Kunstprojekt in der Heilig Kreuz Kirche startet

Giesing · Engel über Giesing

Der Künstler und sein Werk: Zusammen mit Engelbert Dirnberger (l.), Pfarrer der Kirche Heilig Kreuz, begibt sich der Skulpteur Ottmar Hörl ganz unter die Fittiche eines seiner 300 goldenen Schutzengel. Foto: mst

Der Künstler und sein Werk: Zusammen mit Engelbert Dirnberger (l.), Pfarrer der Kirche Heilig Kreuz, begibt sich der Skulpteur Ottmar Hörl ganz unter die Fittiche eines seiner 300 goldenen Schutzengel. Foto: mst

Giesing · Wer derzeit die Heilig Kreuz Kirche betritt, hat das Glück auf ­seiner Seite – wird er doch von allen Seiten umschwärmt: 300 goldene Schutzengel sind dort im Baugerüst verankert und empfangen den Besucher wie eine muntere Schar freudiger Himmelsboten. Obwohl sie fest mit dem Gestänge verbunden sind, scheinen sie angesichts ihrer immensen Zahl regelrecht herumzuflattern.

Es ist ein überwältigendes Gefühl, wie die Gottesboten in nachdenklicher Pose dasitzen, mit der auf das Kinn gestützten Hand majestätischen Ernst ausstrahlen, dabei gleichzeitig wie schwerelos wirken und vollständig vom Betrachter Besitz ergreifen. Die Absicht des Künstlers Ottmar Hörl, innezuhalten und über die bizarren Objekte zu staunen, hat jedenfalls voll ihren Zweck erfüllt. »Engel über München« heißt das Kunstprojekt, das vom 13. Dezember bis zum 2. Februar kommenden Jahres in dem katholischen Gotteshaus zu sehen sein wird. Nach den Projekten »BeBoz«, »Inzwischen« und »Credo« mit Plakaten, Schildern und Leucht­installationen sind es nun die Schutzengel, die in die höchstgelegene Kirche Münchens eingezogen sind. Wieder einmal ist es Pfarrer Engelbert Dirnberger gelungen, das triste Aussehen des Kircheninneren, das wegen Sanierungsarbeiten noch über Jahre hinweg vollständig eingerüstet sein wird, mit Fantasie und Kreativität zu beflügeln und so aus der Not eine Tugend zu machen: »Mehrere hundert Schutz­engel sind in das Gerüst gesetzt. Das Gold der Engel gibt dem stählernen Baugerüst eine wundersame Erhebung«, schwärmt er und sieht göttliches Walten am Werk: »Es ist, als käme ein Stück Himmel auf die Erde. So beschreibt die Ausstellung den Spannungsbogen zwischen Diesseits und Jenseits, Erde und Himmel, Mensch und Gott.«

Das Besondere: Über den Kauf eines oder mehrerer Engel kann jeder Besucher Teil dieses von der Katholischen Kirchenstiftung Heilig Kreuz organisierten Kunstprojektes werden. Es wird mit einer Vernissage am 13. Dezember im Anschluss an den Pfarrgottesdienst um 11.15 Uhr eröffnet. Dann sind der Kauflust Tür und Tor geöffnet: Die 42 Zentimeter hohen Engel können zu einem Preis von 150 Euro erstanden werden, ein vom Künstler handsigniertes Objekt kostet 300 Euro. Der Reinerlös der Aktion fließt in die Töpfe des Fördervereins »Heilig Kreuz Giesing«, der damit die Innenrenovierung der Kirche mitfinanzieren will. Dirnberger gibt sich zuversichtlich, dass mit diesem vierten Kunstprojekt die unschöne bauliche Situation für die Gläubigen ein wenig erträglicher sein werde: »Die Ungewissheit über den Verlauf der Renovierung belastet die Gemeinde«, bekennt der Geistliche. Wer bete schon gerne »im Käfig eines stählernen Baugerüsts?« Moderne Kunst und Kirche, da ist sich Dirnberger sicher, fänden in diesem Projekt zusammen.

Hörl räumte ein, dass ihn die Tristesse des Kircheninneren anfangs ein wenig befangen gemacht und er an einem Gelingen der Aktion gezweifelt habe. Doch dann sei es ihm regelrecht wie Schuppen von den Augen gefallen – gerade wegen dieses Umstandes: »Ich habe es als Herausforderung gesehen, den Raum zu verwandeln und ihn in Bewegung zu versetzen. Dann hat sich die triste Ausstrahlung gelohnt.« Die nachdenkliche Haltung der Himmelsboten interpretiert Hörl als »Mahnung von oben«: Zwar handle es sich bei den Objekten um Schutzengel, doch es sei falsch zu glauben, die Zukunft der von einer Vielzahl von Gefahren bedrohten Erde bedürfe ausschließlich göttlichen Beistandes. Der Mensch selbst müsse vielmehr zur Umkehr gezwungen werden, »um diesen Wahnsinn zu stoppen«. Dieser Einsicht auf die Sprünge zu helfen, dafür machten sich seine Objekte stark. Hörl ist als »Konzeptkünstler für den öffentlichen Raum« längst kein unbeschriebenes Blatt mehr: Seine Skulpturen befassen sich stets mit gesellschaftlichen, politischen und geschichtlichen Fragestellungen und waren schon vielerorts zu sehen. Er wolle allerdings keine »bleibenden Werte« schaffen, wie der Präsident der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg bekennt: »Mich interessiert der Gedanke des Auftauchens und Verschwindens. Verschwinden sollen auch die 42 mal 20 Zentimeter großen Schutzengel: Gläubige und Kunstliebhaber mögen die Himmelsboten mit nach Hause nehmen und so ein Teil des Kunstprojekts werden.« Finanziert hat die Ausstellung die »Stiftung Straßenkunst« der Stadtsparkasse München. Weitere Informationen zu dem Projekt sind im Internet unter www.engel-ueber-muenchen.de erhältlich. mst

Artikel vom 09.12.2009
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