Kultusminister Spaenle stellt sich den Fragen der Bürger

Höhenkirchen–Siegertsbrunn · Zukunft der Bildung

Beim Bildungsgipfel in Siegertsbrunn (v. r.): Landrätin Johanna Rumschöttel, Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle, Bürgermeisterin Ursula Mayer und CSU-Ortsvorsitzender Roland Spingler.  Foto: Schwarz-Mehrens

Beim Bildungsgipfel in Siegertsbrunn (v. r.): Landrätin Johanna Rumschöttel, Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle, Bürgermeisterin Ursula Mayer und CSU-Ortsvorsitzender Roland Spingler. Foto: Schwarz-Mehrens

Höhenkirchen–Siegertsbrunn · Beim regionalen »Bildungsgipfel« in Siegertsbrunn stellte ­Kultusminister Dr. Ludwig ­Spaenle kürzlich zahlreichen Bürgermeistern, Schulleitern, Rektoren, Elternbeiräten und interessierten Eltern die neue Bildungspolitik der Staatsregierung vor.

Außerdem wollte der Bildungs­experte mit ihnen allen ins Gespräch kommen und Anregungen mit in die Staatskanzlei nehmen. Nach Ostern wolle er damit beginnen, Runde Tische als Dialogforen in den bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten einzurichten, wo Vorschläge für die Bildungslandschaft vor Ort erarbeitet werden sollen, erklärte er.

Weitere Artikel zum Thema

Spaenle fasste in seiner Rede die Lage, Ziele und Prinzipien der bayerischen Bildungspolitik zusammen, die er in seiner Regierungserklärung Ende März ausführlich dargelegt hatte. Unter den Leitzielen »Qualität und Gerechtigkeit« sollen die jungen Menschen eine Schulbildung erhalten, die ihren Begabungen und Talenten gemäß und von ihrem sozialen oder kulturellen Hintergrund unabhängig ist. Dabei soll das differenzierte und durchlässige bayerische Schulsystem weiterentwickelt werden. Solche hochgesteckten Ziele erfordern entsprechende finanzielle Mittel. Dazu teilte der Minister mit, dass am Tag des »Bildungsgipfels« der Einzelhaushalt des Kultusministeriums mit neun Milliarden Euro vom Bayerischen Landtag verabschiedet worden ist.

Ganztagsangebote teuer für Kommunen

Von Bürgermeisterseite gab es bei der Diskussion auch gleich Wünsche zur besseren finanziellen Unterstützung bei den Ganztagsangeboten. Stefan Kern, Bürgermeister von Brunnthal, zeigte für seine Gemeinde auf, dass die 100 Betreuungsplätze für Kinder der ersten bis vierten Klasse teuer seien, da vormittags die Horträume und nachmittags die Grundschulräume leer stünden. Er schlug vor, schon bei der Grundschule über das Ganztagesangebot nachzudenken, denn die Kommunen könnten den Aufwand kaum alleine schultern und bräuchten staatliche Unterstützung. Dazu sagte der Kultusminister, dass der Freistaat entsprechend dem mit dem Gemeindetag gefundenen Kompromiss die Trägerschaft für die offene und gebundene Ganztagsschule übernehme. Im Gesamtpaket seien beide Formen auch für die Grundschule enthalten. Nach den Plänen des Kultusministeriums sollen sich die Kommunen mit einer Kostenpauschale an der Ganztagsschule beteiligen. Günter Heyland, Bürgermeister von Neubiberg, stellte fest, dass seine Gemeinde jetzt mehr Beitrag für die einzelnen Bestandteile der Betreuung zahlen müsse, die in den Ganztagsbetrieb mit aufgenommen werden sollen, von der Mittagsbetreuung bis zur Schulsozialarbeit. Die Innovation hin zur Ganztagsschule gehe zu Lasten der Gemeinden und des Landkreises: »Wir gehen hier in Vorleistung, erwarten aber eine finanzielle Unterstützung von Seiten der Regierung.« Spaenle kündigte hierzu an, dass die staatlichen Zuschüsse bei der offenen Ganztagsschule deutlich verbessert würden. Auch wenn die Entwicklung in Richtung Ganztagsschule gehe, sehe er sie noch nicht als Regelschule. Das Ganztagsschulangebot solle »flächendeckend, aber nachfrageorientiert« sein. Das müsse auch an den Runden Tischen diskutiert werden.

Übertrittssorgen

In den Diskussionsbeiträgen, die von Seiten der Schulleiter, Lehrer und Eltern kamen, ging es vor allem um die Neuregelung des Übertrittsverfahrens von der Grundschule auf weiterführende Schulen sowie um den Bedarf an mehr und besser qualifizierten Lehr- und Betreuungskräften. Jakob Pritscher, Leiter der Neubiberger Realschule, sah bei der »Aufweichung« des Übertrittsverfahrens durch Stärkung des Elternwillens die Gefahr, dass die Hauptschule ausblute. Auch Spaenle rechnet, wie er sagte, mit einem weiteren Rückgang der Schülerzahlen an den Hauptschulen. Deshalb müsse die Hauptschule dringend fortentwickelt, womit man nach Ostern beginne.

Schwerpunkte seien dabei die Stärkung ihrer Kernkompetenzen, die Standortfrage und die Suche nach einem Kooperationspartner, wie es die Real-, Berufs- oder Wirtschaftsschule sein könnten. Christiane Bussert, Lehrerin an der Grundschule Taufkirchen am Wald, hielt die Bedenken, dass eine Stärkung des Elternwillens zur Beratungsresistenz beim Übertritt führen könne, für Schwarzmalerei. Nach ihrer Erfahrung zählten 90 Prozent der Eltern auf ihre Meinung. Beim Übertrittsverfahren sei eine Kombination von Beratung durch den Lehrer, Zensur und Elternwillen nötig. Mehr Sorgen mache ihr aber, dass nur Kinder weiterkämen, die Unterstützung oder Nachhilfe bekämen. Um hier Gerechtigkeit zu schaffen, sei eine Verbesserung der Förderung in der Hauptschule das Wichtigste.

Zu wenig und unzureichend qualifizierte Lehrer

Dass es hin zur bildungspolitisch angesagten Qualität noch ein Stück Weg ist, wurde bei der vielfachen Kritik an den zu großen Klassen, der zu geringen Zahl und oft unzureichenden Qualifikation von Lehrkräften deutlich. So forderte Dr. Walter Flemmer, Präsident der Bayerischen Akademie für Fernsehen, ausgebildete Pädagogen und pädagogisch qualifizierte Betreuungskräfte: »Wenn man Ganztagsschule will, dann muss das ein qualifiziertes Angebot sein.« Zur Behebung dieser Defizite hat sich Spaenle, wie er ausführte, viel vorgenommen. In den kommenden zwei Jahren sollen 2.700 neue Planstellen für Lehrer geschaffen und 1.000 befristete in unbefristete Verträge umgewandelt werden. Die Personalgewinnung sowie die Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung seien für ihn wichtige Aufgabenstellungen. Der »Bildungsgipfel« wurde von Bürgermeisterin Ursula Mayer stellvertretend für MdL Kerstin Schreyer-Stäblein moderiert, die als Stimmkreisabgeordnete zum Abend eingeladen hatte, aber wegen einer Kreistagssitzung erst gegen Ende der Veranstaltung kommen konnte. Schreyer-Stäblein bot in ihrem Schlusswort an, dass weitere Fragen zum Thema Schulpolitik an sie gerichtet werden können. Unter den Gästen waren auch der ehemalige Kultusminister Siegfried Schneider, Landrätin Johanna Rumschöttel und Schulamtsdirektor Anton Schonlau.

Weitere Fragen an MdL Kerstin Schreyer-Stäblein, Maximilianeum, 81627 München, Telefon 41 26 20 84, E-Mail: mdl@schreyer-staeblein.de

Schwarz-Mehrens

Artikel vom 08.04.2009
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...