Zusteller sollen für gleichen Lohn mehr arbeiten

München · Post: Ver.di droht mit Streik

München · In der Adventszeit hat die Deutsche Post Hochkonjunktur. Zu keiner Zeit des Jahres werden in Deutschland so viele Briefe und Karten verschickt wie kurz vor Weihnachten. Möglicherweise kommen in diesem Jahr aber nicht alle Sendungen rechtzeitig an. Denn die Gewerkschaft Ver.di droht in den laufenden Tarifverhandlungen mit Streik. Hintergrund ist das Vorhaben der Deutschen Post, die Arbeitszeit ihrer 80.000 Zusteller von 38,5 auf 40 Wochenstunden zu erhöhen, und zwar ohne Lohnausgleich.

Das heißt: Länger arbeiten für das gleiche Geld beziehungsweise ein geringerer Stundenlohn. Damit gibt die Deutsche Post den Kostendruck an ihre Mitarbeiter weiter. Das Problem, das die Deutsche Post damit zu lösen versucht, ist der Gewinnrückgang in der Briefsparte. In Zeiten der elektronischen Kommunikation werden Briefsendungen seltener. So musste die Deutsche Post im ersten Halbjahr 2009 verglichen mit dem gleichen Zeitraum 2008 einen erheblichen Gewinnrückgang hinnehmen. Auffangen sollen das die Angestellten mit der umstrittenen Maßnahme, die Ver.di auf jeden Fall verhindern will.

Die Gewerkschaft will in den derzeit laufenden Verhandlungen darüber hinaus ein zweites Vorhaben der Deutschen Post verhindern. Die für alle rund 130.000 Beschäftigten vereinbarte Lohnerhöhung von drei Prozent zum 1. Dezember soll zumindest verschoben werden. Um seine Forderungen durchzusetzen, geht das Unternehmen auf Konfrontationskurs zu den eigenen Mitarbeitern und schließt bei der Briefzustellung die Auftragsvergabe an Fremdfirmen nicht aus. Damit werden die Post-Angestellten vor die Wahl gestellt, die Forderungen der Deutschen Post zu akzeptieren oder womöglich aufgrund von Umstrukturierungen den Arbeitsplatz ganz zu verlieren. Im Rahmen der Verhandlungen haben die Post und Ver.di noch bis 6. November Zeit einen Kompromiss zu finden. Dann endet die Friedenspflicht und es könnte zu Streiks kommen, um die Deutsche Post zum Einlenken zu bewegen. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 28./29. Oktober angesetzt.

Sollte es wirklich zu Streiks kommen, kann das das bei den Privatkunden ohnehin beschädigte Ansehen der Deutschen Post weiter verschlechtern. Seit Jahren betreibt die Post eine Unternehmenspolitik des Serviceabbaus, um Kosten zu senken. Steuervorteile nimmt sie auf der anderen Seite in Anspruch, obwohl es sich dabei um eine bereits mehrfach heftig kritisierte Wettbewerbsverzerrung handelt. Der ehemalige Monopolist hat im Wettbewerb die beste Ausgangsposition. Durch den Vorteil der Umsatzsteuerbefreiung für die Deutsche Post haben es private Anbieter schwer, in den Markt zu kommen. Die Liberalisierung findet derzeit auf dem Papier und extrem langsam in der Wirklichkeit statt. Für die Deutsche Post bedeutet das seit Jahren nach wie vor stattliche Gewinne, Leidtragende sind die Kunden, die die Zeche zahlen und gleichzeitig Filialschließungen, den Abbau von Postbriefkästen und weiteren Serviceabbau hinnehmen müssen.

Wenn Sie Ärger mit der Post haben, schildern Sie uns Ihr Problem. Schreiben Sie an Münchner Samstagsblatt, Stichwort: Post, Moosacher Straße 56 – 58, 80809 München. Oder per E-Mail an redaktion@wochenanzeiger.de, Betreff: Post.

Artikel vom 15.10.2009
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