Interview mit Florian Zenker von der Fanaktion XXX-Tausend

Das Giesing-Gefühl

Florian Zenker, Sie sind einer der Initiatoren der Fanaktion XXX-Tausend. Am Samstag, 30. Mai 2009 ist es wieder soweit, ihr ruft die Fans ins Stadion an der Grünwalder Straße. Worum geht es euch und was ist geplant?

Wir wollen beim letzten Heimspiel unserer U23 in der Regionalliga Süd das Sechzger-Stadion richtig voll machen und mit Tausenden Besuchern der tollen Nachwuchsarbeit der Löwen fetten Respekt erweisen. Die Vorgängerveranstaltungen X-Tausend und XX-Tausend haben gezeigt, was für rauschende Fußballfeste die Fans des TSV auf die Beine stellen. Da schwärmen viele heute noch davon. Außerdem geht es uns darum, erneut ein deutliches Signal an den Münchner Stadtrat zu senden, dass das Sechzger-Stadion erhalten bleiben muss. Das Sechzger-Stadion ist und bleibt für den TSV 1860 unverzichtbar.

Warum hängt ihr eigentlich so an dem alten Kasten?

Es ist nicht nur das Stadion allein. Es ist der ganze Stadtteil, der Löwenfans schon immer elektrisiert. Einfach das Giesing-Gefühl. Hier schlägt das Herz von Sechzig. Vom frühen Vormittag an füllen sich am Spieltag die Straßen und Kneipen in der Nachbarschaft mit Weiß-Blauen. In Trauben stehen die Fans vor der Tür. Da wird leidenschaftlich diskutiert, gelacht, gesungen und sich gemeinsam auf das Spiel eingestimmt. Es herrscht eine Art Festtagsatmosphäre. Das ist unvergleichlich. Wer das nicht erlebt hat, hat keine Ahnung von ­Sechzig.

Auffallend ist, dass gerade viele junge Fans begeisterte Freunde des Stadions an der Grünwalder Straße sind. Woher glauben Sie kommt das?

Da bin ich teilweise selbst überrascht. Es scheint eine tiefe Sehnsucht zu geben nach einer ursprünglichen, traditionellen Fußballatmosphäre, die den Fans Raum lässt, um selbst Teil des Spiels zu sein. Vielleicht hat auch die Kommerzialisierung des Fußballs mittlerweile einen Grad erreicht, der das Pendel nun in die andere Richtung schlagen lässt? Ich weiß es nicht.

Wie reagiert die Nachbarschaft auf das Stadion, gibt es keine Anwohnerproteste?

Sie werden in ganz Deutschland kein Fußballstadion finden, von dem sich nicht irgendein Anwohner gestört fühlt. Das ist völlig normal. Keineswegs normal ist aber, mit welcher Liebe die Giesingerinnen und Giesinger zu »ihrem« Stadion stehen. Die Bürgerversammlungen im Stadtbezirk 17 Obergiesing und im Stadtbezirk 18 Untergiesing-Harlaching votieren seit Jahren nahezu einstimmig für den Erhalt. Die Bewohner des Viertels identifizieren sich stark mit dem Sechzger-Stadion und betrachten es als ein Wahrzeichen Giesings.

Die Polizei klagt über Mehrarbeit und Krawalle im Ligabetrieb.

Das halte ich für politisch motivierte Übertreibung. »Klagen ist der Gruß des Kaufmanns« sagt ein altes Sprichwort und in diesem Fall möchte ich hinzufügen, auch der Polizei. Aber Polizeiinteressen müssen nicht automatisch Bürgerinteressen sein. Nach meiner Einschätzung sind Auseinandersetzungen unter Fans verglichen mit früheren Zeiten sogar deutlich zurückgegangen. Dafür ist die mediale Aufmerksamkeit und die Art der Berichterstattung eine andere geworden. Sensationsgier und Konkurrenzkampf der Medien führen zu Schlagzeilen, die oft mit der Realität nichts mehr zu tun haben. Richtig ist aber auch, dass die meisten Polizisten einen super Job machen und viel Verständnis für Fußballfans mitbringen, wenn sie nicht sogar selbst welche sind.

Kritiker monieren immer wieder die fehlenden Parkplätze rund ums Stadion.

Es gibt keine Sportstätte in Deutschland, die besser an den öffentlichen Nahverkehr einer Großstadt angeschlossen ist, als das Stadion an der Grünwalder Straße. Was mich an dem Argument "keine Parkplätze" ärgert ist, dass wir heute – während Politik und Gesellschaft gleichzeitig die wichtige Klimadiskussion führen – noch immer glauben, dass ein Stadion inmitten der Stadt zwingend für ungebremsten Individualverkehr zugerichtet sein müsste. Als ob drei bestehende U-Bahnhaltestationen, eine Trambahnhaltestelle und mehrere Bushaltestellen in direkter Stadionnähe nicht reichen würden? Ich würde mich freuen, wenn das Sechzger-Stadion in Zukunft zu einem Vorbild für ökologisch verträglichen innerstädtischen Sportstättenbau würde. Aber das war jetzt ein Blick in die Kristallkugel. Für den 30. Mai erwarte ich keinerlei Probleme. Am Spieltag selbst werden ankommende Busse von außerhalb wie gewohnt entlang des Candidbergs parken können. Der Münchner kommt mit dem MVV.

Wie kommen Sie zum Stadion?

Zu Fuß, mit meinen beiden Söhnen. Ich wohne in Untergiesing.

Artikel vom 08.04.2009
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