Stadtarchiv am Nordbad beteiligt sich an Hilfseinsätzen für Kölner Stadtarchiv

Schwabing · »Rettung dauert 30 Jahre«

Archivoberrat Dr. Ingo Schwab weiß um die Bedeutung des Kölner Stadtarchivs. Dort zu helfen, war deshalb selbstverständlich für ihn.	Foto: au

Archivoberrat Dr. Ingo Schwab weiß um die Bedeutung des Kölner Stadtarchivs. Dort zu helfen, war deshalb selbstverständlich für ihn. Foto: au

Schwabing · Als Dr. Ingo Schwab, Archivoberrat im Stadtarchiv München am Nordbad, vom Einsturz des Kölner Stadtarchivs im März erfuhr, war für ihn sofort klar: »Die brauchen Hilfe, da muss ich hin.« Einige Wochen später, nach Abschluss der ersten Rettungsmaßnahmen in Köln, war es dann soweit: In Absprache mit seinem Arbeitgeber fuhr er am 20. Mai für fünf Tage nach Köln, um die zahlreichen Helfer dort zu unterstützen.

»Meine Arbeit war eigentlich recht simpel, erzählt Schwab. So habe sein Tagesablauf im Großen und Ganzen daraus bestanden, Pappkisten mit zuvor von der Feuerwehr und dem Technischen Hilfsdienst geborgenem Material zu durchforsten und nach Überresten der Archivalien zu suchen. Unangenehm sei dabei der ganze Staub und Dreck gewesen: »Da musste man dann schon mehrmals am Tag duschen.« Doch alles in allem sei es eine Arbeit gewesen, die jeder hätte machen können, betont er und erklärt bescheiden: »Ich habe da wirklich nichts Außergewöhnliches vollbracht.«

Für seine prompte Hilfe sieht Schwab auch einen persönlichen Grund. Denn in seiner beruflichen Laufbahn habe er das Kölner Archiv schon häufiger genutzt, um an Informationen zu kommen. »Erst im November war ich für Recherchearbeiten dort. Die Kölner Kollegen waren stets sehr freundlich und entgegenkommend«, erinnert er sich. Von dieser Hilfsbereitschaft jetzt etwas zurück zu geben, sei für ihn daher eine Selbstverständlichkeit. Und auch für das Münchner Stadtarchiv sieht Schwab einen Vorteil durch seine Hilfe. »Ich konnte viele nützliche Erfahrungen sammeln!« Diese könnten bei der Entwicklung zukünftiger Notfallpläne helfen.

Das haben auch die staatlichen Archive Bayerns erkannt, die bereits 14 freiwillige Helfer nach Köln geschickt haben. »Die Mitarbeiter können vor Ort wichtige Erkenntnisse über die Folgen einer solchen Katastrophe und den Ablauf der Rettungseinsätze gewinnen«, weiß Christa Schmeißer, die Generaldirektorin. Deshalb werde man auch noch weitere Helfer nach Köln schicken. Ende Mai war eine achtköpfige Gruppe dort, die gemeinsam mit einer Restauratorin aus dem Stadtarchiv angepackt hat. Doch nicht nur aus Bayern kommt Unterstützung. »Aus ganz Deutschland waren und sind dort Menschen, die helfen. Sogar aus Tschechien kamen Freiwillige«, so Schwab. Die Zusammenarbeit mit all den Helfern, sei ziemlich kollegial gewesen.

Doch die Stimmung war zeitweise auch bedrückend: »Eines Tages brachte man uns Pergamenturkunden aus dem frühen 12. Jahrhundert. Da wird einem erst so richtig bewusst, wie bedeutend die Dokumente sind, die da unter dem Schutt vergraben sind.« Besonders deprimierend sei aber gewesen, dass man immerzu gefragt wurde, »wie viel denn schon gerettet ist«. Doch das könne man beim besten Willen nicht sagen, da die eigentliche »Rettungsarbeit« erst nach den Bergungsarbeiten beginne. Erst dann könne damit begonnen werden, alles wieder in eine archivische Ordnung zu bringen. »Und das dauert mindestens 30 Jahre«, so Schwab. S. Austen

Artikel vom 09.06.2009
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