Spannende Entdeckungen beim Tag der Archive im Stadtarchiv

Schwabing · Wie in Jerusalem

Michael Stephan fühlt sich fast wie in Jerusalem: Das Arbeitszimmer von Schalom Ben-Chorin ist originalgetreu ins Stadtarchiv verlegt worden. 	Foto: ko

Michael Stephan fühlt sich fast wie in Jerusalem: Das Arbeitszimmer von Schalom Ben-Chorin ist originalgetreu ins Stadtarchiv verlegt worden. Foto: ko

Schwabing · Beim »Tag der Archive« können Interessierte am kommenden Samstag, 6. März, von 10 bis 17 Uhr auch einen Blick hinter die Kulissen des Stadtarchivs an der Winzererstraße werfen. Unter dem Motto »Vielfalt des Erinnerns« bieten heuer 20 Münchner Archive Einblick in ihre Bestände. Im Stadtarchiv bedeutet dies Ausstellungen, Führungen und die Besichtigung des originalen Arbeitszimmers von Schalom Ben-Chorin (1913-1999), Journalist, Schriftsteller und Religionswissenschaftler, der einen Teil seines Lebens in München verbracht hat.

Fast glaubt man, tatsächlich in Jerusalem zu sein, so liebevoll und detailgetreu ist die Wirkstätte Ben-Chorins im Stadtarchiv aufgebaut. Seine Bibliothek, Familienfotos und sogar eine kleine Bar beinhaltet der Raum. Darin werden das ganze Jahr über Veranstaltungen zu Schalom Ben-Chorin, übersetzt »Frieden, Sohn der Freiheit«, und der als Fritz Rosenthal geboren wurde, laufen. Beim »Tag der Archive« bieten neben dem Arbeitszimmer schon Fotos Aufschluss über das Leben des jüdischen Journalisten. Spannend verspricht am Samstag auch die Ausstellung »Für die Zukunft gesichert.

Neuzugänge und Neuentdecktes im Stadtarchiv München« zu werden. Bei vielen der »Neuzugänge« dreht es sich um Urkunden: Seit September sind nämlich alle Münchner Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden statt wie früher im Standesamt nun im Stadtarchiv gelagert. Für Dr. Michael Stephan, Leiter des Stadtarchivs, war die Übernahme der Dokumente die bisher größte Herausforderung seit seinem Amtsantritt im Dezember 2008: »Im Moment haben wir die Urkunden in Bänden gelagert, das sind aktuell über 560 laufende Meter«, sagt Stephan. Und es werden mehr. Denn jedes Jahr kommen neue Dokumente hinzu. Die Geburtsurkunden stammen aus den vergangenen 110, Heiratsurkunden aus den vergangenen 80 und Sterbeurkunden aus den vergangenen 30 Jahren.

Unter den katalogisierten Unterlagen trifft man auf illustre Namen: Man kann nachlesen, wann etwa Gottfried Benn, Thomas Mann und Bertolt Brecht jeweils den Bund der Ehe geschlossen haben. »Von Brecht ist außerdem die komplette Scheidungsgeschichte dokumentiert«, erzählt Michael Stephan. Dass die Urkunden mittlerweile im Stadtarchiv einzusehen sind, hat sich laut dem Stadtarchivleiter mittlerweile herumgesprochen. Pro Tag bearbeiten Stephans Mitarbeiter zwischen 15 und 20 Anfragen – unter anderem von Familienforschern und Erbermittlern. Bei der Ausstellung über die Neuzugänge werden in der Rotunde des Stadtarchivs auch Originalurkunden zu sehen sein.

Aber nur am »Tag der Archive« am kommenden Samstag. Denn durch die dauernde Lichteinstrahlung würden die Dokumente Schaden nehmen. Das Team des Stadtarchivs steht den Besuchern am kommenden Samstag auch für Führungen zur Verfügung. Neben dem Arbeitszimmer Schalom Ben-Chorins und dem Lesesaal geht es dann unter fachmännischer Anleitung auch in die Räume des Stadtarchivs, die normal nicht öffentlich zugänglich sind: die Restaurierungswerkstatt und die Magazine. K. Ossoinig

Artikel vom 02.03.2010
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