Drei Exponate einer besonderen Galerie – im Gespräch mit der Nord-Rundschau

Milbertshofen/Münchner Norden · Das Original? Es lebt!

Manuela Hoffmann-Maleki, Afrodite Vassilopoulou und Irene Schlagenhaufer (von links) – bald »hängen« sie an der Wand im großen Saal des Kulturhauses Milbertshofen. 	Foto: em

Manuela Hoffmann-Maleki, Afrodite Vassilopoulou und Irene Schlagenhaufer (von links) – bald »hängen« sie an der Wand im großen Saal des Kulturhauses Milbertshofen. Foto: em

Milbertshofen/Münchner Norden · Wie man sich so fühlt als Bild an der Wand? Stolz. Man gehört dazu. Und manchmal fragt man sich auch, ob man den vielen Leuten, die einen so anschauen als Ausstellungsstück, überhaupt gefällt. Das jedenfalls erzählen drei zukünftige »Exponate« aus dem Kulturhaus Milbertshofen der Nord-Rundschau. Der Reihe nach: Es geht um die »Galerie der echten Milbertshofener«.

Zusammen mit der Münchener Nord-Rundschau hat das Kulturhaus im Frühjahr Milbertshofener gesucht, die für die Vielfalt ihres Viertels stehen – und Menschen, die deren Geschichten im Rahmen einer Schreibwerkstatt aufschreiben, sowie andere, die die Porträts der skizzierten Menschen malen. Die Ergebnisse kann man ab kommenden Dienstag im Kulturhaus besichtigen – am 6. Oktober eröffnet Stadträtin Claudia Tausend um 18.30 Uhr die »Galerie«. Mit drei porträtierten Nord-Münchnerinnen (eine von ihnen kommt aus der »Nachbarschaft«, sie wohnt im Hasenbergl) trafen wir uns vorab zum Gespräch.

Ein halbes Jahrhundert Milbertshofen sitzt mit Irene Schlagenhaufer am Tisch – im Dirndl, gerade vom Wiesn-Besuch heimgekehrt. So feste Wurzeln wie sie haben sicher wenige geschlagen in Milbertshofen. Als Hausmädchen kam sie mit 14 Jahren aus Eichstätt, und inzwischen wohnt ihre Familie zusammen mit der ihres früheren Arbeitgebers unter einem Dach, mit vier Generationen. Mit ihrem Mann ist sie im Soldaten- und Kameradschaftsverein aktiv – und hat so ein Beziehungsnetz gesponnen, das sie das ganze Viertel als ihr Zuhause empfinden lässt. »Wenn man sich engagiert, ist man dabei«, sagt sie lakonisch. Und: »Ich geh’ hier nie mehr weg«.

Manuela Hoffmann-Maleki würde das gerne mit der gleichen Bestimmtheit sagen können – nie mehr weggehen. Ihr Milbertshofen ist weniger von Traditionen geprägt – es ist das Viertel, in dem sie selbst sich immer genau das Lebensumfeld schaffen konnte, das sie gerade brauchte. Vor dreißig Jahren reichte es, eine kleine Mansardenwohnung in der Korbinianstraße zu haben – möglichst nahe an Schwabing und allemal mit genug Platz für nächtelange Partys. Später brauchte sie eine Wohnung, die Platz und eine sichere Umgebung für ihre Kinder bot. Auch das fand sie in Milbertshofen.

Schwieriger wurde es, als es um Still- und Krabbelgruppen ging, um Spielplätze, die auch zum Spielen einladen sollten – überhaupt um eine Infrastruktur, die den Stadtteil für junge Familien lebenswert macht. Also wurde sie einfach selbst aktiv, tat sich mit anderen zusammen, gründete Vereine und taucht seitdem immer wieder an neuen »Baustellen« in Milbertshofen auf. Sie liebt das Multikulturelle an ihrem Stadtteil, hat selbst eine »internationale« Familie gegründet. Das prägt ihr Lebensgefühl. »Italienisch veranlagt« sei Milbertshofen, beschreibt sie dieses Gefühl eines Miteinanders über alle Unterschiede hinweg. Und aus diesem Milbertshofen will auch sie nicht mehr weg – dass sie es aus familiären Gründen doch vielleicht einmal muss, hängt »wie ein Damoklesschwert« über ihr.

Nachdenklich reagiert Afrodite Vassilopoulou, als sie das hört: »Ich kenne das nicht, wie das ist, verwurzelt zu sein«, erzählt sie. Dabei ist sie die einzige gebürtige Münchnerin in der Runde. Nachdem sie in verschiedenen Stadtteilen gewohnt hat, hat sie schließlich mit ihrem Mann im Münchner Norden eine Wohnung gekauft für die Familie, die sie gegründet haben. Und der konkrete Versuch, wie es denn wäre, als Griechen, die sie immer noch sind, in Griechenland zu leben, war nach einem Monat gleich wieder beendet – zu »deutsch« war auch ihr Mann in seinen Vorstellungen davon, wie der Arbeitsalltag bewältigt werden müsste.

Doch der Sog der elterlichen Heimat bleibt. Mittlerweile besitzt sie auch in Griechenland einen Olivenhain. Die Kinder gehen auf eine griechische Schule, aber auch zum Sport nach Freimann. Und dass sie von vielen internationalen Nachbarn in ihrem Viertel das Gefühl hat, sie wollten sich nicht integrieren, das kritisiert sie scharf. Außerdem entdeckt sie auf einmal, dass ihr der Gedanke, ihre Tochter werde vielleicht bald ins Ausland gehen, irgendwie so gar nicht behagt… obwohl, dann hat sie vielleicht endlich Zeit, sich selbst mehr in ihrem Stadtteil zu engagieren. »Ich will«, betont sie nochmal. Das kommt von ziemlich tief drinnen. Wie von einer, die längst ihren Platz gefunden hat. Und zwar nicht nur als Bild, in dieser Galerie der Lebensgeschichten, die man ab Dienstagabend im Kulturhaus Milbertshofen erleben kann. Eva Mäkler

Artikel vom 29.09.2009
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