Das Kino an der Dahlienstraße war ein Kind seiner Zeit

Feldmoching / Lerchenau · Ein Stück gelebter Geschichte

Feldmoching / Lerchenau · Zu einer besonderen Begegnung kam es anlässlich der Ausstellung zum 90-jährigen Bestehen der Lerchenau. Karola kennerknecht vom Bürgerverein Lerchenau berichtet darüber ausführlich in der Juli-Ausgabe der Mitgliederzeitung »Lerchenau aktuell«. In etwas kürzerer Form übernehmen wir im folgenden die Erzählung für alle Feldmochinger: Unter die Besucher der Ausstellung mischte sich ein Gast, der mit dem Fahrrad aus Bogenhausen gekommen war.

Ein echter Kinofan, der sich mit allen Münchner Kinos – auch den ehemaligen – gut auskennt und Fragen zum »Filmtheater Lerchenau« hatte. Leider konnten unsere etwas spärlichen Auskünfte ihn nicht so ganz zufriedenstellen.

Glücklicherweise befand sich zur selben Zeit eine alte Dame mit ihrem Sohn ebenfalls im Raum – wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um die ehemalige Kinobetreiberin Frau Spiegl, die uns mit ihren Antworten aus der misslichen Lage befreite.

1951 war die in Freising geborene Frau mit ihrem Mann Josef Spiegel, der aus Feldmoching stammte, in die Dahlienstraße 8 gezogen, wo 1952 das eben fertig gestellte Kino eröffnet wurde. Mit 300 Sitzplätzen war es ein relativ großes Kino, das zudem technisch gut ausgestattet war. Man blieb auf der Höhe der Zeit und stellte 1957 auf Breitwand-Technik um. Alle drei bis vier Tage wechselte das abendliche Kinoprogramm. Am Sonntag wurden drei Vorstellungen gezeigt. Am Anfang musste sich die junge Familie ziemlich anstrengen, bis das Kino lief. »Wenn jemand, der einen Laden hatte, zu uns ins Kino kam, dann haben wir im Gegenzug bei ihm eingekauft«, sagt die alte Dame. »Aber schon bald …«, entgegnet ihr Sohn, »war das Kino eine Attraktion in der Lerchenau – und selbst die vielen Sitzplätze wurden knapp. Wir haben dann manchmal Stühle aus der Wohnung geholt und dazugestellt.«

Ein weiterer Sohn, der später ebenfalls in die Ausstellung kan, erzählte: »Ich kann mich noch erinnern, als das erste Coca Cola im Kino ausschenkt wurde – auch das war etwas Besonderes.« Nicht die aufkommenden Fernsehgeräte waren 1961 der Grund für das Ende des Kinos, sondern das schlimme Asthma-Leiden, das Frau Spiegl vor allem nachts plagte. Ein Arzt empfahl ihr, aufs Land zu ziehen. Die Familie zog mit den beiden Söhnen nach Gauting, wo sie auch nach dem Tod von Josef Spiegl heute noch lebt. »Wir haben unser Kino geliebt«, sagte Frau Spiegl, »und mein Mann und ich – wir haben beide geweint, als wir im Kino saßen und uns die letzte Vorstellung angesehen haben.«

Artikel vom 09.09.2009
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