Autismus bis Zuoz-Elite: Doku-Festival in Schwabing

Schwabing · Macht in all seinen Facetten

»Citizen Havel« zeigt Václav Havels Entwicklung vom Dissidenten zum Präsidenten.	BFILM Verleih/EYZ Media

»Citizen Havel« zeigt Václav Havels Entwicklung vom Dissidenten zum Präsidenten. BFILM Verleih/EYZ Media

Schwabing · Das Filmfestival »ueber Macht«, das seit Januar 2009 bis Herbst 2009 bundesweit durch 120 Städte tourt, ist vom 18. bis zum 27. März im Schwabinger Monopol Kino, Feilitzschstraße 7, zu Gast. Die Freiwilligenagentur Tatendrang ist der Münchner Koordinator des Festivals und organisiert das komplette Rahmenprogramm mit lokalen Diskussionspartnern.

Der Eintritt zu den Filmen kostet jeweils 5 Euro, Karten können im Kino unter Tel. 38 88 84 93 reserviert werden. »ueber Macht« widmet sich der Ambivalenz der Macht: Sie ist oft ein Tabu und selten unverhüllt zu sehen, aber sie verschwindet nicht, nur weil niemand hinschaut. Sie kann zum Missbrauch verführen – und ist doch unverzichtbar für jeden, der Veränderungen in Gang setzen will.

In insgesamt 13 aktuellen Dokumentarfilmen sind die vielfältigen Facetten von Macht zu sehen. Auch große Namen sind dabei: »Ihr Name ist Sabine« (Montag, 23. März, 18 Uhr) etwa ist das sehr persönliche Regiedebüt (2007) des französischen Schauspielstars Sandrine Bonnaire über ihre autistische Schwester Sabine. Danach gibt es eine Diskussion mit Dr. Nicosia Nieß, Vorsitzende von »autismus Oberbayern« und Mutter einer autistischen Tochter. Die Langzeitdokumentation »Citizen Havel« aus dem Jahr 2008 (Sonntag, 22. März, 18 Uhr) zeigt das Wirkens Václav Havels vom Dissidenten bis zum Präsidenten. Tilda Swinton solidarisiert sich mit ihrem Auftritt im Doku-Drama »Strange Culture« (Donnerstag, 26. März, 18 Uhr) mit dem Performance-Künstler Steve Kurtz, der mit seinem Arbeitsmittel – harmlose Bakterienkulturen – unter FBI-Überwachung und dem Verdacht »Bio-Terrorismus« steht.

Oder das Festival erlaubt einen Blick nach Turkmenistan (»Ruhnama«, Samstag, 21. März, 18 Uhr), repressiv wie Nordkorea, aber inszeniert wie eine Operette. Dort steht das Buch mit dem größten Schatten. Sein Titel: Ruhnama. Sein Autor: Saparmurat Nijasow, der kürzlich verstorbene Diktator von Turkmenistan.

Seine Herrschaft stützt sich auf seinen Personenkult stalinistischer Monstrosität, erbarmungslose Unterdrückung – und lukrative Geschäfte mit dem Westen. Das Buch ist immer dabei. Sein Inhalt wird bei allen Prüfungen abgefragt, sogar in der Fahrschule. Für westliche Konzerne ist der sicherste Weg zu den Ressourcen des Landes, das Ruhnama in ihre eigene Landessprache zu übersetzen. Die deutsche Fassung übernahm DaimlerChrysler. Und in der Hauptstadt steht sogar eine gigantische Statue des Buches – ein Geburtstagsgeschenk westlicher Unternehmen.

Demokratische Ideale wie Individualität und eigenständiges Denken scheinen auch nicht im »Lyceum Alpinum Zuoz«, einem imposanten Internat in den Schweizer Bergen, zur Tagesordnung zu gehören. Das zeigt »Zouz – Schule der Elite« (Dienstag, 24. März, 18 Uhr). Für Fehler gibt es keine Entschuldigung, was zählt ist reibungsloses Funktionieren, unablässige Leistungsbereitschaft und widerspruchslose Unterwerfung. Gehorsam, Härte, Konformismus, Kontrolle und die altbekannten Sekundärtugenden – sind das die Ideale der Zukunft?

Artikel vom 18.03.2009
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