Starke Bindung an die Stadt München besteht bis heute

Grünwald · Der Geiselgasteig – gestern und heute

Anbindung an die Stadt: die Trambahn war und ist für die Bürger aus dem Geiselgasteig nach wie vor die wichtigste Anbindung.  Foto: Red.

Anbindung an die Stadt: die Trambahn war und ist für die Bürger aus dem Geiselgasteig nach wie vor die wichtigste Anbindung. Foto: Red.

Grünwald · Zwar ist Geiselgasteig ein Ortsteil Grünwalds, doch über Jahrzehnte hinweg hielt man es lieber mit den Nachbarn im Norden.

Wie zahlreiche Quellen belegen, war die Landeshauptstadt München das geistige Zentrum, das bis in die Villen-Kolonie an den Isarhängen ausstrahlte und bei den dortigen Bewohnern Identität stiftete. Das kommt zum Beispiel darin zum Ausdruck, dass die Hausnummerierung in den Straßenzügen »Nördliche Münchner Straße«, »Gabriel-von-Seidl-Straße« und »Robert-Koch-Straße« von Norden her begonnen wurden und nicht, wie üblich, vom Marktplatz.

»Ursprünglich wollten die Geiselgasteiger mit dem Dorf nichts zu tun haben«, schildert der 2004 verstorbene Ortschronist Hans Waldhauser im dritten Band seiner »Grünwalder Chronik«. Seine Tochter und Mitverfasserin und -herausgeberin des Buches, Christine Waldhauser-Künlen, erinnert sich ebenfalls: »Das Postamt war für den Geiselgasteig nicht in Grünwald, sondern in Harlaching drunten.« Das hatte nicht selten zu chaotischen Verhältnissen geführt: So erfolgte die Briefzustellung für den Ortsteil Geiselgasteig vom Postamt 51 in der Harthauser Straße im benachbarten Harlaching aus, dagegen die Eilzustellungen vom Postamt 8 am Ostbahnhof in München. Pakete konnten ebenfalls nur an der Harthauser Straße abgeholt werden. Bis 1951 dauerte dieser Zustand, dann setzte der damalige Erste Bürgermeister und heutige Ehrenbürger der Gemeinde, Franz Rieger, dem wilden Treiben ein Ende: Er initiierte eine komplette postalische Neuorganisation, seitdem erfolgen alle Zustellungen vom Grünwalder Postamt.

Allerdings waren nicht alle Geiselgasteiger erfreut von dieser Neuerung, denn von dem Zeitpunkt an fielen für Briefe nach München Ferngebühren an. »Die gibt es zwar längst nicht, und unser Postamt in Grünwald hat sich bestens bewährt«, erläutert Waldhauser-Künlen. Was jedoch noch an diese alte Zeit erinnere, ist die nach wie vor bestehende »falsche Hausnummerierung« von München aus.

Bezeichnend für die Affinität der Geiselgasteiger gegenüber allem, was aus der »großen Stadt« kam, ist auch die Bezeichnung der Straßennamen. So hieß die »Robert-Koch-Straße« einst »Korsostraße«, was als Synonym für Prachtstraße. Die Maximiliansstraße in München mit seinen eleganten Geschäften und Boutiquen, seinem mondänen Flair und der gediegen Hotelatmosphäre war zweifelsohne der Magnet, zu dem es die Geiselgasteiger hinzog.

Doch wie Hans Waldhauser hervorhebt, hatte das nichts mir Geringschätzung oder gar Ablehnung der Grünwalder zu tun: »Der Ort war noch rein dörflich, schon auf dem Land und dem Oberland zugehörig. Die Straßen waren ganz schmal und ungeteert, und auf ihnen fuhren Roß- und Ochsenfuhrwerke und ganz selten mal ein Automobil.«

Red.

Artikel vom 19.11.2008
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