Gemeinderatssitzung läuft aus dem Ruder – Sitzungsgelder Streitpunkt

Vaterstetten · Streithähne müssen nachsitzen

Vaterstetten · Konsens – das war einmal! Bürgermeister Robert Niedergesäß (CSU) zeigte sich auf der letzten Gemeinderatssitzung tief enttäuscht, besonders von seinem Kollegen aus der Arbeitsgruppe »Finanzen«, Robert Winkler (Grüne).

Betrübt sei er von dessen Verhalten, zumal er aufgrund der letzten Zusammenarbeit doch hohen Respekt vor dem politischen Gegner gewonnen hatte.

In einer bislang beispiellosen Redeschlacht zeigten die Gemeinderäte jedoch letzte Woche, wie wenig sie offenbar von konstruktiver Zusammenarbeit halten. In der vermeintlich letzten Sitzung vor der Sommerpause behakten sich die jeweiligen Fraktionssprecher derart ausführlich, dass sie die vor­gesehenen Tagesordnungspunkte gar nicht abarbeiten konnten. Um 23 Uhr schloss Bürgermeister Niedergesäß sichtlich genervt nach vier Stunden die Sitzung und verlangte eine baldige Fortsetzung – am nächsten Morgen um 8.00 Uhr! Das gab es ­zuletzt vor zehn Jahren.

Elf Themen standen für die öffentliche Sitzung im Raum, bei Punkt sechs war bereits das Zeitlimit erreicht worden. Hierbei ging es um die besonders heikle Angelegenheit »Überweisung von Sitzungsgeldern direkt an die CSU«. Die Grünen und FBU-Mitglied Manfred Schmidt hatten im Vorfeld schriftlich ihre Zweifel kundgetan, ob das alles mit rechten Dingen zugehe. Daraufhin hatte sich die CSU vom Landratsamt die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens schriftlich bestätigen lassen und Niedergesäß hatte angekündigt, das Thema auf der Gemeinderatssitzung öffentlich zu ­behandeln. So wurden vier DIN-A4-Seiten Text vorgelesen, der detailliert die Fragen von Grünen-Chef Robert Winkler beantwortete.

Auch CSU-Fraktionschef Dr. Michael Niebler war gewappnet und verlas eine ebenfalls vierseitige Stellungnahme seiner Fraktion. Dabei konnte er sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: »Die Partei in Deutschland, die die höchsten Mandatsträgerbeiträge von ihren Mandatsträgern (also auch Gemeinderäten) verlangt, sind seit jeher die Grünen.« Unredlichen Stil warf er der Opposition vor, die dem Bürgermeister »Klüngelei« unterstellte. Auf die Aus­führungen von Manfred Schmidt ging Niebler gar nicht ein mit der Begründung: »Das wäre Zeitverschwendung!«

Gemauschel

CSU-Gemeinderat Theo Bader hörte den Vortrag seines Parteifreundes gar nicht mehr, er hatte vorher den Sitzungssaal nach Anschuldigungen von Robert Winkler zornig verlassen. Der Grünen-Gemeinderat unterstellte Absprachen zwischen Feinkost Käfer und der CSU: Käfer will in Parsdorf sein Gelände erweitern, Käfer gilt als großzügiger Spender der CSU, die wiederum lässt dem Delikatessenhändler bei seinen Plänen und einem »Schwarzbau«, so die Grünen, angeblich freie Hand und verschone ihn bei der Erfüllung gesetzlicher Auflagen. Die CSU wehrte sich dahingehend, dass Spenden – in diesem Fall gut 11.000 Euro im Jahr 2006 – nicht an den Ortsverband geflossen seien.

Immerhin einigte man sich auf eine neuerliche Überprüfung durch die Umweltbehörde, ob »Käfer« für seine Umwandlung eines Grünstreifens in Parkplätze doch noch Ausgleichszahlungen leisten muss. Inhaltlich brachte die Sitzung wenig, zu sehr war man mit Vorwürfen der Diffamierung einerseits und dem Vorwurf des Verfolgungswahns andererseits beschäftigt.

Positiv: Nach der interfraktionellen Arbeitsgruppe »Finanzen« hatte sich die Arbeitsgruppe »Rathausumfeld« zu Wort gemeldet. Ihre Ideen und Vorschläge, die einen weit in die Zukunft geplanten Um- oder Neubau der Behörden und der Verwertung gemeindeeigener Grundstücke zum Inhalt ­hatten, wurden bei nur ei­ner Gegenstimme begrüßt. Ebenso verhielt sich der ansonsten zutiefst zerstrittene Gemeinderat beim Thema Zuschusserhöhung für die Nachbarschaftshilfe.

Beim Nachsitzen am nächsten Morgen hatten sich laut Gemeindeverwaltung die Gemüter der fast vollzählig versammelten Räte wieder ein wenig beruhigt. Nach 90 Minuten waren die letzten strittigen Punkte vor der Sommerpause vom Tisch, und auch Theo Bader sah keinen Grund mehr, sich frühzeitig aus dem Saal zu entfernen. Oliver Oswald

Artikel vom 05.08.2009
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