Sind Münchens Mieten überhaupt noch zu bezahlen?

München · Teures Pflaster

Viele Mietshäuser in München sind dringend sanierungsbedürftig. Foto: js

Viele Mietshäuser in München sind dringend sanierungsbedürftig. Foto: js

München ist ein teures Pflaster – und die Lage spitzt sich weiter zu. Der Mieterverein München fürchtet, dass zahlreichen Bürgern in den kommenden Monaten eine Mieterhöhung ins Haus stehen könnte. Auch die Stadt bedauert den Mangel an bezahlbarem Wohnraum und will mit speziellen Förderprogrammen gegensteuern. Laut aktuellem Mietspiegel sind die Quadratmeterpreise für Wohnungen in den vergangenen zwei Jahren um mehr als sechs Prozent gestiegen.

„Seitdem hat bei uns der Beratungsbedarf stark zugenommen“, sagt Monika Schmid-Balzert, stellvertretende Geschäftsführerin des Mietervereins. Zahlreiche Mitglieder hätten sich gerade in den vergangenen Wochen aufgrund von Mieterhöhungen an ihre Institution gewendet. „Unsere Aktivitäten in diesem Bereich sind um etwa 20 Prozent gestiegen“, schätzt sie. Der Grund: Viele Vermieter nehmen den neuen Mietspiegel zum Anlass, die Miete nun anzuheben. „Jetzt wird die Gelegenheit beim Schopf gepackt“, sagt sie. Voll entfalten werde sich diese Tendenz in den nächsten Monaten, glaubt sie. „Uns steht eine große Welle an Mieterhöhungen bevor.“

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Auch die Stadt betrachtet die Wohnungssituation in München mit Sorge. „Wer gut verdient, hat zwar keine Probleme“, sagt Fabian Riedl, Sprecher des Sozialreferats. Allerdings gebe es zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Auch an Sozialwohnungen fehle es. Zwar versuche die Stadt, mit Baumaßnahmen einen Ausgleich zu schaffen. Allerdings sei dies aufgrund der dichten Besiedlung nur begrenzt möglich. Ziel der Kommune sei zudem, den sozialen Wohnungsbau breitflächig zu verteilen. „Zustände wie in den Vororten von Paris wollen wir hier nicht“, betont der Sprecher.

Aktuell sei der Bau eines preisgebundenen Mietshauses in der Truderinger Straße geplant. „Aber dort werden nur 15 neue Einheiten entstehen, damit können wir das Wohnungsproblem im Münchner Osten nicht lösen“, gibt Riedl zu. Stadtweit stünden derzeit 10.000 Bewerber auf der Warteliste. Jährlich würden jedoch nur rund 3.500 Einheiten frei. Hinzu komme, dass die Preisbindung der kommunal geförderten Bauprojekte aus den 70er-Jahren nun auslaufe und somit zahlreiche Sozialwohnungen inzwischen zu regulären Preisen am freien Markt angeboten würden.

Nach Angaben des Planungsreferats ist der Bestand deshalb im vergangenen Jahr um 1.700 Einheiten gesunken. Um eine Explosion der Mieten zu vermeiden, investiere die Stadt jedoch auch in den frei finanzierten Wohnungsmarkt, sagt Michael Hardi, Sprecher der Behörde. „Institutionelle Anbieter wie etwa große Versicherungen haben sich zurückgezogen“, erklärt er. Die Folge: Viele Häuser seien verkauft und die einzelnen Einheiten in Eigentumswohnungen umgewandelt worden. Aufgrund des geringeren Angebots und der starken Nachfrage seien die Preise am Mietmarkt gestiegen. Um diese Entwicklung einzudämmen, stelle die Stadt derzeit im München-Programm Fördermittel von 625 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Damit sollen pro Jahr auch 7.000 neue Wohneinheiten geschaffen werden, unter anderem am Hirschgarten und in Freiham.

Weiterer Auslöser für die hohen Mieten ist Schmid-Balzert zufolge auch die Modernisierung von Wohnungen. „Gerade in Stadtteilen mit vielen Altbauten ist das ein großes Problem“, sagt sie. Sanierungsprojekte seien ein zweischneidiges Schwert, weil die Kosten auf den Mieter umgelegt würden: „Ein Rentner kann sich dann seine Wohnung unter Umständen gar nicht mehr leisten.“ Hiervon betroffen seien derzeit mehrere Häuser im Dreimühlenviertel, aber auch Anwohner aus der Au, Haidhausen und dem Lehel seien bereits bedroht.

Doch nicht nur Bürger aus dem Zentrum haben mit dieser Situation zu kämpfen: Auch die Bewohner des Ludwigsfelds im Münchner Norden müssen nach der Sanierung ihrer Anlage mit Mieterhöhungen rechnen. „Wir haben lange versucht, öffentliche Fördermittel für das Projekt zu vermitteln“, sagt Markus Auerbach (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses Feldmoching-Hasenbergl (BA 24). Dann nämlich sei eine Umlage der Kosten auf die Mieter nicht mehr zulässig. Allerdings seien die Bemühungen des Stadtteilparlaments ergebnislos verlaufen.

Auch Rudolf Stürzer, Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins, kennt das Problem. Hier gebe es einen starken Interessenkonflikt: „Einerseits soll aus ökologischen Gründen saniert werden, andererseits können dann die Mieten nicht mehr gezahlt werden.“ Modernisierung helfe zwar, den Energieverbrauch zu senken, jedoch hätten viele Vermieter eine gewisse Scheu vor drohenden gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Von Julia Stark

Artikel vom 04.06.2009
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