Renaturierung ruft nicht überall Begeisterung hervor

Oberhaching · Stein des Anstoßes bleibt

Natur und Kinder freuen sich: Die Steine dürfen bleiben. Die Gemeinde will die Situation am Bach erst einmal beobachten.  Foto: A. Pietsch

Natur und Kinder freuen sich: Die Steine dürfen bleiben. Die Gemeinde will die Situation am Bach erst einmal beobachten. Foto: A. Pietsch

Oberhaching · Mit Naturschutz gewinnt man nicht nur Freunde. Diese nicht ganz neue Erfahrung musste unlängst die Gemeinde Oberhaching machen. Erst im Juni des vergangenen Jahres hatte sie – in bester Absicht – einen Renaturierungsentwurf für das Teilstück des Hachinger Baches entlang des neuen Naturbades Furth genehmigt. Auch vom Landratsamt München erhielt der Entwurf im August 2008 einen positiven Bescheid.

Bereits im September schritt die Gemeinde dann zur Tat: Ein Bagger rückte an und führte die notwendigen Erdarbeiten zur Anlage einer großen Bachschlinge, einem Mäander, aus. Solche Mäander sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern dienen auch der Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit und der Verlängerung der Bachstrecke. Tiere und Pflanzen haben dadurch mehr Anreize sich anzusiedeln. Zusätzlich ließ die Gemeinde noch zwei große Wasserbausteine am Eingang des Mäanders in das Bachbett legen. Diese sorgen für eine Verwirbelung des Wassers – höherer Sauerstoffgehalt und bessere Wasserqualität sind das positive Resultat solcher Hindernisse.

Doch genau diese Steine sind es nun, die einem der Anlieger des Baches Bauchschmerzen bereiten: er fürchtet, dass an den Steinen Treibgut wie Äste, Gras oder Müll hängen bleiben, was bei Hochwasser zu einer Überschwemmung seines Grundstückes in der Holzstraße führen könnte. In seiner Sorge wandte er sich an die Gemeinde und an die zuständigen Behörden. Das Wasserwirtschaftsamt München reagierte prompt und kam schon im Oktober zu einem Ortstermin. Auf der Grundlage ihrer gewonnenen Erkenntnisse gaben das Wasserwirtschaftsamt und auch das Landratsamt München jeweils ähnlich lautende Empfehlungen ab: Demnach bestünde wohl tatsächlich die Gefahr einer Verklausung – also des Hängenbleibens von Treibgut – an den beiden großen Steinen. Zwar würde der Aufstau von Wasser den die Steine selbst verursachen, nach Ansicht der Ämter nicht bis zur Holzstraße reichen. Allerdings könnte eine Verklausung zu einem Anstieg des Grundwassers führen und auf diesem Weg das Grundstück in der Holzstraße überfluten.

Auf Grundlage dieser Aussagen, entspann sich bei der Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses am 27. Januar eine durchaus kontroverse Debatte: Marcus Franklin (Freie Bürger) sieht, nachdem die Gefahr der Verklausung von Amts wegen bestätigt wurde, die Gemeinde in der Haftung für eventuelle Schäden. »Wir müssen auf Basis der Empfehlungen eine Entscheidung treffen«, findet er und beantragt die Entfernung der Steine. Bei der späteren Abstimmung scheitert sein Vorschlag mit zwei zu sieben Stimmen.

Mit dem gleichen Ergebnis fiel auch der Beschlussvorschlag der Verwaltung durch. Dieser sah vor nur den größeren der beiden Steine zu entfernen. Selbst Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) stimmte gegen diesen Vorschlag: »Herr Weidenhiller (Mitarbeiter der Verwaltung, Anm. d. Red.) hat seine Meinung formuliert, aber ich habe durchaus eine eigene Meinung«, antwortete er auf erstauntes Nachfragen aus dem Gremium.

Er sieht »die Gefahr einer Verklausung an den Haaren herbei gezogen«. Schließlich hätte sich die Hochwassersituation des Baches durch die Renaturierungs-Maßnahmen sogar verbessert. Auch Willibald Schneider (BVO) will sich die Sache lieber »erst mal ein Jahr anschauen« und entsprechende Erfahrungen gewinnen. Wenn es wirklich Probleme gäbe, könnte die Feuerwehr das Treibgut schließlich auch kurzfristig entfernen. Ohnehin würden größere Teile wie Äste bereits an der oberhalb gelegenen Brücke hängen bleiben. Auch stünde das neue Further Naturbad ja nun auch als großer Hochwasser-Ablauf zur Verfügung, erinnert Michael Thaller (CSU) und Jörg Heidloff (FDP) findet: »Lassen wir es halt wie es ist.«

Nach so viel Fürsprache für die Steine und dem Scheitern der ersten beiden Vorschläge gewann automatisch und ohne Abstimmung schließlich die letzte Variante: Die Steine bleiben wo sie sind.

Andrea Pietsch

Artikel vom 04.02.2009
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