Stele erinnert an Anwohner des Hans-Mielich-Platzes

Giesing · Ein »Denk-mal«

Gerd Mario Grill (li.) enthüllt sein Kunstwerk. Foto: Hettich

Gerd Mario Grill (li.) enthüllt sein Kunstwerk. Foto: Hettich

Giesing · »Ich wollte vor allem den hier lebenden Menschen und den früheren Bewohnern des Hans-Mielich-Platzes ein Denkmal setzen«. So ist die Idee des Münchner Künstlers Gerd Mario Grill entstanden und so hat sie in der Ausführung quasi buchstabenstarke Konturen angenommen für ein Werk, das in den kommenden Wochen und Monaten das neue Kunstforum am Hans-Mielich-Platz schmücken wird.

Auf zartem und hochwertigem Pergamentpapier sind hier die Namen von rund 5.000 aktuellen und ehemaligen Anwohnern des Hans-Mielich-Platzes nebst kleinen Zeichnungen und Bezeichnungen aufgelistet. Von 1876 bis heute dauert diese Namenszeitreise – nur in den Kriegs- und Nachkriegswirren von 1939 bis 1947 zeitweise in ihrer sonst lückenlosen Chronologie unterbrochen.

In jeweils eigenen Jahresabschnitten sind diese Namenszyklen auf eine runde, zart gewundene und elegant anmutende Leichtmetallsäule aufgezogen, an deren Spitze der Schriftzug »Stadtadresse 2009« prangt. Diese besondere Reminiszenz an die Bewohner des Hans-Mielich-Platzes im Zeitenlauf von fast eineinhalb Jahrhunderten entlockten vielen unter den 50 Besuchern der feierlichen Enthüllung am vergangenen Sonntag fast schon hymnische Lobesworte. Da stand die Meinung einer Bürgerin für viele, die den Künstler gleich persönlich »für die supertolle Idee und ebensolche Ausführung« lobte. »Schön, dass hier mal an die Menschen erinnert wird, die hier leben«, freute sich ein Anderer.

Grill sieht seine spannend anmutende Themenarbeit »Hans Mielich« symbolisch – und mit einem Augenzwinkern. »Ich habe Hans Mielich persönlich getroffen und mich damit von einem der bedeutendsten Maler und Zeichner der späten Renaissance für mein Werk inspirieren lassen«, so Grill mit einem Schmunzeln. Denn persönlich konnte er Hans Mielich (geboren 1516, gestorben 1573) natürlich nicht um Rat fragen. »Das lief viel mehr auf einer metaphorischen Ebene«, so der Künstler. »Ich wollte auch nicht Hans Mielich selbst, sondern den Menschen entlang seines Platzes ein Denkmal setzen«.

In seiner Eröffnungsansprache lobte Günter Ebert als Bereichsleiter der Münchner Volkshochschule ausdrücklich die Kunst und die von Grill gewählte Kunstdialogform. »Denk-mal, wer hier am Hans-Mielich-Platz alles gewohnt hat«, so Ebert. Grill habe damit die Menschen in den Mittelpunkt gerückt und plastisch gemacht. Auch der strukturelle Wandel werde hier deutlich gemacht und dem Bleibenden gegenübergestellt: »Die Gesellschaft mag sich verändern, die Namen bleiben!« Vielen anderen Betrachtern gefiel zudem, dass Grill hier nicht nur Namen auf Pergament bannte, sondern gleichsam Lebens-Geschichten erzählt: etwa jene von der noch 1939 aufgeführten, jüdischen Bürgerin Frau Süß, die 1942 »plötzlich nicht mehr aufscheint«. Rainer Maria Schießler als Pfarrer von St. Maximilian segnete nicht nur das Werk, er hielt vorab auch eine höchst ambitionierte Rede. »Der Name ist entscheidend«, so der Kirchenmann. »Ist der Name nicht da, dann verschwindet auch die Person«.

H. Hettich

Artikel vom 04.02.2009
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