Der Freizeitsport zieht aus der Olympiahalle aus, ein Fitnessstudio kommt rein

Olympiapark · Ein Abschied auf Raten

Die Olympia-Schwimmhalle ist wieder einmal eine Baustelle – in ihrem »Bauch« soll der Turnhallen-Charme (links) einem modernen Studio (rechts: Nordbad-Fitnesscenter) weichen. 	Fotos: em

Die Olympia-Schwimmhalle ist wieder einmal eine Baustelle – in ihrem »Bauch« soll der Turnhallen-Charme (links) einem modernen Studio (rechts: Nordbad-Fitnesscenter) weichen. Fotos: em

Olympiapark · 50 Beschwerden kommen zur Zeit am Tag »locker« zusammen an der Kasse des Olympia-Schwimmbads, sagen leidgeprüfte Mitarbeiter – über die bevorstehende Schließung des Fitness­bereichs. Das derzeitige Angebot dürfte einmalig sein in Deutschland: Für 3,80 Euro Eintritt kann man in der historischen Kulisse der Olympischen Spiele von 1972 nicht nur auf 50 Meter langen Bahnen schwimmen, sondern auch an einem umfangreichen Fitnessprogramm von Aerobic über Krafttraining bis Yoga teilnehmen.

Das Problem dabei: Die Geräte sind über 20 Jahre alt, einige mussten daher bereits aus dem Verkehr gezogen werden, und wenn man die »Fitnessräume« betritt, riecht man sofort, dass die vorhandene Lüftung nie für Sportstätten mit intensiver Nutzung ausgelegt war. Denn 1972 war dort, wo jetzt trainiert wird, das Medienzentrum. Sport wird in den Räumen seit gut zwei Jahrzehnten getrieben. Eine gründliche Sanierung wird also über kurz oder lang tatsächlich unausweichlich sein.

Die Stadtwerke München (SWM), die das Bad seit zwei Jahren betreiben, haben inzwischen beschlossen, spätestens ab März 2010 das Angebot eines professionellen Fitnessstudios bereitzustellen. Mit allem, was dazugehört – inklusive den entsprechenden Preisen und Vertragslaufzeiten. Dagegen laufen besonders viele Stammbesucher des jetzigen Fitnesstreffs Sturm, verteilen Flyer in der Schwimmhalle, diskutieren im Internet, organisieren Demos. Natürlich geht es ihnen um die Preiserhöhung – je nach Vertragsart und -laufzeit müssten die meisten ab März zwischen 50 und 70 Euro im Monat zahlen, allerdings für ein wesentlich professionelleres Sportangebot. Doch sie fürchten auch um den ­Charakter ihres Sporttreffs als Ausgangspunkt für ein gemütliches Beisammensein in der Schwimm­halle.

»Ich kann die Preisdiskussion nicht verstehen, wenn ich mir die Qualität unseres Angebots anschaue«, sagt dazu Dietmar Valeri, Diplom-Sportwissenschaftler und Leiter des Fitnesscenters im Nordbad. Dort betreibt die »Fit & Company GmbH« bereits für die SWM ein Studio, wie sie es im kommenden Frühjahr – größer als im Nordbad – in der Olympia-Schwimmhalle eröffnen will.

»Als Sportwissenschaftler sage ich, dass man das Angebot mindestens dreimal pro Woche wahrnehmen muss, damit es was bringt – und dann sind wir bei viel besserer Qualität eher günstiger«, fügt Valeri im Gespräch mit der Münchener Nord-Rundschau hinzu. Verständnis, besonders für die betroffenen Senioren, bringt dagegen der Betriebsstellenleiter der Olympia-Schwimmhalle, Stefan Lontzek, auf. »Es wird welche geben, die hinten ‘runterfallen. Ich finde das schade«, sagt er offen. Doch die Sanierung müsse kommen, davon ist er überzeugt – ebenso wie von der Qualität und dem guten Preis-Leistungs-Verhältnis, das das neue Studio bieten werde. Das sich aber eben dennoch nicht jeder leisten können wird. »Ich glaube, so ein Angebot, wie wir es jetzt hier haben, gibt es in ganz Deutschland nicht noch einmal«, sagt er. »Da ist jetzt der Zeitgeist ein anderer.«

Das Thema beschäftigte bereits den Bezirksausschuss Milbertshofen - Am Hart (BA11) in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause. SWM-Bäderchefin Christine Kugler nahm gegenüber den Mitgliedern des »Stadtteilparlaments«, die Argumentation der Grünen-Stadträtin Jutta Koller auf, dass das Geld, das die SWM durch die Fitnessstudios einnähmen, auch dem Erhalt der städtischen Schwimmbäder diene. »Die meisten Kommunen haben im Gegensatz zu München ihre Schwimmbäder verkauft und nun teurere Eintrittspreise«, sagte Koller – und Kugler ergänzte, dass die Eintrittspreise der Bäder »bei weitem« nicht kostendeckend seien, aber von der Stadt bewusst subventioniert würden – besonders bei den Sozialtarifen für Münchenpass-Inhaber, – da es sich um ein Stück »Daseinsvorsorge« der Bürger handle.

Gleiches gelte für das Freizeitsport-Angebot der Stadt, zu dem noch das Kursangebot in der Olympia-Schwimmhalle gehöre. Aber: »Sehr viele kommen sehr häufig dorthin – für die lohnt sich die Mitgliedschaft«, argumentierte Kugler ähnlich wie Valeri. Außerdem bleibe das sonstige Freizeitsport-Angebot in den Schulturnhallen – und von Anfang Mai bis Ende September kostenlos in einigen Parks, etwa dem Luitpoldpark – erhalten. Einen von Koller und anderen angeregten »Sozialtarif« wird es voraussichtlich für das neue Fitnesscenter nicht geben – eventuell Zehnerkarten für alle, die sich nicht vertraglich binden wollen, aber auch das nur, falls nach der Eröffnung nicht alle vorgesehenen 1.200 Mitgliedschaften vergeben sind.

Während der Umbauphase kann man noch zu den bisherigen Bedingungen trainieren, wenn auch auf etwas weniger Platz. Ein kleiner Kraftsportbereich wird auf der Freifläche oberhalb der Tribüne aufgebaut, einige Fitnesskurse finden im »Gymnastikraum 3« statt. Ein Abschied auf Raten also, bevor es spätestens im März so professionell und modern wird, wie der »Zeitgeist« es verlangt. Und vielleicht ja doch auch Gesundheit und Wohlergehen ambitionierter Teilnehmer. Eva Mäkler

Artikel vom 25.08.2009
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