Albrecht Ackerland über Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen

München · Da schau her!

„Hättest was Gescheites gelernt!“ – Dieser Spruch geistert bestimmt immer noch manchmal durchs Land. Nur muss ein jeder erst einmal überhaupt das „Gescheite“ für sich finden. Der Beppi am Tresen in der Boazn würde jetzt vielleicht vorschnell sagen: „Die Jungen sollen sich nicht so haben, die lungern doch eh alle nur rum.“ Dieses Gschmarre von der neuerdings so faulen Jugend habe ich noch nie gelten lassen.

Weil erstens war ich auch schon faul, da haben die heute noch gar nicht ahnen können, was faul sein überhaupt bedeutet. Zweitens braucht jeder seine Zeit, um rauszufinden, was aus ihm eigentlich werden soll. Der eine braucht mehr, der andere weiß es schneller. Und drittens glaube ich fest daran, dass jeder Mensch irgendetwas tun muss, weil er sonst schlecht draufkommt, und das fällt jedem von ganz alleine auf. Früher oder später.

Weitere Artikel zum Thema

Wenn es aber einfach nichts zu tun gibt, weil einer einfach keinen Punkt findet, wo er reinhebeln kann, dann ist das eine Tragödie von einem Ausmaß, die uns alle betrifft. Ich will's mir lieber nicht vorstellen, in so einer Situation zu stecken, jetzt nicht, früher nicht, nie nicht.

Arbeitslosigkeit ist kein Spaß, sicher auch mit Anfang Sechzig nicht, aber stellen Sie sich einmal vor, Sie kommen frisch aus der Schule, haben sich so halbwegs durchgekämpft, weil die Schule an sich nicht so Ihrs war, aber eigentlich fühlen Sie sich pudelwohl in der Welt und wollen in ihr auch mitmischen. Und dann: geht nix. Nix. Einfach nix. Da wundert es mich dann nicht mehr so ganz, wenn irgendwo wieder einer rumrandaliert aus lauter Frust. Auch wenn das freilich keine Entschuldigung für so was ist.

Mein Onkel Gust hat immer gesagt: „Bua, du bist ein Guter, und wenn dich mal keiner will, dann beißt dich durch, dann machst dein eigenes Zeug.“ Vielleicht ist es diese Stimmung, die fehlt: das Durchbeißen, das Leben, das man vollends selbst in die Hand nimmt. Unser ganzes Amtswesen funktioniert so, dass ein Antrag für irgendwas nicht einfach so bewilligt wird, sondern da wird erst mal noch ein zweiter Bogen zum Ausfüllen geschickt. Und noch einer.

Wie schön wäre es, wenn ein Siebzehnjähriger unterstützt würde, der vielleicht schlechte Noten hat, dafür aber eine Idee oder auch nur zwei talentierte Hände. Unterstützt mit einer direkten Hilfe zum Aufbau seiner eigenen Sache. Ohne Formulare, die zwanzig Seiten haben, und die nicht mal der Sachbearbeiter selbst kapiert. Nein, er soll einfach vorsprechen, dann schaut man sich den an, und los geht’s.

Und in zehn Jahren sagt er: „Ich lern' dir was Gescheites.“ Weil er dann selber ausbildet.

Artikel vom 10.09.2009
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...