Albrecht Ackerland über Trickbetrug

München · Da schau her!

Ein jeder Beruf bringt auch seelisches Leiden mit sich – vorausgesetzt freilich, man ist überhaupt fähig, irgendetwas seelisches zu spüren. Ich nehme für mich in Anspruch, dass zumindest eine Art Restmoral in mir schlummert. Das erwarte ich uneingeschränkt auch von den anderen Menschen. Albern, sagen Sie?

Sie haben Recht, wer wird denn heute noch von Moral sprechen, die Zeiten sind hart, lasset uns härter sein. Und anderen Menschen Anstand abverlangen? Vielleicht wirklich zu viel verlangt. Aber nun einmal ehrlich: Das ist kein Appell daran, dass ein jeder seine eigene Moralkeule am Schlüssel hängen hat, dass ein jeder nach einem starren Regelwerk lebt. Eine bierernste Welt voller bierernster Menschen? Die meine wäre es nicht. Was will er also, der Ackerland? Dass seine Mitmenschen wenigstens darüber nachdenken, was sie so tun.

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Ein Straßenkehrer hat es da einigermaßen leicht, ein Biogärtner, ein Blasmusiker, eine Wiesnbedienung sicher auch. Aber ein Techniker in einem Kernkraftwerk, ein Mitarbeiter in einer Waffenfabrik, gar ein Investmentbanker? Schwieriger.

Der Dreh zur echten Kriminalität wird nun ebenso schwierig, müssten wir doch dazu den Kriminellen als ehrenvollen Handwerker begreifen. Ein Widerspruch in sich, wo einer kriminell handelt, da gibt es schließlich einen Geschädigten. In der moralischen Bewertung eines Robin Hood oder eines Panzerknackers möchte ich mich an dieser Stelle übrigens nicht versuchen. Noch immer aber zählt: Das Selbstverständnis, das Sich-bewusst-Seins ob des eigenen Tuns.

So gesehen fällt eines sehr, sehr leicht: Eben jene moralische Einstufung eines Trickbetrügers, der sich bei alten Menschen für deren Verwandten ausgibt und sich so der letzten Groschen bedient, die noch da sind. Da hört für mich jeder Spaß auf. Das ist kurz gesagt: das Letzte. Würde mir in meinem Treppenhaus eine solche Szenerie unterkommen, Sie müssten mich schon sehr fest festhalten. Das Schlimme daran: Diese Abartigkeit erkennt kaum einer auf den ersten Blick, noch nicht einmal jene, die eigentlich ihre Verwandten kennen sollten. Und noch schlimmer: Durch all diese Fälle, die da so bekannt werden, misstrauen sich die Menschen womöglich immer mehr. Ein Zustand, der vielleicht am Allertragischsten ist.

Artikel vom 13.08.2009
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