Keine Gong-Party, dafür ein familienfreundliches Fest

Altstadt · Faschingstreiben verändert

Trotz der Vertragsauflösung mit Radio Gong wird das Treiben auf dem Viktualienmarkt wieder bunt.F.: VA

Trotz der Vertragsauflösung mit Radio Gong wird das Treiben auf dem Viktualienmarkt wieder bunt.F.: VA

Altstadt · Die Tradition des Tanzes der Marktfrauen am Faschingsdienstag reicht bereits über 100 Jahre zurück, doch dieses Jahr wird einiges anders. Der Tanz der Marktfrauen wird zwar in gewohnter Form stattfinden und es gibt keine Eintrittskarten, wie einige faschingsbegeisterte Münchner schon befürchtet haben.

Doch das Nachmittagsprogramm soll im Gegensatz zu den Vorjahren ruhiger und gemütlicher werden. Die Standlbesitzer sorgen selbst mit ihren Bordmitteln für Musik. Live-Bands, Bühnen oder DJ- Tower wird es heuer nicht geben. Die Marktfläche wird gleichmäßig in allen Abteilungen beschallt. Die Besucherinnen und Besucher sollen sich so über die ganze Marktfläche verteilen. Durch die Entzerrung sollen auch wieder Familien mit Kindern den Besuch des Viktualienmarktes genießen können.

Und auch wie im letzten Jahr bittet das Kommunalreferat, dringend darum, Glasflaschen zu Hause zu lassen. Getränke können zu vernünftigen Preisen auf dem Viktualienmarkt gekauft werden. Auch wird gebeten, den Müll in die bereitgestellten Abfallbehälter zu entsorgen und mitzuhelfen, dass es neben der hoffentlich wieder guten Stimmung auch »sauber und sicher zugeht«.

Als die Frauen vor hundert Jahren zur Faschingsmusik zwischen den Ständen tanzten, wollten sie damals ihren schlechten Ruf als »grantelnde Marktweiber« mit Tanz, Musik und Gratis-Schnaps aufpolieren. Die diesjährigen Änderungen sollen da auch nicht zum Schimpfen anregen. Die Musik kam damals noch aus Weltempfängern. In den 50er- und 60er-Jahren war der Tanz der Marktfrauen noch ein Geheimtipp. Allerdings wurde der Tanz nach und nach zu einem wichtigen Datum des Münchner Faschingsvergnügens.

Der Tanz selbst wurde auf den gepflasterten Bereich im Biergarten verlegt und das Interesse in der Öffentlichkeit ist mit den Jahren immer mehr gestiegen. 1987 wurde erstmalig unter großem Medieninteresse auf einer Bühne am Maibaum beziehungsweise Biergarten getanzt. Die Tänze und Kostüme wurden im Laufe der Jahre immer professioneller. Inzwischen übernimmt sogar ein eigens dafür engagierter Tanzlehrer schon Monate im Voraus das Üben der Tanzschritte. Für die Kostüme ist jede Marktfrau selbst zuständig. Manche setzen sich an die Nähmaschine, andere beauftragen Schneider für die Tanzkostüme. Im »richtigen Leben« arbeiten die Tänzerinnen beispielsweise als Bäckerin, Honigverkäuferin oder Blumenhändlerin.

Eigentlich dürfen nur Marktfrauen am traditionsreichen Tanz teilnehmen. Im vergangenen Jahr hatte ausnahmsweise auch einmal ein Mann die Ehre: Eine kranke Standlfrau war ausgefallen, der Tanzlehrer Christian Langer sprang ein. 2009 dürfen sich die Besucher wieder auf ausgefallene Kostüme und einen ausgewählten Musikmix zu den Tänzen freuen. Aber warum musste das Konzept geändert werden?

Massive sicherheitsrechtliche Bedenken der zuständigen Behörden bestehen seit längerem. Denn Jahr für Jahr strömten mehr Besucherinnen und Besucher auf den Viktualienmarkt. Teilweise drängten sich bis zu 25.000 Besucher auf dem Markt, ein Durchkommen für Sanitäts- oder Sicherheitskräfte war kaum noch möglich. In den Jahren 2006 und 2007 drängten sich nach Schätzungen der Sicherheitsbehörden teilweise bis zu 25.000 Personen und mehr auf dem Markt und zwar nicht gleichmäßig verteilt über alle Marktflächen, sondern konzentriert auf wenige Bereiche.

Im vergangenen Jahr musste der Markt daher schon kurz nach Mittag durch Absperrgitter der Polizei abgeriegelt werden, weil die meisten Besucher in Richtung DJ-Tower von Radio Gong drängten. Die Absperrungen stießen bei den Besucherinnen und Besuchern auf wenig Gegenliebe und das fröhliche Faschingstreiben war getrübt. Die stimmungsvolle Gong Party wurde vom eigenen Erfolg quasi überrannt. Die Zusammenarbeit mit Radio Gong wurde nun nach 15 Jahren einvernehmlich aufgelöst.

Artikel vom 27.01.2009
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