Die 80-jährige Elisabeth Pfreundner gibt seit 28 Jahren Kurse bei der VHS

Vaterstetten · Eine Tracht von der Stange »ist doch nix«

Elisabeth Pfreundner mit ihrer eigenen, maßgeschneiderten echten Ebersberger Tracht und einem alltagstauglichen Dirndl.  Foto: Ederer

Elisabeth Pfreundner mit ihrer eigenen, maßgeschneiderten echten Ebersberger Tracht und einem alltagstauglichen Dirndl. Foto: Ederer

Vaterstetten · »Das Zeug, was die jungen Madln heut auf d’Wiesn anham, des ist doch nix!« Dies ist die feste Überzeugung von Elisabeth Pfreundner, staatlich geprüfte Trachtenschneiderin, 80 Jahre alt und seit 28 Jahren Kursleiterin bei der Volkshochschule (VHS) Vaterstetten.

Ein richtiges Dirndl zeichne sich dadurch aus, dass es schlicht passt, erklärt sie. Daher sei es problematisch, solch ein Kleidungsstück von der Stange zu kaufen. »Jede Figur ist anders«, meint Pfreundner. Die Aufgabe einer Schneiderin sei es, die Figur rauszuarbeiten. Der Unterrock dürfe nur ein bisserl mit der Spitze hervorschaun, und überhaupt müsse das Mieder stimmen. »Und ohne Dirndl-BH geht ja gar nix«.

All diese Kriterien versucht die Trachtenschneiderin seit 28 Jahren in den 48 Kursen, die sie gehalten hat, zu vermitteln. Streng sei sie, so sagt sie es von sich selbst mit der Handbewegung Daumen drauf. »Ich kann keine Schlamperei ertragen, aber ich habe viel Geduld.«

Und das braucht sie auch in ihren Trachtenschneiderkursen, denn die Teilnehmerinnen haben meist wenig bis gar keine Erfahrung im Nähen. In wöchentlich gut zwei Stunden Kurszeit zaubert sie mit ihren acht erwachsenen Schülerinnen im Laufe eines VHS-Semesters – also 14 Einheiten – ein fesches Dirndl-gwand. »Ein Mann war noch nie dabei«, lächelt sie, aber es scheint ihr selbstverständlich , dass das so ist.

Tracht versus Dirndl, was ist eigentlich der Unterschied? »Eine Tracht ist etwas bodenständig Edles, aus teuren Materialien«, erklärt Pfreundner, »ein Dirndl ist ein Alltagsgwand, das man immer anziehen kann. Ist es eine elgantere Gelegenheit, dann wird das Dirndl sofort mit einer mehr oder weniger aufwändigen Bluse und Schürze, oder mit verschiedenen Accessoires oder Schmuck dem Anlass gerecht. Ein Arbeitsdirndl haben die Bäurinnen früher im Stall angehabt«.

Ihr Beruf ist mit ihren 80 Jahren, die man ihr übrigens absolut nicht ansieht, nach wie vor ihr Hobby. Als »immer gierig, etwas Neues zu lernen« bezeichnet sich die rüstige Dame. Dieses Interesse war es wohl auch, das sie neugierig auf die heimatliche Tracht machte. 1928 in München geboren, lebte Elisabeth Pfreundner nach ihrer Ausbildung und Hochzeit bis 1951 in der Landeshauptstadt. Mit ihrem Mann zog sie dann nach Mittenwald um schließlich vor knapp 30 Jahren in der Gemeinde Vaterstetten ihre Wahlheimat zu finden.

Die Ebersberger Tracht hatte es ihr gleich angetan, und zusammen mit dem Kreisheimatpfleger Markus Krammer recherchierte sie nach der Tradition der Mieder und Biesen. Er war es auch, der die Schneiderin der VHS empfahl. »Ich bin hier mit meinem Zeugnis hergekommen und habe mich richtig vorgestellt«, erzählt sie mit Stolz. Aber dieser Abschluss war ihr noch nicht genug: Nachdem ihre beiden Kinder aus dem Gröbsten raus waren drückte sie nochmals die Schulbank. Auf der Modemeisterschule hatte die Schneiderinnung eine einmalige Trachtenklasse eingerichtet. Nur 17 Schülerinnen sollten die Möglichkeit bekommen einen Abschluss zum staatlich geprüften Trachtenschneider zu erhalten. Elisabeth Pfreundner ist eine davon.

»35 Stunden pro Woche Schule, wieder lernen, das war schon hart«, erzählt sie. Aber die Mühe lohnte sich. Der Volkstanzkreis orderte Gewand für die gesamte Truppe, das war ein guter Auftrag. Und seither gibt es bei der passionierten Schneiderin keinen Stillstand. »Ich wäre gerne 20 Jahre jünger, nur wegen dieser Arbeit«, sagt sie mit einem Grinsen, und hofft, dass ihre vier halbwüchsigen Enkeltöchter doch auch endlich einmal den Sinn für die Tracht bekommen würden, denn bislang tragen sie ihre Dirndl nur zum Volksfesteinzug.

Stefanie Ederer

Artikel vom 14.01.2009
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