Weltweit erste Transplantation kompletter Arme am Klinikum rechts der Isar

Haidhausen · »Die sehen aus wie deine«

Medizinische Sensation: Noch werden die neuen Arme des 54-jährigen Landwirts von Fixateuren gehalten. Doch die Ärzte sind zuversichtlich, dass der Mann in einigen Jahren wieder damit greifen kann.	Foto: MRI

Medizinische Sensation: Noch werden die neuen Arme des 54-jährigen Landwirts von Fixateuren gehalten. Doch die Ärzte sind zuversichtlich, dass der Mann in einigen Jahren wieder damit greifen kann. Foto: MRI

Haidhausen · 1834 als Haidhauser Armen- und Krankenanstalt gegründet wurde das Krankenhaus im Norden des 5. Stadtbezirks über die Jahrzehnte zum Klinikum der Supra-Maximalversorgung. 34 Kliniken und Abteilungen decken das gesamte Spektrum moderner Medizin ab. Doch jetzt ist den Medizinern des Klinkums rechts der Isar eine weltweit einmalige Operation gelungen. Sie transplantierten zwei komplette Arme.

Und das mit Erfolg – wie die Aussage, der Ehefrau des 54-jährigen Patienten beweist: »Die sehen ja aus wie deine früher«, zitiert der leitende Chirurg, Christoph Höhnke, die Ehefrau, als sie zum ersten Mal die neuen Arme ihres Mannes sah. Rund drei Wochen ist das nun her und dem Patienten geht es »den Umständen entsprechend gut«.

Mehr als 15 Stunden dauerte der Eingriff, fünf Operationsteams waren gleichzeitig in zwei Operationssälen im Einsatz bis der Landwirt wieder zwei Arme hatte. Sechs Jahre war der Mann Tag und Nacht auf fremde Hilfe angewiesen. »Eine Situation, mit der der Patient nicht länger leben wollte«, berichtet Höhnke. Denn auch mehrere Versuche künstliche Prothesen zu verwenden, scheiterten. Nach einem gemeinsamen Fernsehauftritt hatte sich der Patient an Prof. Edgar Biemer gewandt, der dort über Hand- und Unterarmtransplantationen sprach. So kam das ehrgeizige Projekt ins Rollen. Da die Ärzte jedoch medizinisches Neuland betraten, übten sie den Eingriff bis ins Detail an zwei Leichen. Dann musste nur noch ein passender Spender gefunden werden. Am 25. Juli war es dann soweit: Die Familie eines 19-jährigen Mannes gab den Körper ihres Angehörigen zur Transplantation frei. »Die Operation verlief dann ohne größere Komplikationen«, berichtet Biemer.

Mindestens genauso kompliziert wie die Operation gestaltet sich die weitere Behandlung des Mannes. Gerade die natürliche Abstoßungsreaktion müssen die Mediziner bekämpfen. »Die körpereigene Immunabwehr wird die Arme attackieren. Das liegt vor allem daran, dass die Haut ein besonders starkes Immunsystem besitzt«, erklärt Biemer. Erschwerend komme hinzu, dass das Knochenmark der »neuen« Oberarme eine ebenso starke Immunreaktion auslöst, die ebenfalls unterdrückt werden müsse. »Deshalb ist die Behandlung des Patienten erheblich aufwändiger als bei Menschen, denen Organe transplantiert wurden«, schließt Biemer seine Ausführungen.

Mehrere Jahre wird sich der Patient noch gedulden müssen, bis er seine Arme tatsächlich benutzen kann. Denn die Nervenzellen müssen erst einwachsen. Bei einer durchschnittlichen Wachstumsgeschwindigkeit von einem Millimeter pro Tag ist das jedoch eine langwierige Angelegenheit. Dass der Patient zumindest wieder greifen kann, hält der Mediziner für wahrscheinlich.

Ein langer Weg war es auch für das Klinikum rechts der Isar zum international renommierten Krankenhaus. Nach dem zweiten Weltkrieg war das Haus stark beschädigt. Nur noch 200 Betten waren belegbar. Grundstein für die Entwicklung zur international renommierten Klinik wurde mit einer Grundsanierung 1954 gelegt. Vorläufiger Höhepunkt war die Eröffnung des »Neuro-Kopf-Zentrums« im Jahr 2006. Doch weitere Projekte wie der Neubau des OP-Zentrums Nord und einem Gebäude für psychosomatische Medizin sind bereits in Planung. Andrea Koller

Artikel vom 12.08.2008
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