In Garching wird um Verantwortlichkeiten gestritten, während Menschen leiden

Garching · »Urteile« sind keine Lösung

Piroschka Zahlecker-Reuter und Manfred Reuter haben keine Zeit, das Ergebnis aller Verwaltungsverfahren abzuwarten – es geht um ihre Gesundheit.	Foto: ks

Piroschka Zahlecker-Reuter und Manfred Reuter haben keine Zeit, das Ergebnis aller Verwaltungsverfahren abzuwarten – es geht um ihre Gesundheit. Foto: ks

Garching · Es wird nicht besser. Die Ausdünstungen der im U-Bahnhof Garching verbauten Schwellen lassen nicht nach, schwanken manchmal sogar leicht nach oben. Ein erstes Urteil gesteht Mietern in unmittelbarer Nähe des U-Bahn-Eingangs bereits zu, die Miete zwischen 15 und 25 Prozent zu senken – je nach Jahreszeit. Das Urteil für die nächsten Mieter, die ihre Zahlungen bereits reduziert haben, wird in diesen Tagen erwartet – es dürfte kaum anders ausfallen.

Das befürchtet auch die Stadt Garching. Denn damit die Vermieter, die die Mieteinbußen verkraften müssen, ohne etwas an der Ursache für die Mietminderungen ändern zu können, nicht auf dem finanziellen Schaden sitzen bleiben, haben sie die Stadt Garching als »Streitverkündete« benannt.

Daraufhin hat diese wiede­rum die Stadt München als Streitverkündete benannt. Damit müssen weitere Prozesse klären, ob die Vermieter ihre Ansprüche gegenüber der Stadt Garching geltend machen können – und ob diese sich dann wiederum bei der Stadt München schadlos halten oder zumindest die finanzielle Last teilen kann. Christine Brösamle, im Bauamt der Stadt Garching für den U-Bahn-Bau verantwortlich, erklärt gegenüber der Münchener Nord-Rundschau: »Es gibt eine Zweckvereinbarung zwischen der Stadt Garching und der Stadt München, in deren Rahmen man sich noch einmal gemeinsam darüber auseinandersetzen muss, ob die Probleme vorhersehbar gewesen wären.« Am 30. Juni, fügt Brösamle hinzu, werde sich das Baureferat der Stadt München voraussichtlich in der Garchinger Stadtratssitzung äußern. Die Sitzung findet um 19.30 Uhr im Großen Ratssaal (Rathausplatz 3) statt.

Für die Stadt Garching handelt es sich um ein langwieriges, kompliziertes und unter Umständen teures Verwaltungsverfahren – für die betroffenen Anwohner geht es um ihre Lebensqualität und um viel mehr: Um ihre Gesundheit, die sie langfristig bedroht sehen.

Zu denen, die jeden Tag mit einem Urteil in Sachen Mietminderung rechnen, gehören Piroschka Zahlecker-­Reuter und ihr Mann, Manfred Reuter. Dabei geht es ihnen eigentlich gar nicht darum, weniger Miete zu zahlen – es geht ihnen darum, dass endlich etwas geschieht. Beim Fototermin mit der Münchener Nord-Rundschau am offenen Fenster ihrer Wohnung direkt am Bürgerplatz, im ersten Stock, befällt Piroschka Zahlecker-Reuter sofort ein trockener Husten, wenn unten im U-Bahnhof eine Bahn einfährt und einen Schwall der von den Ausgasungen der Schwellen belasteten Luft an die Oberfläche drängt. Bei Manfred Reuter röten sich die Augen, sie schwellen an, seine Stimme klingt belegt.

»Neumieter bekommen den Zusatz im Mietvertrag, dass sie keine Mietminderung wegen Geruchsbelästigung fordern dürfen«, erzählt Zahlecker-Reuter. Das Paar sieht keine Chance mehr, in der Wohnung zu bleiben, ist seit zwei Jahren auf Wohnungssuche für sich und die an den Rollstuhl gefesselte Mutter, die im selben Haus wohnt. Die aktuellen Bemühungen der Stadt Garching um mehr allgemeinen Emissionsschutz ­erscheinen der Familie in diesem Zusammenhang nur noch wie eine Farce. Eva Mäkler

Artikel vom 23.06.2009
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