Münchner Verein Subsidium unterstützt Straftäter

München · Zurück ins Leben

Rechtsanwalt Dr. Adam Ahmed (li.) und Thomas Jakob Renner helfen mit dem Verein Subsidium Straftätern auf ihrem Weg in ein geregeltes Leben. Foto: ko

Rechtsanwalt Dr. Adam Ahmed (li.) und Thomas Jakob Renner helfen mit dem Verein Subsidium Straftätern auf ihrem Weg in ein geregeltes Leben. Foto: ko

Sie helfen Häftlingen auf ihrem Weg in ein geregeltes Leben: die Mitglieder des Münchner Vereins Subsidium, der jetzt im Januar ein Jahr alt geworden ist. Dabei suchen sie Jobs für die Strafgefangenen nach der Haft, unterstützen bei Behördengängen oder hören sich einfach nur Probleme, Sorgen und Nöte an. Vor allem moralischen Beistand hat sich Annabella F. (55, Name geändert) beim Verein geholt.

Die Vorweihnachtszeit im vergangenen Jahr war für sie psychisch besonders schwer. „Weihnachten haben mein Mann und ich immer richtig zelebriert.“ Nicht so 2009. Denn Annabella F., die wegen Betrugs im Frauengefängnis Neudeck einsaß und im Juli nach knapp einem Jahr Haft entlassen wurde, musste die Zeit danach allein überwinden. Ihr Mann sitzt bis heute in Untersuchungshaft in Stadelheim ein. In einer E-Mail hat sie sich an Subsidium-Gründungsmitglied und Schauspieler Thomas Jakob Renner gewandt – und Kraft aus seiner elektronischen Antwort gezogen. „Herrn Renners Mail hat mich angenehm berührt.“ Annabella F. wusste, dass das Gründungsmitglied selbst eine Haftstrafe verbüßt hat. Das ist für sie der Anlass gewesen, Kontakt aufzunehmen. Denn spreche man mit einem, der selbst betroffen ist, habe das eine andere Qualität. Vorher hat sich Annabella F. mit Sozialpädagogen unterhalten. „Deren Wissen ist aber nur theoretisch.“

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Thomas Jakob Renner (39), der wegen mehrerer Delikte im Gefängnis war und auch eine Therapie wegen Alkoholmissbrauchs im Bezirkskrankenhaus Haar hinter sich hat, kennt die Probleme der Straffälligen während der Haft und nach ihrer Entlassung. Für ihn war nach Gefängnisaufenthalt und Therapie wichtig, Menschen zu finden, „an die ich mich anlehnen konnte und die mir auch mal eine positive Rückmeldung gegeben haben“. Zu diesen Menschen hat auch Strafverteidiger Dr. Adam Ahmed gehört. Der Rechtsanwalt war Renners dritter Rechtsbeistand, das Verhältnis zu den vorherigen sei „oberflächlich und unpersönlich“ gewesen.

Ahmed und Renner haben sich nicht nur über die strafrechtlichen Themen unterhalten, die Renner persönlich betroffen haben, sondern auch über die allgemeine Situation von Inhaftierten und deren Unkenntnis über bestehende Hilfsangebote. Daraus entstand die Idee zu Subsidium, bis im Januar 2009 schließlich der Verein eingetragen wurde. „Subsidium“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Hilfe, Beistand“. Und das wollen Renner, Ahmed und weitere Mitstreiter leisten. Laut Ahmed lässt die staatliche Resozialisierung oft zu wünschen übrig. „Die Häftlinge werden nach dem Gefängnisaufenthalt einfach ins Leben ausgespuckt, aber nicht darauf vorbereitet.“ Menschen, die aus dem Gefängnis oder einer Entzugsklinik entlassen würden, stünden meist vor dem Nichts.

Subsidium unterstützt Hilfebedürftige bei der Suche nach einer Wohnung und einem Job sowie beim Kontakt zu Ärzten, Psychologen, Rechtsanwälten und Hilfsorganisationen. Thomas Jakob Renner kennt viele potenzielle Arbeitgeber für die Strafgefangenen aus seinem früheren Leben. Bei der Jobvermittlung schafft es daher Vertrauen, dass die Arbeitgeber Renner und seinen jetzigen Weg als positives Beispiel sehen. Außerdem hat es laut dem 39-Jährigen auch Vorteile, Ex-Häftlinge einzustellen: „Jemand, der einen schwierigen Lebensweg hinter sich gebracht hat, ist sehr viel belastbarer und hat tolle Fähigkeiten.“ Die Arbeit für Subsidium gibt Renner selbst auch den nötigen Halt: „Das mache ich nicht nur uneigennützig. Die Tätigkeit im Verein ist mein persönliches Resozialisierungsprogramm. Das ist mein Anker, den ich brauche und pflege.“ Außerdem hat das Subsidium-Gründungsmitglied zwei gute Freunde, mit denen er über alles reden kann. Dirk Häger (35) und Karl Lehberger (49) hat Renner im Bezirkskrankenhaus Haar kennen gelernt. Mittlerweile stützen sie sich gegenseitig, wenn es im täglichen Leben mal hart auf hart kommt.

Momentan versuchen die Vereinsmitglieder Ausweise für Gefängnisse in München und Umgebung zu bekommen, um mit Straftätern bereits während ihrer Haft Kontakt aufnehmen zu können. Damit wollen sie bewusst auf die Menschen zugehen, denn bislang muss ein Häftling selbst eine Besuchserlaubnis beantragen, wenn er mit einem Subsidium-Mitglied sprechen möchte. Vom Verein erfahren können Gefangene durch Flyer, die vom Verein an die Gefängnisse verteilt werden. Angehörige von Straftätern können sich im Internet unter www.subsidiumev.de schlau machen. Außerdem kann man über folgende Telefonnummer Kontakt zu Subsidium aufnehmen: 08 00/3 77 70 00 (kostenfrei aus dem deutschen Festnetz). Von Kirsten Ossoinig

Artikel vom 28.01.2010
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