Hilfe für Migranten – von Menschen, die dieselbe Sprache sprechen

Hasenbergl · Lotsen im Ämterdschungel

Stefan Dehme (2. von oben) hat das Projekt gegründet und schon einige Lotsen gefunden – so sind Lotsin Elvan Cangali (2. von links) und ihre Klientin Seda Pasa  (3. von rechts) schon ein gutes Team. Foto: em

Stefan Dehme (2. von oben) hat das Projekt gegründet und schon einige Lotsen gefunden – so sind Lotsin Elvan Cangali (2. von links) und ihre Klientin Seda Pasa (3. von rechts) schon ein gutes Team. Foto: em

Hasenbergl · »Vertrauen. Darum geht es. Das ist ganz wichtig bei uns, Vertrauen.« Das Lächeln der neunzehnjährigen Seda Pasa ist noch etwas schüchtern, als sie anfängt, zu erzählen. Zwei Stunden später wird das ganz anders sein, da wird sie sich für das Foto mutiger präsentieren als die anderen. Mutiger als ihre »Lotsen« durch den schwierigen deutschen Alltag.

Seda Pasa ist eine der ersten »Klientinnen« eines neuen Projekts der Diakonie Hasenbergl, des »Lotsenprojekts«. Es geht darum, das Leben einfacher, unkomplizierter zu machen – für Menschen mit Migrationshintergrund. Vor allem aber: von Menschen mit Migrationshintergrund. Sie sprechen dieselbe Sprache, mit und ohne Worte, und sie kennen die Probleme ihrer Landsleute nur zu gut. Doch sie haben in langen Jahren in München gelernt, sich durch den hiesigen Behördendschungel zu schlagen. Sie wissen, wen man fragen kann. Und wenn sie nicht direkt helfen können, kennen sie mindestens jemanden, der jemanden kennt.

Es muss nur einer den Anfang machen. Bei den Münchner Lotsen, bei denen sich alle mit Migrationshintergrund ab sofort jeden Montag, Mittwoch und Freitag zwischen 10 und 12 Uhr unter Telefon 31 81 88 73 oder direkt am Schneeheideanger 6 – 8 melden können, war das Stefan Dehne, der einzige im Team mit deutschen Wurzeln. Doch während seiner Zeit als Leiter der städtischen Willy-Brandt-Gesamtschule wurde »Migration« zum Thema für ihn. Besonders die Schwierigkeiten, die Migration beim Thema »Bildung« bedeuten kann. Doch nicht nur dort.

In Berlin lernte er dann das dortige Lotsenprojekt »Die Brücke« kennen – und war begeistert. Dort sorgen die städtischen Ämter dafür, dass Migranten, die selbst Hartz-IV-Bezieher sind, gründlich geschult werden – ein halbes Jahr lang. Dieses Maß an Unterstützung gibt es in München noch nicht – doch erste Anfänge sind gemacht. So bieten auch hier einige »Fallbetreuer« Hartz-IV-Empfängern mit Migrationshintergrund an, sich im Projekt der Diakonie als Lotse qualifizieren zu lassen und für die Betreuungsarbeit einen Euro pro Stunde zusätzlich zu bekommen.

So ging es auch der 31-jährigen Elvan Cagali, alleinerziehende Reiseverkehrskauffrau – und jetzt Sedas Lotsin. »›Ich schlage dich jetzt vor‹, hat meine Betreuerin einfach gesagt«, erinnert sie sich lachend. »›Wozu?‹ habe ich gefragt. ›Weiß ich nicht‹, war die Antwort.« Irgendwas mit anderen Migranten, soviel wusste die Fallbetreuerin zu dem Zeitpunkt schon. Als Cagali dann sah, worum es genau geht, war sie sofort mit Feuereifer dabei. Sprach Migrantinnen an, Freundinnen und Freundinnen von Freundinnen.

So lernte sie vor kurzem Seda kennen, die sich aus Angst vor Mathe nach einem Jahr Training zur Quali-Vorbereitung nicht traut, es nochmal zu versuchen mit Schulabschluss und Ausbildung. Die Geld braucht. Die mehr machen will aus ihrem Leben. Und die einfach mal »geschubst« werden muss, meint Cagali. Das hat sie jetzt übernommen. Schickt Seda zu den richtigen Adressen. Und tauscht sich in der wöchentlichen Lotsen-Teamsitzung mit den anderen aus über Hilfsmöglichkeiten.

So hat Seda inzwischen Vertrauen gefasst zu dem ehemaligen Schulleiter. Der findet sie klug. Und hat ihr von Kursen an der Volkshochschule erzählt, für den Schulabschluss. Dazu muss sie nur noch ein bisschen geschubst werden. Aber dafür gibt es ja Elvan Cagali.

Eva Mäkler

Artikel vom 21.10.2008
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