Gewerbe in Neubiberg soll gestärkt und erweitert werden

Neubiberg · Kaufkraft binden

Heinz Hagen vom Behindertenbeirat, Ralf Popien, Wirtschaftsgeograf, Günter Heyland, Bürgermeister Neubiberg, Thomas Felber, Buchhändler und Michael Roth, Zweiter Vorsitzender des Gewerbeverbandes. Foto: mst

Heinz Hagen vom Behindertenbeirat, Ralf Popien, Wirtschaftsgeograf, Günter Heyland, Bürgermeister Neubiberg, Thomas Felber, Buchhändler und Michael Roth, Zweiter Vorsitzender des Gewerbeverbandes. Foto: mst

Neubiberg · »Da haben Sie Defizite«, erklärte Ralf Popien, bei der Vorstellung des Gutachtens zur Steigerung der Ortsattraktivität am vergangenen Donnerstag. Beim »Runden Tisch Gewerbe« stellte der Wirtschaftsgeograf in der Gaststätte »Minoa« vor rund 50 Zuhörern ein umfangreiches Einzelhandelsgutachten vor. Mittelfristiges Ziel ist es, die Kaufkraft stärker an Neubiberg zu binden, das Zentrum um Haupt- und Kaiserstraße ansprechender zu gestalten und auch neue Standorte für Geschäfte und Discounter zu eruieren.

Denn die Neubiberger scheinen überall einzukaufen – nur nicht in ihrer eigenen Gemeinde. Das ist das Ergebnis, das eine von Popien vorgenommene Befragung von 28 Geschäftsinhabern und 998 Haushalten ergeben hat. Mit einer Filiale eines großen Lebensmittelkonzerns an der Hauptstraße gibt es nur einen Discounter, und der ist nur 375 Quadratmeter groß. Normal in diesem Segment wären mindestens 1000 Quadratmeter. Das Isar-Center in Ottobrunn ist nur einen Steinwurf entfernt, und auch die Nachbargemeinde Unterhaching ist mit Lidl, Aldi und Edeka so gut bestückt, dass dort alles zu finden ist, was das Herz begehrt. Kneipen und Cafés? In der Gemeinde eher Fehlanzeige. Die jungen Leute, vor allem die Studenten der Bundeswehruniversität, zieht es abends in die Landeshauptstadt, die mit der S-Bahn in 20 Minuten zu erreichen ist. Insgesamt ist das Einkaufsverhalten stark an den Gegebenheiten der umliegenden Kommunen und Münchens mit dem nahe gelegenen Einkaufszentrum in Neuperlach orientiert – zu stark, wie das Fazit des Wirtschaftsgeografen lautet: »Es fehlt in Ihrer Gemeinde an attraktiven Betriebsformaten.« Beispiel Lebensmittel: Nur 24 Prozent der Bevölkerung decken den Bedarf an diesen Waren in den Neubiberger Geschäften ab. Zum Vergleich: In Oberschleißheim im Landkreis München-Nord sind es 73 Prozent. Bei Drogerieartikeln ist die Situation mit 42,9 Prozent ähnlich trist. Biomärkte und Spielwarengeschäfte sind hier zu Lande kaum vorhanden. Lediglich im Bereich »Kleine Geschenke« kann sich die Situation vor Ort sehen lassen: 53 Prozent beträgt hier der Wert. Doch das ist eher wie ein Tropfen auf dem heißen Stein: Dem Gutachten zufolge fließen insgesamt 24 Prozent der Neubiberger Kaufkraft alleine in die Nachbargemeinde Ottobrunn ab, mit 23 Prozent entscheidet sich nur etwas mehr als ein Fünftel der Bevölkerung dafür, ihre Erledigungen vor Ort zu tätigen. Woran liegt das, und was lässt sich dagegen unternehmen?

Die Erkenntnis, dass es an Flächen für die Ansiedlung von Discountern und größeren Lebensmittelgeschäften fehlt, beschäftigt den Neubiberger Gemeinderat schon lange, immer wieder wurden deswegen die brach liegenden Flächen am Bahnhofsplatz ins Spiel gebracht. »Die Chancen dort sind größer als die Risiken«, ist Popien überzeugt. Ein »Einkaufszentrum Bahnhofsplatz« könne die Situation wesentlich verbessern: Mit der »Installierung von modernen Betriebsformaten«, also großflächigen Vollsortimentern, könne der »Kaufkraftrückfluss« bewerkstelligt werden. Der Wirtschaftsexperte plädierte auch dafür, die Ladenöffnungszeiten aneinander anzupassen und auszuweiten. So hätten 90 Prozent der Befragten angegeben, dass sie längere Öffnungszeiten als bis 18.00 Uhr wünschten. Die Anwesenden, darunter zwei Vertreter des örtlichen Gewerbeverbands, freuten sich, dass es mit dem Gutachten eine umfassende Situationsbeschreibung gibt: »Das ist eine sehr gute Analyse«, sagte Thomas Felber, der Buchhändler ist und für die Freie-Wähler-Gruppierung N@U im Neubiberger Gemeinderat sitzt. Absolute Prämisse habe, die Hauptstraße »vom Durchgangsverkehr zu befreien«. Zweiter Vorsitzender des Gewerbeverbands Michael Roth merkte zu den Ladenöffnungszeiten an, dass es »unendlich schwierig« sein werde, alle Gewerbetreibenden »an einen Tisch zu bringen«. Neubibergs Bürgermeister Günter Heyland (N@U) appellierte an die Händler, das Gespräch zu suchen und an den Themen dran zu bleiben. In puncto Bahnhofsvorplatz werde die Gemeinde »in die öffentliche Diskussion gehen«. Der Gemeinderat werde hier das Thema weiterverfolgen.

mst

Artikel vom 06.05.2009
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