Gemeinderat will noch weiteres Verkehrsgutachten abwarten, bevor er Entscheidungen trifft

Neubiberg · Neue Ortsmitte in Neubiberg lässt weiter auf sich warten

Auf dieser Brachfläche neben den Bahngleisen, könnte das neue Ortszentrum Neubibergs entstehen. Foto: Pietsch

Auf dieser Brachfläche neben den Bahngleisen, könnte das neue Ortszentrum Neubibergs entstehen. Foto: Pietsch

Neubiberg · Mit einer Sondersitzung des Gemeinderates sollten am 21. September die Planungen für das neue Neubiberger Ortszentrum endlich weiter vorankommen. Doch trotz über dreistündiger Debatte, gab es kaum Fortschritte für das Projekt. Nach dem derzeitigen Stand der Vorplanungen soll das derzeit brachliegende, gemeindeeigene Grundstück am Bahnhof in ein lebendiges Ortszentrum verwandelt werden.

Zwischen der Freiherr-von-Stengel-Straße und den Bahngleisen sollen ein Drogeriemarkt, ein Einzelhandelsmarkt und mehrere Wohnblocks entstehen. Ein Projekt, das nicht nur den Bürgern sondern auch der Gemeindekasse zugute kommen soll. Viel zu groß, finden die Anwohner des von Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern geprägten benachbarten Wohngebietes. Die Gebäude würden nicht in die Gartenstadt Neubiberg passen, zudem seien die geplanten 40 oberirdischen und 100 unterirdischen Parkplätze auf keinen Fall genug, Vor allem für die Wohnhäuser seien nicht genügend Parkplätze vorgesehen. Die Anwohner der angrenzenden Straßen befürchten, dass die neuen Nachbarn zum Parken in die Nachbarstraßen ausweichen werden. Die Hauptsorge der Anwohner gilt aber dem durch die Märkte erzeugten Verkehrsaufkommen. Die Freiherr-von-Stengel-Straße mündet an ihrem nordwestlichen Ende in die Hauptstraße, am südöstlichen Ende in die Kaiserstraße. In beiden Fällen befinden sich die Einmündungen in unmittelbarer Nähe zu den Bahnübergängen, die in Neubiberg schon seit je her für Verkehrsprobleme sorgen.

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Mindestens drei Mal pro Stunde sind die Bahnschranken minutenlang geschlossen, schon jetzt stauen sich die Fahrzeuge regelmäßig weit in den Ort zurück. Kommen nun auch noch die Kunden der Märkte hinzu, befürchten die Anwohner eine weitere Verschlimmerung der Situation und noch mehr Abgase und Lärm in ihrem Wohngebiet. Aber nicht nur die Anwohner, auch viele Räte sehen die derzeit vorwiegend diskutierte Planungsvariante kritisch. So findet Maria Weiß (SPD-N.U.B) die Märkte generell viel zu groß und auch Tankred Börner (Die Grünen) und Heidrun Burde (FWN@U) würden am liebsten die Gewerbefläche reduzieren oder vielleicht einen der beiden Märkte ganz weglassen. Keine gute Idee, findet Bürgermeister Günter Heyland. »Ein Markt alleine hat es am Schwersten denn die Märkte bringen sich gegenseitig Kunden«, erklärt er. Ohnehin ergäbe sich durch die Bebauung »rein rechnerisch keine starke Nachverdichtung. Vielmehr liegt die Geschossflächenzahl etwa so, wie bei der bestehenden Bebauung in der Tannenstraße und dem Eschbaumweg.« Auch das oft verwendete Argument des Gartenstadt-Charakters wollte er so nicht stehen lassen. Dies sei zwar ein wichtiger Aspekt für die Gemeinde, die Frage sei aber, ob es auch auf das fragliche Gebiet zutreffe. Immerhin standen dort in der Vergangenheit schon mal eine Putzlappenfabrik und eine Biodiesel-Tankstelle. Auch ein Busbahnhof oder Bauhof seien für das Grundstück schon einmal geplant gewesen. Seine Sorge gilt dem Erhalt eines lebendigen Neubibergs. »In der Hauptgeschäftsstraße stehen öfters Läden leer«, beklagt er. Neubiberg könnte »ein Ladensterben erleben und sich zur Schlafstadt entwickeln«, zitiert Heyland aus einem Einzelhandelsgutachten. Ob die Märkte in der Freiherr-von-Stengel-Straße gegen Leerstand in der Hauptstraße helfen, bezweifelt aber Tankred Börner. Er sieht womöglich sogar nachteilige Auswirkungen für die Hauptstraße, die nach seiner Ansicht Ortsmitte bleiben sollte. Einig waren sich die meisten Räte aber in ihrer Sorge um die Verkehrsbelastung.

Thomas Pardeller (CSU) teilt ausdrücklich die Bedenken der Anwohner und befürchtet gar einen »drohenden Verkehrsinfarkt Neubibergs«. Derzeit wisse keiner genau, wie viel Verkehr die Märkte anziehen werden, da das bisherige Verkehrsgutachten für Wohnbebauung beziehungsweise für ein Gewerbegebiet mit Büros und Hotel aufgestellt wurde. »Ich finde es mutig von einem Gutachter, ein Bürogewerbe mit Einzelhandel zu vergleichen«, wundert sich da auch Thomas Felber (FWN@U) und Natascha Kohnen (SPD-N.U.B) findet »es gäbe nichts Schlimmeres, als wenn wir die Märkte hinsetzen und dann funktioniert es nicht«. Einen gemeinsamen Konsens fanden die Räte in dem Wunsch nach einem Verkehrsgutachten, das konkret auf die diskutierte Planvariante zugeschnitten ist. Bauamtsleiter Marc Wißmann verspricht sich davon allerdings nicht allzu viel: »Wir wissen jetzt schon: wenn die Schranke zu ist, geht da nichts mehr.« Und auch Bürgermeister Heyland warnte vor der Überbewertung der Staus durch die Schließzeiten der Schranken. Wenn man danach ginge, könne in Neubiberg gar nicht mehr gebaut werden, denn jedes Projekt erhöhe das Verkehrsaufkommen an den Schranken. »Seit einem Jahr sind wir nun in der Vorplanung mit unendlich vielen Sitzungen in der Entscheidungsphase. Trotzdem sind wir mit den Planungen derzeit nicht weiter als im Workshop«, klagte der Rathauschef und versuchte die Räte zu weiter gehenden Entscheidungen anzuspornen. Dennoch einigten sich die Gemeinderäte zum Schluss der Sitzung nur darauf die gutachterliche Stellungnahme beziehungsweise Verkehrsprognose auf Grundlage der aktuellen Planvariante aktualisieren zu lassen. Erst auf dieser Grundlage soll weiter diskutiert werden.

Andrea Pietsch (aba)

Artikel vom 30.09.2009
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