Mieter der Stuckstraße kämpfen gegen Kahlschlag in ihrer Wohnanlage

Bogenhausen · Grüne Idylle erhalten

Brigitte Janietz, Ulla Goergens und Dr. Christian Steinmann (v. li.) wehren sich gegen den »Kahlschlag«: Sie wollen die Rankpflanzen an ihren Wohnungen retten – auch wegen der dort nistenden Vögel.             Fotos: ak

Brigitte Janietz, Ulla Goergens und Dr. Christian Steinmann (v. li.) wehren sich gegen den »Kahlschlag«: Sie wollen die Rankpflanzen an ihren Wohnungen retten – auch wegen der dort nistenden Vögel. Fotos: ak

Bogenhausen · »Wenn die Gärtner anrücken, lassen wir sie einfach nicht rein.« Die Bewohner der Stuckstraße 8 in Bogenhausen wehren sich. Denn sie wollen ihre Rankpflanzen, die die nackten Hauswände des 60er Jahre-Betonbaus verhüllen, auf keinen Fall entfernen lassen. Das sieht der Vermieter jedoch ganz anders. In einem Schreiben teilt die Bayerische Landesbrandversicherungs AG allen Mietern mit, dass wegen »Wasserschäden in einzelnen Wohnungen« die Rankpflanzen »einschließlich der im Boden befindlichen Wurzelstöcke entfernt werde müssen«.

Ein Sachver­ständigengutachten habe ergeben, dass die Äste der Pflanzen in die Fugen der vorgehängten Waschbetonfassadenplatten eingedrungen seien und die Wärmedämmung stark beschädigt hätten.

»Ich zweifle dieses Gutachten jedoch stark an«, sagt Dr. Christian Steinmann. Auch seine Nachbarn zeigen sich skeptisch. »In meiner Wohnung war nie ein Gutachter, der sich die Pflanzen angeschaut oder die Beschaffenheit der Wände und Fugen überprüft hätte«, sagt Brigitte Janietz. Der Landesbrandversicherung liegen jedoch gutachterliche Aussagen und Stellungnahmen der vergangenen Jahre vor, »welche immer wieder auf die Problematik des Efeubewuchses hinweisen«, sagt Thomas Bundschuh, Pressesprecher der Versicherungskammer Bayern. Als Eigentümer sehe man sich jedoch nicht in der Pflicht, den Mietern diese Gutachten vorzulegen.

Teilweise wohnen die Mieter der Stuckstraße bereits seit 40 Jahren in ihren Maisonette-Wohnungen. Alle haben ihre kleinen Gärten liebevoll angelegt. Die unschönen Betonwände haben sie mit wildem Wein oder Efeu begrünt – ein grünes Idyll zwischen den Häuserschluchten, das die Mieter sich bewahren wollen. »In meiner Hecke nisten regelmäßig Vögel. Aktuell brütet eine Haubenmeise in der Efeu-Hecke«, berichtet Ulla Goergens.

Dass man grundsätzlich an einer grünen Wohnanlage interessiert sei, bekräftigt auch der Unternehmenssprecher. Man müsse jedoch darauf achten, »dass kein unnötiger Wertverlust entsteht und damit kein wirtschaftlicher Schaden für den Eigentümer«. »Das schulden wir nicht nur unseren Mietern, sondern auch allen unseren Kunden, deren Beiträge wir zu einem gewissen Teil auch in unseren Immobilienbestand investieren«, gibt Bundschuh zu bedenken.

Doch die Mieter bleiben hart. Sie sind der Meinung, dass die Wasserschäden in den Wohnungen im obersten Stockwerk nicht von den Pflanzen, sondern vom maroden Flachdach kommen. Bundschuh: »Diesen Vorwurf prüft die Versicherungskammer aktuell.«

Doch einen kleinen Erfolg können die Mieter bereits verzeichnen. Denn die Gärtner werden bis auf Weiteres nicht anrücken. Der Unternehmenssprecher erklärt: »Die Einwände der Mieter nehmen wir sehr ernst. Aktuell prüfen wir alle Argumente, was einige Tage dauern wird. Solange werden die gärtnerischen Arbeiten ausgesetzt.«

Aufatmen können die Mieter also, aber ob sie mehr erreichen, ist fraglich. Denn die Versicherungskammer ist entschlossen, den Bewuchs an »neuralgischen Stellen und Bereichen, die bereits bauliche Mängel aufweisen« zu entfernen. A. Koller

Artikel vom 28.04.2009
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