Bezirksausschuss startet neuen Versuch für Stadtbibliothek

Neuperlach · Probeweise samstags geöffnet

Die Leiterin der Stadtteilbibliothek Neuperlach, Gudrun Barten, würde am liebsten 24 Stunden am Tag öffnen. Foto: aha

Die Leiterin der Stadtteilbibliothek Neuperlach, Gudrun Barten, würde am liebsten 24 Stunden am Tag öffnen. Foto: aha

Neuperlach · Der erneute Antrag des Bezirksausschusses (BA) 16 Ramersdorf-Perlach, die Stadtteilbibliothek von Ramersdorf oder von Neuperlach probeweise samstags zu öffnen, ist vom Kulturreferat (KR) wieder abgelehnt worden.

Wie beim gleichen Antrag von 2006 will sich der BA damit nicht zufrieden geben und verweist auf die Aussage des Münchner Kulturreferenten, Dr. Hans-Georg Küppers. Er hatte beim Kulturgespräch im Januar 2008 die Samstagsöffnung »für sinnvoll und notwendig« gehalten und versprochen, er wolle »die Möglichkeit eines Modellversuchs abklären und sich dazu mit dem Leiter der Stadtbibliothek kurzschließen«. Der BA hatte ihm anschließend seine Bitte in einem persönlichen Schreiben noch einmal vorgetragen, aber keine Antwort erhalten. So beantragte der BA 16 letzten November erneut die probeweise Samstagsöffnung. Jetzt antwortete das KR: Eine Samstagsöffnung wird kategorisch abgelehnt. München verfüge bereits über sehr großzügige Öffnungszeiten im Vergleich mit anderen (Groß-)städten, der Personalaufwand sei zu hoch und die Zentralbibliothek am Gasteig habe seit Oktober 2007 auch samstags mit vollem Serviceangebot geöffnet. Wenn eine Stadtteilbibliothek samstags geöffnet wird, müsse sie am Montag schließen.

Bezogen auf Ramersdorf oder Neuperlach verweist das KR auf die geringe Ausleih- und Besucherfrequenz sowie die Lage ohne lebendiges Umfeld. »Ob prinzipiell neue Kunden mit einer Samstagsöffnung gewonnen werden, darf bezweifelt werden«, heißt es. Die Besucher- und Ausleihzahlen in der Zentralbibliothek seien am Samstag nur unterdurchschnittlich. Unter dieser Voraussetzung eine Stadtteilbibliothek samstags zu öffnen und »am Montag zu schließen, erweist sich als wenig tragfähig«, weil dann am ausleihstärksten Montag mit 20 Prozent mehr Kunden als an anderen Tagen geschlossen wäre. Die Kontra-Argumente sind stichhaltig, genügen den Stadtteilpolitikern aber nicht. »Wir hatten eine probeweise Öffnung beantragt, um in der Praxis zu sehen, ob sich das lohnt«, sagte Guido Buchholtz (Bündnis 90 / Die Grünen) in der letzten Sitzung des BA 16. Die Stadtbibliothek stellt sich auf den Standpunkt, dass eine tägliche Öffnungszeit bis 19.00 Uhr es »den meisten Familien gestatte, die Bibliothek gemeinsam zu besuchen«, wie Bibliotheksdirektor Werner Schneider Anfang 2006 dem BA mitteilte. Das Kernproblem sei das knappe Personal.

Das sieht auch die Leiterin der Stadtbibliothek Neuperlach, Gudrun Barten, obwohl sie die Idee einer Samstagsöffnung toll findet: »Ich bin immer dafür, dass Bibliotheken täglich 24 Stunden geöffnet sind«. Bloß wie? An einem Samstag müssten zwei Vollzeitkräfte (eine Bibliothekarin und eine bibliothekstechnische Angestellte) da sein. Das kann Barten mit ihrem wenigen Personal nicht stemmen. Eine generelle Samstagsöffnung zu Lasten eines anderen Wochentages würde gerade in ihrer personell gering ausgestatteten Stadtteilbibliothek dazu führen, dass die Mitarbeiter nahezu jeden Samstag arbeiten müssten. Das sei aus »sozialen und familienpolitischen Gründen abzu- lehnen«, betont Schneider. »Aber in der Sache tut sich noch was«, gibt sich Barten zuversichtlich. Das hoffen auch die Stadtteilpolitiker, die mit großer Mehrheit beschlossen haben, das KR solle die Entscheidung über die Samstagsöffnung vertagen. Gleichzeitig wiederholte der BA sein Schreiben an den Münchner Kulturreferenten. Wenn man dessen Antwort habe, könne man konkret entscheiden, ob man die Beschlussvorlage, die probeweise Samstagsöffnung abzulehnen, annimmt oder ablehnt.

Der Kommentar

Das Münchner Kulturreferat (KR) lehnt es ab, in der Weltstadt München wenigstens einmal zu probieren, was in anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg und vielen Städten längst Gang und Gäbe ist: Statt am Montag ist am Samstag geöffnet. Im zugegeben kleinen Lörrach (40.000 Einwohner) boomt die Bibliothek am Samstag geradezu. Es war auf Seiten der Mitarbeiter und der Benutzer lediglich eine Frage der Gewöhnung, dass am Samstag geöffnet und dafür am Montag geschlossen ist. Sollten das die Münchner nicht auch schaffen? Selbst der Kulturreferent der Landeshauptstadt München, Hans-Georg Küppers, hat beim Kulturgespräch auf positive Erfahrungen in seinem früheren Wirkungsbereich in Nordrhein-Westfalen verwiesen. Kernpunkt der Serviceangebote der Münchner Stadtteilbibliothek sind die einheitlichen Öffnungszeiten in allen Filialen. Die bringen den Mitarbeitern aber deutlich mehr Vorteile als dem Kunden: Die Mitarbeiter arbeiten theoretisch immer zu gleichen Zeiten, wenn auch in wechselnden Filialen. Der Kunde muss sich nur eine generelle Öffnungszeit merken.

Praktisch, aber was bringt das? Was nützt das beispielsweise einem Berufspendler, der während der Bibliotheksöffnungszeiten nie in München ist? Auch stellt die Stadtbibliothek mit ihren langen Öffnungszeiten weniger als zwei Drittel ihrer Kunden zufrieden: »Bereits vor der Samstagsöffnung der Zentralbibliothek lag die Kundenzufriedenheit mit den Öffnungszeiten mit 62,7 Prozent auf hohem Niveau (Umfrage von Anfang 2007)« heißt es in der Beschlussvorlage des KR vom 11.12.2008. Ob Öffnungszeiten oder ein anderer Aspekt: Mit einer Kundenzufriedenheit von unter 63 Prozent würde sich kein Handwerker, Händler oder Selbständiger zufrieden geben. Man könnte das Serviceangebot also schon wirklich verbessern, wenn man will. Warum ist keinerlei Bereitschaft vorhanden, eine Samstagsöffnung wenigstens einmal zu probieren? Für drei oder vier Stunden. In einem Stadtteil, in dem viele Familien leben und der schon wieder Platz eins in der Münchner Armutsstatistik einnimmt. Hier muss gehandelt werden! Daher erneuert der BA 16 – im Sinne der Bürger – zu Recht seine Anträge von 2005 und 2006. Steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein. Die Stadtteilpolitiker dürfen mit der Samstagsöffnung auf Probe bei der Stadt nicht länger auf Granit beißen!

A. Boschert

Artikel vom 21.01.2009
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