Albrecht Ackerland über schöne Drehorte

München · Da schau her!

Samstag Morgen war es wieder so weit: Aufgewacht von heller Aufregung unten auf der Straße, Polizei, krächzende Funkgeräte, Abschleppdienst. Bei mir in der Straße wird wieder gedreht. Mittlerweile weiß ich, was kommt, wenn diese mobilen Halteverbotsschilder rumstehen, gültig für einen nahenden Zeitraum. Dann nämlich werden meist keine Kabel verlegt oder Straßen geflickt, sondern eine Filmcrew rückt an.

So etwas kommt alle paar Monate vor. Öfter bräuchte ich diesen Zirkus auch wirklich nicht. Anfangs hatte ich mich noch gefreut, ui ein Film, da rührt sich was, und der Wachtveitl Udo, den man ja sonst eher im Schoppenstüberl in der Früh um Drei trifft, der hat in einer Drehpause Zeit für einen Ratsch. Das stimmt natürlich nicht, weil Dreh ist Stress, und außerdem ist der Wachtveitl alias Kommissar Leitmayr eh nicht da, selbst wenn tatsächlich ein „Tatort“ gedreht wird, so wie eben heute bei mir in der Straße.

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Ist schon Wahnsinn, was da für ein Aufwand betrieben wird für eine Szene, die dann im fertigen Film 30 Sekunden dauert. Allein schon 15 bis 20 Beleuchter sind damit beschäftigt, riesige Scheinwerfer aufzustellen, auch bei strahlend-sonnigem blauem Münchner Himmel. Und wird nachts gedreht, dann steigen Leuchtballons in die Luft, werden Hebebühnen mit Lampen hochgefahren, dafür, dass die Szene im Film nach dunkler Nacht ausschaut.

Jetzt drehen sie also wieder im Nachbarhaus, und wieder ist es ein „Tatort“, mit Botox und Wellness soll er zu tun haben, was für sich nach einer wilden Mischung klingt. Drei Tage sind angesetzt, drei Tage, an denen kein Durchkommen mehr ist, keine Parkplätze, keine Ruhe, und nachts wird es wahrscheinlich wieder länger hell bleiben, was ausnahmsweise sogar schön ist, weil die Tage schon wieder ganz schön kurz geworden sind.

Wenn der „Tatort“ dann läuft, ungefähr im Herbst 2010, dann werde ich wieder ein wenig traurig sein, dass man von meiner Straße ja gar nichts sieht, das könnte ja überall sein, werde ich mir denken. Und wieder auf den Tag warten, bis in der Früh helle Aufregung herrscht, weil ein Film gedreht wird, der dann hoffentlich endlich mal mein Viertel, einen Hinterhof ums Eck, das markante Fenster vom Nachbarhaus, die Boazn drei Meter weiter in den Olymp der großen Münchner Drehort-Klassiker hebt.

Obwohl ich wirklich daran zweifle, denn Serien und Erfolge wie der „Pumuckl“, ein „Monaco Franze“, eine „Hausmeisterin“ werden so heutzutage einfach nicht mehr produziert, mein Lieblingssender kümmert sich heute leider lieber um seelenlose Konfektionsware wie „Dahoam is dahoam“. So gesehen ist es wirklich schön, dass zumindest für die „Tatorte“ ein solcher Aufwand betrieben wird, auch wenn die Filme am Ende doch nie das Zeug zum Klassiker haben, sich irgendwie einfach versenden. Liebe Drehbuchschreiber, liebe Redakteure im Sender, liebe Regisseure: Kehrt zurück zu den großen Münchner Stadt- und Stadtviertelporträts in Euren Filmen, mit Hintersinn und Feingefühl, dann lieben wir Eure Filme einfach am meisten, wenn wir unser München darin entdecken.

Artikel vom 27.08.2009
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