Neun Einrichtungen gründen Initiative für eine bessere Pflege

Ottobrunn · Fairness in der Pflege

(V. l.) Barbara Zeh-Schollmeyer, Rolf Hopmann, Gisela Hüttis, Evelyn Klütsch, Ursula Cieslar, Thomas Geßner und Gabriele Hubitschka-Geßner.  Foto: Woschée

(V. l.) Barbara Zeh-Schollmeyer, Rolf Hopmann, Gisela Hüttis, Evelyn Klütsch, Ursula Cieslar, Thomas Geßner und Gabriele Hubitschka-Geßner. Foto: Woschée

Ottobrunn · »Jetzt sind wir noch neun Mitstreiter, aber bald, so hoffe ich, werden wir 90 sein und dann 900«, erklärte Gabriele Hubitschka-Geßner, die das Pflegeheim Haus am Wald, Lore-Malsch-Haus (Diakonie) leitet und zu den Mitbegründern von »Pflair« gehört, einer Initiative, die sich für mehr Fairness in der professionellen Pflege einsetzen will.

Die neun Mitbegründer der Initiative (Ursula Cieslar, Thomas Geßner, Rolf Homann, Gabriele Hubitschka-Geßner, Gisela Hüttis, Evelyn Klütsch, André Schinck, Jan Steinbach und Barbara Zeh-Schollmeyer) wollen Schluss machen mit dem negativen Image, das der Altenpflege anhaftet, zu unrecht, wie die neun Heimleiter betonen.

Die zahlreichen negativen Berichte in der Öffentlichkeit hätten dafür gesorgt, dass sich viele Menschen vor der Situation, einmal gepflegt zu werden fürchten und den Schritt in eine Senioreneinrichtung zu gehen, bis zum letzten Moment hinauszögerten, berichtete Ursula Cieslar, die das KWA-Stift Hanns-Seidel-Haus in Ottobrunn leitet.

Erschwert würde die in jeder Hinsicht anspruchsvolle Arbeit der Pflegekräfte auch durch die immer umfangreicheren Forderungen von Seiten der Pflegekassen, vor allem was die Dokumentationsarbeit in der Pflege anbelangt, informierte Ursula Cieslar weiter. Das Bild der Altenpflege in der Öffentlichkeit leide ebenfalls unter den vielen negativen Bericht­erstattungen in den Medien, wenn es um das Thema Altenpflege gehe.

Ein Bild, dass nur sehr verzehrt die Wirklichkeit wiedergebe, denn auch wenn es natürlich schwarze Schafe gebe, sei die Altenpflege viel besser als ihr Ruf. Dies konnte auch Hans von Imhof, der im Auftrag des Landratsamtes alle Pflegeeinrichtungen im Landkreis München kontrolliert, bestätigen. Echte Skandalfälle gebe es im Münchner Landkreis nicht, die Pflege sei in den meisten Fällen gut, so von Imhoff.

Das Problem liege im Bereich des Fachkräftemangels, das alle Einrichtungen betreffe. Hier will die Initiative einhaken, denn ohne qualifizierte Fachkräfte könne man auch keine gute Arbeit leisten, betonte Gabriele Hubitschka-Geßner. Gebraucht würden junge Kräfte, die Spaß an der Altenpflege hätten. Problematisch sei, dass viele junge Kräfte aber schon bald wieder das Handtuch werfen würden, da die Arbeit nicht nur physisch sondern auch psychisch anspruchsvoll sei und zudem auch im Schichtdienst gearbeitet werden müsse. Eine neue Regelung in der Ausbildung mache es für Seiteneinsteiger schwer, in den Beruf der Altenpflege zu wechseln, informierte Hubitschka-Geßner. Gerade aber die Frauen, die nach der Kinderphase wieder einsteigen wollten, wären den Häusern auf lange Zeit treu geblieben. Hier bestehe ebenfalls dringend Handlungsbedarf, waren sich die Leiter von Pflegeeinrichtungen im Landkreis einig. Hier sei die Politik gefragt, betonten die engagierten Gründer von Pflair. Vehement zurückgewiesen wurde der Vorwurf, die Altenpflege sei nicht transparent genug, das Gegenteil sei der Fall, betonte KWA-Stiftsdirektorin Gisela Hüttis vom Stift Brunneck. Die Berichte der Heimaufsicht würden allen Interessenten öffentlich zugänglich gemacht, viele Einrichtungen würden sie sogar ins Internet stellen. Gesetzlich verpflichtet seien sie zu diesem Schritt, betonte Cieslar.

Von Heimlichtuerei könne also keine Rede sein, zudem gebe es in den verschiedenen Häusern auch Heimbeiräte, in denen von den Bewohnern des Hauses gewählte Vertreter säßen, erklärte Gisela Hüttis weiter. Belastend wäre für viele Pflegekräfte auch der Umstand, dass viele Angehörige mit völlig überzogenen Forderungen ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen versuchten.

Ein wichtiger Schritt der Initiative sei, die Öffentlichkeit über die realistischen Möglichkeiten der Pflege zu informieren, um Missverständnisse von vorneherein aus der Welt zu schaffen. Die Tatsache, sich nicht selber um die Pflege seiner Angehörigen zu kümmern, belaste viele Menschen, die das damit zu kompensieren versuchten, wenigstens nur das Allerbeste zu erwarten. Die Pflegesätze gäben aber eindeutig darüber Auskunft, was finanziell abgedeckt sei und was nicht.

Über die umfassende Information hoffe man, die Umstände zu verändern und ein neues Bewusstsein in den Köpfen der Menschen zu schaffen, formulierten die Heimleiter ihre Hoffnung. Das Thema Altenpflege sei kein Spezialthema, sondern gehe alle an, denn jeder könne auf die ein oder andere Weise damit konfrontiert werden, mahnten die Streiter für eine bessere ­Pflege.

Heike Woschée

Artikel vom 18.03.2009
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