Neue Tafeln für das „rosa Stangerl“ am Glockenbach

Isarvorstadt – Der Integrations-Maibaum

Isarvorstadt – Der Maibaum am Glockenbach bekommt sechs neue Tafeln. Da die Motive heuer von sozialen und kulturellen Einrichtungen des Viertels stammen wie dem Kinder- und Jugendhaus Kunterbunt (Kubu), dem Nord Süd Forum und dem Wirtshaus im Fraunhofer, dürfte das weniger Wellen schlagen als 2008: Hatte es doch das Schwule Kommunikations- und Kulturzentrum München (Sub) in der Müllerstraße gewagt, den wohl ersten „schwulen“ Maibaum Deutschlands am Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz aufzustellen.

Die neuen Motive werden am 1. Mai bei einem großen Fest enthüllt, zu dem jeder eingeladen ist. Das Programm gestalten ab 11 Uhr Musikgruppen aus Bayern und der Welt: von der Aubinger Dorfmusik (bekannt vom Wiesn-Karussell Krinoline) über die Alpenköniginnen Susi und Tanja Raith, bis Afro-Folk, G.Rag & Die Landlergschwister und Nu Jazz.

„Der Maibaum spiegelt die Vielfalt des zweiten Stadtbezirks wider“, meint Uwe Hagenberg, Vorstand vom federführenden Sub. „Das Miteinander der verschiedenen Menschen und Gruppen macht die Lebensqualität der Isarvorstadt aus.“ So beschäftigt sich der Holzbildhauer und Restaurator Rainer Maria Strixner, dessen Atelier sich in Sichtweite des Maibaums befindet, mit einer alten Institution im Viertel, dem Wirtshaus im Fraunhofer, dessen Historie bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Mirtha Monge, 1954 in Peru geboren, übernimmt den Auftrag des Nord Süd Forums. Die Malerin, Bildhauerin und Performance-Künstlerin lebt seit 1984 in Deutschland, ihr Thema ist die Heimat.

Für den Glockenbachmaibaum gestaltet sie vier „Straßenschilder“, eines widmet sie den Indianerkindern Juri und Miranha, die Naturforscher 1820 nach München verschleppten. Die zwei Tafeln des Kinder- und Jugendhauses Kunterbunt (Kubu) gestaltet die Kubu-Stammbesucherin Marion Pfleghar. Für die gebürtige Glockenbacherin ist dieser „Auftrag“ eine Premiere. Als Inspiration für Pfleghars Entwürfe, Kinder mit Fußball und der Kubu-Schriftzug im Graffitistil, nennt die 18-Jährige, die bereits eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin absolvierte, ihre „eigene glückliche Kindheit am Glockenbach“.

Trotz des Aufruhrs, den der homosexuell angehauchte Glockenbachmaibaum vergangenes Jahr verursacht hat – für Michael Ritter, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Brauchtum beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege, ist er „kein Bruch mit der Tradition“. Im Gegenteil, er erfülle die „ureigenste Funktion“ des Maibaums: geschält, oben begrünt und mit Tafeln öffentlicher Einrichtungen. Der Maibaum, übrigens kein spezifisch bayerisches Phänomen seit Anfang des 19. Jahrhunderts, sondern in ganz Europa zu finden, sei ein Symbol für die Dorfgemeinschaft oder in dem Fall das Stadtviertel, und stehe für Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit.

Ritter gefällt beim Glockenbachbaum der Bezug auf die „heutige Realität und die tatsächlichen kulturellen Zusammenhänge“, statt auf „heile Welt“. Beeindruckend findet der Heimatpfleger, „wie eine Gemeinschaft wie das Glockenbachviertel mit ihrem Baum jedes Jahr soviel Mühe und Kreativität an den Tag legt.“ ms

Artikel vom 23.04.2009
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...