohnt, in den Ferien früh aufzustehen und hart zu arbeiten: Von 8.30 bis 17.00 Uhr dauert ihr Einsatz auf dem Gestüt nahe der Rodungsinsel Wörnbrunn in Grünwald, wo Inhaber Paul Krächan ein Reittherapiezentrum unterhält.

Sie selbst hat das Reiten bereits mit sieben Jahren erlernt – nun kann Anne Jung ihr Wissen und ihr Können an den Nachwuchs weitergeben. So unterweist sie die Kinder darin, wie man Zaumzeug und Sattel bestmöglich pflegt, wie man erkennt, ob ein Vierbeiner krank ist, und worauf es beim Reiten ankommt. Vergangene Woche ist ein Schmied gekommen und hat den Tieren die Hufe geschnitten – für die Kinder sei es ein spannendes Erlebnis gewesen, einmal zu sehen, dass auch Pferde ihre tägliche Körperpflege benötigen.

Auch die Psychologie der Tiere gilt es auszuloten: »Wenn ein Tier schreckhaft ist, muss man ganz anders mit ihm umgehen und immer die Umgebung genau im Blick haben«, weiß Jung. Einmal wöchentlich geht es hinaus in den nahe gelegenen Deisenhofener Forst, wo ganz praktische Fertigkeiten eingeübt werden. Ziel des therapeutischen Reitens auf dem Gutshof ist es, Menschen im Alter zwischen drei und 54 Jahren zu helfen, die Probleme im sozialen und emotionalen Bereich sowie sprachliche und motorische Defizite haben. »Global Family« nennt Initiator Paul Krächan seine Form der Reittherapie, die er 1997 ins Leben gerufen hat und für die inzwischen zwölf Pferde zur Verfügung stehen.

»Das therapeutische Reiten ist eine Hilfe zur Bewältigung der Unebenheiten des Lebens«, schildert Krächan, der Unterricht in kleinen Gruppen von sechs bis zwölf Personen erteilt. Auch die Natur ist ein großer Lehrmeister: Keiner weiß das besser als die 15-jährige Pferdeliebhaberin, die von morgens bis abends draußen auf den Beinen ist und der weder Regen, Wind oder Kälte etwas anhaben können. In der Schulzeit kann sich Anne Jung über zu wenig Arbeit ebenfalls nicht beklagen: Das achtstufige Gymnasium fordert seinen Tribut, dreimal wöchentlich hat sie bis 15.30 Uhr Unterricht. Hinzu kommen die Hausaufgaben – da bleibt ihr kaum noch Zeit, andere Hobbys wie Badminton zu pflegen. Genau dieser Fleiß und diese Einsatzbereitschaft haben für »Open Door International« den Ausschlag gegeben, sich für Jung zu entscheiden, als ihre Bewerbung für das »Simon-Bolivár-Stipendium« im Kölner Büro einging: »Anne ist ein fleißiges, intelligentes und extrem engagiertes Mädchen, das Vorbildliches für die Gesellschaft leistet«, begründet Sprecherin Kerstin Doppelfeld die Entscheidung. Am 23. April wird ihr das Stipendium in feierlichem Rahmen in der rheinländischen Metropole überreicht. mst

Artikel vom 06.04.2010
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