Schaurig vermummte Gestalten bringen Glück und Segen

Kirchseeon · Perchtenlauf beginnt

Die Perchten kommen – und bringen seit über 50 Jahren Glück und Segen für das kommende Jahr nach Kirchseeon.  Foto: Perchtenbund

Die Perchten kommen – und bringen seit über 50 Jahren Glück und Segen für das kommende Jahr nach Kirchseeon. Foto: Perchtenbund

Kirchseeon · Seit über 50 Jahren wiederholt sich von Ende November bis Anfang Januar, also um die Zeit der Rauhnächte, in der Marktgemeinde Kirchseeon ein seltsames Treiben: Der Perchtenlauf.

Bis zu sechzig vermummte Gestalten ziehen mit schaurigen Masken und bewehrt mit Fackeln und allerlei Musik- und Lärminstrumenten von Haus zu Haus, um mit ihrem Ritual aus Liedern, Tänzen und Sprüchen den Bewohnern Glück und Segen zu bringen.

In diesem Jahr beginnt der Perchtenlauf am Samstag, 29. November, um 15.30 Uhr, in Forstseeon. Ein weiterer Lauf startet gleich am Sonntag, um 16.00, Uhr beim Brückenwirt in Kirchseeon. Ab dann finden fast jedes Wochenende zu ähnlichen Zeiten Läufe statt. Die weiteren Termine und die genauen Routen findet man auf der Internetseite des Perchtenbund »Soj«, www.perchten-kirchseeon.de

Bei den Perchten handelt es sich um ein sehr altes Brauchtum. Die genauen Ursprünge lassen sich heute nicht mehr feststellen. In verschiedenen Veröffentlichungen wird der Brauch teilweise auf die Kelten oder sogar bis in die Steinzeit zurückgeführt. Die Perchten- gruppen zogen früher meist zur Wintersonnenwende und zu Epiphanias zu den umliegenden Gehöften einer Ortschaft. Perchten sind trotz des oft schaurigen Aussehens Glück- und Segensbringer. Sie sollen Haus und Hof im kommenden Jahr vor Unglück bewahren und Fruchtbarkeit bringen.

Die Wurzeln des Perchtenlaufs in Kirchseeon reichen zurück bis ins Jahr 1889, als durch eine verheerende Nonnenraupenplage im Forst große Mengen Holz zur Verarbeitung anfielen und daraufhin viele Arbeiter aus anderen Gegenden zuzogen und so manches Brauchtum aus ihrer Heimat mitbrachten. Unter der Regie von Hans Reupold sen. startete im Kirchseeoner Ortsteil Forstseeon im Jahr 1954 der erste Perchtenlauf mit Liedern, Tänzen, Masken und Gewändern. Reupold ist es zu verdanken, dass der Perchtenbrauch ausgehend von den fast vergessenen fragmentarischen Überlieferungen wieder mit Leben erfüllt wurde.

Die verbreitete Ansicht, dass bei diesem Spektakel der Winter verjagt werden soll, trifft nicht ganz zu. In der dunkelsten Zeit des Jahres gilt es, böse Geister und dämonisches Unheil fernzuhalten, wozu man sich durch Maskierung und Gebaren selbst in die Sphäre des Dämonischen begibt den Tiefpunkt des Jahreszyklus zu überschreiten, indem getanzt und in den Boden gestampft wird, um dadurch die neue Sonne und die Wachstumskräfte der kommenden Vegetationsperiode zu erwecken.

»In unserer hoch technologisierten, multimedialen, entseelten Welt, in der eine neue Art der Spiritualität mehr und mehr an Bedeutung gewinnt, können die Perchten aber auch als das mahnend auftretende Gefolge der Frau Percht, der herabgewürdigten, zürnenden Erdgöttin, aufgefasst werden«, erklärt Hans Reupold jun., Vorstandsvorsitzender der Kirchseeoner Perchtenstiftung. Er ist überzeugt: »Waren es in alter Zeit noch die bedrohlichen Mächte der Urgewalten, so sind es heute die Geister eines unorganischen Fortschritts, die überwunden werden müsse durch ein erneuertes geistiges Wachstum, durch eine erneuerte Achtung der natürlichen Kreisläufe und einen entsprechend verantwortungsvollen Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen.«

Wer mehr über den Brauch des Perchtenlaufes erfahren möchte, kann sich an info@perchten-kirchseeon.de wenden.

Hier bekommt man auch verschiedene Bücher über den Perchtenlauf und Miniaturen der gebräuchlichsten Masken. Auch das neuste Buch der Perschten-Stiftung »Bayerische Rauhnacht« kann hier für 29,90 Euro bestellt werden. Der Erlös aus dem Verkauf soll in die Errichtung eines »Internationalen Masken- und alpenländischen Perchtenmuseums« fließen.

qs

Artikel vom 26.11.2008
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