Albrecht Ackerland über Talent zum Sport

München · Da schau her!

Jeder Mensch trägt sein Packerl mit sich rum. Der eine ist jähzornig, der nächste ist ein Langweiler. Alles hat seine Berechtigung. Ich etwa bin fantastisch unsportlich. Das darf ich sein, auch wenn ich mir Jahr und Tag deshalb Vorwürfe machen lassen darf. „Mit dir kann man ja noch am ehesten zur Rollstuhl-Ralley gehen“, heißt's dann, obwohl ich noch keine fünfzig bin und auch noch keinen Rollstuhl von innen gesehen hab.

Ich bin mir nicht ganz sicher: Meine Unsportlichkeit – kommt die jetzt von innen raus, oder kommt sie doch von außen? Von außen: das wäre einfach. Dann könnte ich sagen: „Hey, Mama, ich wusst' schon immer, dass du alles Gute für mich wolltest, aber für so was Gutes wie einen Sportverein, dafür hat es dann doch nie gereicht.“ Sie würde dann freilich sagen: „Brechterl, sei nicht so frech, wir haben alles probiert, Tischtennis, Männerballett, Ringen, Handball, sogar Schachvereine hast du von innen gesehen. Aber du: nix wie raus.“ Ja gut, wie es so mit den Müttern ist: Sie haben dann am Ende doch Recht. Hat auch was Sportliches, wobei das schon langweilig ist, wenn einer immer gewinnt in seinem Sport. In dem Fall eben: meine Mutter.

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Das Ergebnis ist nun aber heute: Ich hab schon Glück, wenn ich an einem guten Tag meinen großen Zehennagel aus der Nähe betrachten kann. Wer rastet, der rostet. Mein Problem ist: Rosten kann ich sehr gut, rasten aber hab ich nie gelernt.

Ich bin mir aber sicher, dass alles anders geworden wäre, hätten wir nur gegenüber eines Fußballplatzes gewohnt. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass einst der Beckenbauer Franze tagtäglich aus seinem kleinem Kinderzimmerl auf den Platz vom SC 1906 geschaut hat, und sich jedes Mal beim Schauen gedacht hat, „Herrgottsakra, des will ich auch...“ Und heute? Nennen's ihn den Kaiser. Ja, das ist doch eine Karriere, der Mann ist eine Sportskanone, wenn Sie heute einen fragen, was Fußball ist, dann sagt der doch nur „Beckenbauer“.

Aber der Mann musste das alles auch erst einmal lernen – und hatte das Glück, dass da vor der Nase ein Verein war. Ein Mensch mit Talent, der exakt dreimeterachtzig von einem Sportverein wohnt? Ein Glückspilz.

Das geht so freilich nur mit unserem Wohlstand. Das bedeutet aber zum Glück nicht, dass die Begeisterung für einen Sport nachlässt, wenn weniger Pulver im Portemonnaie steckt! Wenn jemand den Sport will, dann macht er ihn auch – solang's irgendwie geht. In Afrika spielen sie mancherorts mit einem Schuh, es gibt schon ein ganzes Paar, aber eben nur eins, und das wird aufgeteilt unter Links- und Rechtsfüßlern.

Und wir? Jammern auf höchstem Niveau über die Blasenbildung nach einem Stadtspaziergang. Ist schon armseelig. Umso erfreulicher ist es da, davon zu hören, dass es Menschen gibt, die sich – egal wo auf der Welt – darum kümmern, dass der Nachwuchs überhaupt erst einmal eine Ahnung bekommt, was Sport alles kann.

Artikel vom 05.10.2009
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