Bezirksausschüsse legen sich gegenseitig »Eier ins Nest«

Trudering · Chaos ohne Ende

Zu Stoßzeiten geht rund um die Niederalmstraße fast nichts mehr – wie an einigen anderen neuralgischen Punkten im Stadtbezirk auch.  Foto: Kohnke

Zu Stoßzeiten geht rund um die Niederalmstraße fast nichts mehr – wie an einigen anderen neuralgischen Punkten im Stadtbezirk auch. Foto: Kohnke

Trudering · Das Verkehrschaos entlang der Nord-Süd-Achse in Münchens Osten sorgt auf den Sitzungen des Bezirksausschusses Trudering-Riem (BA 15) seit langem für Zündstoff. Erneut haben sich jetzt Bürger verzweifelt an das lokale Gremium gewandt.

Brennpunkte diesmal: die fehlende Umgehung Kirchtruderings sowie die prekäre Verkehrssituation rund um Niederalmstraße und Hugo-Lang-Bogen. Problematisch im letzteren Fall sind zudem konträre Lösungsansätze des angrenzenden Bezirksausschusses Ramersdorf-Perlach.

»Jetzt legt uns der BA 16 das nächste Ei ins Nest, die Niederalmstraße«, äußerte sich Dr. Stephanie Hentschel verärgert. Ein Teil des Problems sei, dass die Kafka-Straße in Neuperlach verkehrsberuhigt wurde, dafür aber zwangsläufig eine Mehrbelastung der Zehntfeldstraße erfolgte. Die von der Stadt angedachten Beruhigungsmaßnahmen an einer Parallelstraße dürften jedoch nicht dazu führen, dass diese Belastung einseitig von den Anwohnern der Zehntfeldstraße getragen würden.

Rund um die Niederalmstraße zentrieren sich die Probleme. Zu Stoßzeiten geht hier nichts mehr. Wartezeiten von bis zu zehn Minuten und mehr muss beispielsweise in Kauf nehmen, wer mit seinem Fahrzeug vom Hugo-Lang-Bogen aus in den Karl-Marx-Ring einbiegen will. In der Niederalmstraße hingegen klagen die Anwohner über chaotische Zustände, Hupkonzerte, abgefahrene Rückspiegel und gefährliche Ausweichmanöver auf den Gehwegen.

Es besteht offenkundig Handlungsbedarf: In einem interfraktionellen Antrag forderte der BA 15 des- halb die Stadt auf, ver­kehrsberuhigende Maßnahmen in der Zehntfeldstraße zwischen dem Kreuzungspunkt Friedenspromenade/Friedrich-Creuzer-Straße und der Kreuzung Hugo-Lang-Bogen/Feldbergstraße zu prüfen und umzusetzen. Im gleichen Zug wurde das Kreisverwaltungsreferat aufgefordert, für die Niederalmstraße andere verkehrsberuhigende Maßnahmen als die Widmung als Anliegerstraße oder das Linksabbiege-Verbot zum Hugo-Lang-Bogen (wie vom BA 16 gefordert) zu überprüfen. Und, betonte die Vorsitzende, man weise ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dem morgendlichen Verkehr in der Niederalmstraße nicht um klassischen Schleichverkehr, sondern um originären Anwohnerverkehr aus der Grenzkolonie handele.

In einem Ergänzungsantrag dazu forderte CSU-Sprecher Sebastian Schall, die Ampel an der Kreuzung Zehntfeld-/ Feldbergstraße und Hugo-Lang-Bogen dem Verkehr bedarfsgerecht anzupassen. »Nur je zwei Linksabbieger, die in den Hugo-Lang-Bogen aus nördlicher Richtung einbiegen wollen, können hier passieren«, so Schall. Das sei wohl der Grund, warum viele Verkehrsteilnehmer die Niederalmstraße benutzten, um die lange Ampelphase zu umgehen. Die Anträge erhielten volle Unterstützung.

»Das ist wirklich eine verfahrene Kiste«, meint der CSU-Landtagsabgeordnete Markus Blume auf Anfrage des Südost-Kuriers zur Lage. Denn der Konflikt könne sich auch negativ auf die nachbarschaftliche Beziehung zwischen Trudering und Perlach auswirken. Er habe für die Lage beider Stadtbezirke Verständnis. Beide Parteien, BA 15 und BA 16, müssten gemeinsam an einen Tisch, weil die Situation von einer Seite allein nicht zu lösen sei. Dafür wolle er sich einsetzen. Eine Problematik, die sich im Grunde auf den gesamten Münchner Osten übertragen lässt. Nach dem Stand des noch gültigen Verkehrskonzepts (der Südost-Kurier berichtete) aus dem Jahr 2006 befragt, erklärt Blume: »Vieles davon lässt sich heute aufgrund der städtebaulichen Entwicklung gar nicht mehr realisieren, es ist völlig hinfällig«. Die Stadt lehne ein neues Verkehrskonzept ab, setze jedoch auf lokale Lösungen. Blume ist der Ansicht, der Verkehr müsse möglichst auf mehrere Achsen verteilt werden. Dabei sollte gleichzeitig, so der Landtagsabgeordnete, auf eine leistungsfähige Achse im öffentlichen Nahverkehr gesetzt werden. Die bereits seit Jahren geplante »Stadtumlandbahn« sei hier zu nennen. Auch eine Tunnellösung im Bereich der Friedenspromenade sei vorstellbar.

Auf eine schnelle, lokale Lösung warten auch die Anwohner Kirchtruderings seit langem, speziell diejenigen aus der Siedlung zwischen Karotschstraße und Truchthari-Anger. Denn weil es keine Umgehungsmöglichkeit für Kirchtrudering gibt, etwa eine Verbindungsstraße vom Mitterfeld zum Rappenweg, sucht sich der Verkehr eigene Wege. Erst seien es nur vereinzelte Autos gewesen, die bei Überlastung der Kreuzung Kirchtruderingerstraße/Am Mitterfeld durch die Siedlung fuhren, berichtet ein Anwohner. Stoßstange an Stoßstange schöben sich mittlerweile die Fahrzeuge in Hauptverkehrszeiten durch das Wohngebiet. Was bei Gegenverkehr und angesichts parkender Autos bereits zu haarsträubenden und gefährlichen Situationen geführt habe. Er bitte deshalb um die Sperrung für den Durchgangsverkehr.

Ein Anliegen, dem die Mitglieder des BAs nicht recht folgen wollten. »Das Problem mit der Verdichtung gibt es überall in Trudering, dann müssten wir dort ­überall Anliegerstraßen machen«, so Stephanie Hentschel. Das Anliegen werde auf jeden Fall weitergeleitet, denn die Ortsumfahrung dränge. Jedoch tendierte man auf Antrag der CSU für ein Lkw-Durchfahrtsverbot. »Angesichts der bevorstehenden Inbetriebnahme des neuen Mega-Baumarktes ist zu befürchten, dass sich ein Gutteil der Liefer-Lkw von Norden kommend hier einen Schleichweg suchen wird«, so Sebastian Schall. Bei einem Ortstermin wollen sich Mitglieder des BAs über die verfahrene Situation vor Ort informieren.

K. Kohnke

Artikel vom 21.10.2009
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